09.02.2019

GREEN ROOM (2015)

Sicherlich lässt es sich nicht halbwegs begründen, warum eine Punkband ausgerechnet an einem Ort der rechten Szene auftritt inmitten von rechtsgerichteten Musikers, Betreibern und Besuchern. Deswegen gelingt es auch den Autoren von "Green Room" nicht, ihre Anwesenheit am Ort der schrecklichen Geschehnisse sinnvoll zu erklären. Erstaunlicher Weise schadet dies dem recht angenehm zu schauenden Streifen nicht, vielleicht auch deshalb weil die Vorgeschichte einen derart intensiv ins Geschehen einer asozial orientierten Musikband hinein schuppst, deren Mitglieder nicht gerade den Eindruck reflektierenden Denkens machen. Es ist schön, dass man sich nicht dazu entschied, die Punker in ein positives Licht zu rücken. Sie handeln alltäglich illegal, kreisen nur in ihrem eigenen Kosmos und sind alle keine Sympathisanten. Als ahnungslose Opfer in der Falle wachsen sie einem zwar nicht emotional ans Herz, aber man hält dennoch zu ihnen. Und dank einer interessanten Umsetzung, in welcher keines der Bandmitglieder auffällig in den Vordergrund gerückt wird, weiß man auch lange Zeit nie, wer das Finale erreichen wird und wer nicht.

Am zukünftigen Unglücksort angekommen, wird nicht all zu stark mit Klischees gespielt. Zwar provoziert die Punkband zunächst mit einem Song gegen die rechte Szene, ihr aggressiver Sound, mit dem sie einst ihre "Karriere" begonnen haben, wird schließlich jedoch vom Publikum akzeptiert. Hier versammeln sich Menschen die abtanzen wollen, und in ihrer Art unterscheiden sich links und rechts diesbezüglich nicht sonderlich, zumindest die auffällig aggressiv Tanzenden. Dieses filmuntypische Auslassen schwarz/weißer Naziklischees vereinfacht das Akzeptieren der dusseligen Grundsituation, die arg bemüht begründet und vorbereitet wird, aber einfach keinen Sinn ergeben will. Doch sieht man wer hier vor Ort so alles herumlungert, kommt zumindest mit dem Vorwissen der zukünftigen Handlung bereits vor dem Entdecken der alles auslösenden Leiche ein derart ungutes Gefühl auf, dass man sich nicht mehr mit dem Fehler im Aufhänger beschäftigt. Von solchen Leuten will man nicht gefangen gehalten werden. Vertrauen existiert hier nicht. Hier lungern Menschen an einem Ort herum, mit denen man sich selbst ohne das Entdecken eines Geheimnisses nicht aufhalten möchte. Und von dieser Energie zehrt "Green Room".

Die Situation ist allein schon aufgrund der Anwesenheit eines bulligen Aufpassers im eingesperrten Raum höchst unangenehm zu nennen. Den Fremdlingen ist von Anfang an klar, dass es hier keine Chance gibt lebendig herauszukommen. Das macht die verstörenden Versuche des Ladenbesitzers, der eine Art intellektuellen Anführer der Naziszene darstellt, mit den Punkern zu verhandeln um so intensiver, zumal seine Methoden nicht ohne sind. Leichtgläubige wären schnell auf ihn hereingefallen, dementsprechend führen seine manipulativen Worte innerhalb der Gruppe kurzfristig zu Diskussionen was man glauben soll und was nicht. Das lädt die Situation für den Zuschauer ungemein auf, zumal er in die Pläne der Nazis stets eingeweiht ist und früh versteht wie es um die Lage der Gefangengehaltenen steht. Kommt es zum gewalttätigen Ausbruch des Streifens, macht dieser auch keine halben Sachen. Hier wird auf beiden Seiten gestorben, wir erleben blutrünstige Szenen, unterstützt von der Anwesenheit besonders aggressiver Hunde, die mehr Waffe als Vierbeiner sind, dank einer reflektierenden Umsetzung jedoch auch die verletzliche Seele eines solchen Tieres einzufangen weiß.

Was die Nazis in der Schlussphase exakt planen ist kaum wichtig. "Green Room" lebt von seinen intensiven Bildern, von der düsteren Atmosphäre, entstanden durch eine von Anfang an nicht abzuwendende Situation. Man kann im actiongeladenen Teil der Geschichte auch nicht wirklich den Überblick behalten, um beurteilen zu können, ob das gewaltsame Entgegensetzen der Fremdlinge im Verhältnis Angreifer und Verteidiger aufgrund der angewendeten Methoden Sinn machen kann oder nicht. Interessanter Weise bleibt das Drehbuch oft bodenständig. Verluste werden auf Angreiferseite akzeptiert, ihre Schwäche der Zeitnot lässt sie von ihrem einst rationalen Plan abweichen, und keiner der Punks glaubt daran lebend aus der Situation herauszukommen. Gut gefallen hat mir zudem der Drehbuchkniff dass den Punkern ein Mädel zur Seite gestellt wird, welches wir erst im Discobunker der rechten Szene kennen lernen und von der wir somit nicht einschätzen können inwiefern ihr zu trauen ist. Sie ist Opfer und wird sich nicht mit den Nazis verbünden, aber wird sie irgendwann ihren Vorteil für einen Alleingang nutzen, eventuell einen der Punks dafür opfern? Derartige Gedanken schwirren einem so lange im Kopf herum, bis man erfährt was wirklich ablaufen wird.

Etwas geistreicher erzählt und "Green Room" könnte mit seiner packenden Atmosphäre durchaus als Tipp herhalten, so wie abgeliefert ist er aber einfach nur ein kurzweiliger Film für zwischendurch, mit einem herrlich gegen den Strich besetzten Patrick Stewart als intellektuellen Szeneanführer mit illegalem Zusatzeinkommen. Sein Mitwirken macht viel am Gelingen eines Streifens aus, der trotz mancher Unsinnigkeit unglaublich intensiv zu packen weiß und an manch anderer Stelle mit Reflexion und den Umgehen naheliegender Klischees zu überraschen weiß. "Green Room" ist ein reißerischer Film, keine Frage, aber in diesem eher quantitativen Filmbereich eine angenehme Ausnahmeerscheinung, die jegliche ihrer Figuren stets Mensch bleiben lässt. Meiner Meinung nach ist das der Hauptgrund warum der Film Jeremy Saulners, der mit seinem Debüt "Murder Party" ein eher wackeliges Ergebnis abgeliefert hat, überhaupt so gut funktioniert.  OFDb

2 Kommentare:

  1. Patrick Stewart darf hier aber auch wirklich mal seine fiese Seite rauskehren. Und die steht ihm ziemlich gut.

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  2. Ja, fand ich auch, kann er ruhig öfter machen :)

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