Vom Mörderprinzip her könnte Martinos wohl berühmtestes und beliebtestes Werk, "Der Killer von Wien", kaum klassischer ein Giallo sein, zumindest bezogen darauf wie wir das italienische Genre in Deutschland verstehen. Ein Frauenkiller mit Stichwerkzeug, unbekannt und immer wieder blutig zuschlagend, aus dieser Zutat sind Gialloherzen geschnitzt, und genau so will man es als Freund dieses Sub-Genres immer wieder haben. Dass dies in Wirklichkeit allein nicht reicht, um zu überzeugen, wird meiner Meinung nach leider mit diesem Werk bewiesen. Schaffte es Martino mit seinem kleinen Okkult-Horror "Die Farben der Nacht" eine düstere Grundstimmung zu bescheren, so verhindert hier die Charakterisierung der Hauptdarstellerin die nötige Atmosphäre, die aus Theorie auch stimmige Praxis zu bescheren weiß. Stets will die immer auf sich bezogene, hoch egoistische Julie beachtet werden. Einen zufriedenen Blick erhascht sie nur, wenn dem so ist, inneren Frieden findet sie kurzfristig immer erst in diesem Zustand. Selbst dann bleibt sie undankbar für das was andere für sie tun, stets in Hysterie verfallend, und dass man da schnell auf mörderische Gedanken kommen kann, ist gar nicht so abwegig.
Deswegen wissen wir als Zuschauer auch schnell, dass der im Titel genannte Killer Vorwand für wen anders ist tätig zu werden, allein schon weil relativ zu Beginn bereits betont wird, dass dieser sich ansonsten nur über Prostituierte hermacht. Dennoch erfreut es zu verkünden, dass dies die Auflösung keinesfalls vorhersehbar macht, ist man doch tatsächlich am rätseln welcher der drei in Frage kommenden Herren Julie ihr Lebenslicht ausblasen möchte und wer nicht. Leider hüpft "Blade of the Ripper" (Alternativtitel) relativ spannungslos von einem Verdachtsmoment zum nächsten, von einem Ereignis zum nächsten, stets die nervige Protagonistin in den Vordergrund rückend, die einem so gar nicht ans Herz wachsen mag, so ungerecht sich das auch liest. Zugegeben, das ist insgesamt okay genug erzählt um neugierig dran zu bleiben, aber die vielen Möglichkeiten, in denen es Martino vergeigt echtes Spannungskino zu zaubern, enttäuschen schon etwas zu sehr, als dass man gütigst über den Gesamtzustand hinweg sehen könnte. Wenn er es dann auch noch vergeigt eine der spannendsten Momente aus "Der Tod trägt schwarzes Leder" drei Jahre vor dessem Erscheinen belanglos wirken zu lassen, dann erkennt man endgültig was einen guten von einem durchschnittlichen Regisseur unterscheidet.
Da freut man sich im Gegenzug darüber, dass "The Next Victim!" (Alternativtitel) keine Lachnummer geworden ist wie sein "Torso", "Der Killer von Wien" mag sich etwas zu belanglos gucken, aber er ist zumindest nicht lächerlich ausgefallen. Das kann man höchstens vom Schluss behaupten, der einen zunächst glauben lässt der Bösewicht des Streifens hätte diesmal gewonnen. Bedenkt man was der Auflösung folgt, wäre dies auch die bessere Wahl gewesen, ergibt das Überführen der Polizei so wie dargestellt doch selbst im Genre des sich nicht um Logik kümmernden Giallos herzlich wenig Sinn, so sehr wie die Polizei mitten im Nirgendwo auf ein zufälliges Verhalten des Mörders baut, ohne etwas über seine Psyche und Gewohnheiten zu wissen. Von diesem Ausfall einmal abgesehen, stecken andere wahre Schwachpunkte, wie der so gar nicht verführerisch wirkende Verführer, in der Entstehungszeit fest, womit sie freilich entschuldigt sind. "Next!" (Alternativtitel) ist kein Reinfall, wie es sich mit meinen harten Worten eventuell lesen mag, aber der nette Zwischendurchverzehr zwischen zwei gelungenen Giallos ist er leider ebenfalls nicht geworden. "Der Killer von Wien" ist ein Routineprodukt seines Fachs, und ich wundere mich über die vielen wohlwollenden Worte über ihn im Internet. OFDb
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