Obwohl er gerade in den 60er und 70er Jahren schwer in Action war, war Eugen York, der seit den 30er Jahren seiner Tätigkeit als Regisseur nachging, nie an den größeren Krimi-Reihen der sogenannten harten Welle beteiligt. Weder Dr. Mabuse, noch die Filme rund um Edgar Wallace und Sohnemann Bryan erfuhren Beiträge des fleißigen Mannes, dabei war dieser auch im Krimi-Genre unterwegs. Er schuf den eher belanglosen "Das Mädchen mit den Katzenaugen" mit Joachim Fuchsberger ebenso wie den grandiosen "Der Greifer" mit Hans Albers (der an zwei Werken unter diesem Titel beteiligt war). Vom Ergebnis her dazwischen steckend drehte er zur Hochzeit der Wallace-Welle "Der Nebelmörder", besetzt mit dem üblich blassen Hansjörg Felmy in der Rolle des Kommissars, der in diese mit seiner nüchternen Art aber zumindest hinein passt und somit kein Schwachpunkt des Streifens wird. Er agiert inmitten vieler interessanter Figuren, dem Streifen tut seine charakterliche Neutralität gerade deshalb recht gut.
Interessante Charaktere inmitten eines Streifens um einen nachts im Nebel tätigen Mörder, das ist allein schon der Motor, warum das Ergebnis nicht wirklich enttäuschen kann. Beachtet man nun noch wie gnadenlos das Drehbuch inmitten eines an sich zahm ausgefallenen Kriminalfilmes mit seinen Figuren umgeht, dann weiß das Ergebnis endgültig zu gefallen. Rau wird die Jugend gezeigt, Behinderte und Schwangere werden mit ihren Schicksalen allein gelassen und einzig für jene Aspekte verwendet, die für den Kommissar zum Lösen des Kriminalfalls nötig sind. Ein Gemobbter darf unerwartet an den Folgen einer Attacke auf ihn sterben. Der trauernde Freund darf besagte Trauer nicht ausleben, da er als Verdächtiger aufs Revier zitiert wird. Die Schwangere muss im Finale, ohne dass direkt auf sie Bezug genommen wird, mit einem harten Schicksal leben, was eben nur dem empathischen Publikum auffällt, da es wie erwähnt den eigentlichen Plot des Stoffes nicht interessiert. Das könnte man als übersehen abtun, als Fehler in der Inszenierung, oder man nimmt solcherlei Umgang als Pluspunkt an, um einen seichten Stoff weit weniger seicht zu empfinden.
Freilich spielt "The Foggy Night Murderer" (Alternativtitel) in einer anderen Zeit. Das merkt man allein schon daran, dass es den Jugendlichen selbst dann nicht an den Kragen geht, wenn eines ihrer Mobbingopfer als Folge einer Tat stirbt. Es fällt nicht unter Mord, und das Auflösen eines solchen ist wichtiger als die Schandtat mit bösem Ausgang von Halbstarken weiter zu verfolgen. Die Zeit sollte man beim Gucken des Streifens ohnehin nicht ignorieren, immerhin zeigt sich dadurch z.B. in jener Szene, in welcher der Rektor glaubt seine Tochter zu kennen, wie düster "Nebelmörder" (Alternativtitel) für seine Entstehungszeit ausgefallen ist. Mögen Mordsequenzen auch im Vergleich zu heute in Watte gepackt sein, Yorks Werk ist ein roher Film, der den fröhlichen Unterton seines Hans Albers-Films komplett ausblendet. Zwar gehört es nicht zu den Pluspunkten des Streifens die Mörderauflösung all zu lang verdecken zu können, allein schon deshalb weil die Verweise auf den Täter nicht halb so raffiniert ausgefallen sind, wie die Werbezeile zu dem Streifen zu verkünden vermag, aber man hat ohnehin das Gefühl dass der Streifen diesbezüglich absichtlich mit offenen Karten spielt, andere Verdächtige wie den geistig Minderbemittelten der Polizei zwar zum Fraß vorwirft, letztendlich aber doch nur davon erzählen will, wie der für den aufmerksamen Zuschauer offensichtliche Täter schließlich auch überführt wird.
Nahestehende Personen ahnen nichts von seinem düsteren Inneren, und wir werden auch nie erfahren wie diese auf die Auflösung reagieren werden, eben weil es dem diesbezüglich überraschend hartem Film völlig schnurzpiep egal ist. Ein Verständnis für die Psychologie der Figuren wiegt diesen eventuellen Schwachpunkt wieder auf. Ein Unterdrückter der sich Selbstbewusstsein bei wem Minderbemitteltes sucht, ein Verbrecher der sich auch eine Tätigkeit als Polizist vorstellen kann, hier kommen einige interessante Ideen lediglich im Hintergrund zum Einsatz und bereichern dem zunächst etwas schlicht wirkenden "Der Nebelmörder" zusätzliche Sehwerte. Mag Yorks erneuter Beitrag zu diesem Genre auch nicht zu den großen Werken seiner Zeit zählen, es ist schade dass er derart in Vergessenheit geraten ist, so sympathisch wie das Endergebnis ausgefallen ist. Vielleicht macht es sich der Schluss beim Erzwingen des Geständnisses etwas zu leicht, eben weil wir es mit einem abgebrühten Gegner für sein Alter zu tun haben, an sich lässt "Der Nebelmörder" jedoch keine Wünsche für ein Werk seiner Zeit offen. Dass er Groschenhefte als großen Schund abtut, obwohl er selbst nur ein Produkt der Trivialität ist, bleibt ein Rätsel im an sich gar nicht augenzwinkernd umgesetzten Stil, soll wahrscheinlich aber trotzdem nur ein humorvoll gemeinter Seitenhieb auf sich selbst sein. Sicher bin ich mir da allerdings nicht. OFDb
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