03.03.2019

POM POKO (1994)

"Pom Poko" ist eines dieser Zeichentrick-Werke, wie es auch nur aus Japan kommen kann. Aufbauend auf einer niedlichen Grundlage a la Disney entsteht ein Film für Groß und Klein mit gesellschaftspolitischen Aussagen, eingetaucht in Erwachsenemhumor mit beißend satirischen Provokationen, ohne sich diesbezüglich gleich so hart zu gucken wie anarchistisch angehauchte Trickfilme a la "Free Jimmy", "Der große Knall" und "Fritz the Cat" und ohne so inkonsequent zu sein wie ein "Beavis und Butt-Head machen's in Amerika". "Pom Poko" verliert bei solchem Zutatencocktail nie seine Herzlichkeit. Und auch wenn es um Marderhunde anstatt um Menschen geht: seine Menschlichkeit verliert er ebenfalls nie. Und diese wird nicht verschönt wie im amerikanischen Zeichentrick üblich, sondern sehr realistisch reflektiert, mit all den guten und schlechten Eigenschaften in uns, ganz ohne zu urteilen, sondern erstaunlich fair und empathisch eingefangen, mal anhand der Menschen, mal anhand der Marderhunde.

Auffällig ist hierbei der rundum austeilende, treffsichere Humor, der fast immer ins Schwarze trifft und ein Spektrum an Themen umfasst, wie dies kaum möglich scheint. Der Film ist in liebevollen Zeichnungen getaucht, die nicht erst durch die Verwandlungsmöglichkeiten mit Perspektiven spielen und zusätzlich Sequenzen enthält, in welchen sich die Zeichner und Ideengeber ordentlich austoben konnten. "Heisei tanuki gassen pompoko" (Originaltitel) ist auch in diesem Bereich vielseitig ausgefallen, und so passt es ganz gut dass in diesem stilistisch wie zeichnerisch abwechslungsreichem Werk Isao Takahata die Regie übernahm, liest sich seine Filmographie doch ebenfalls in beiden Bereichen so abwechslungsreich wie auch "Pom Poko" ausgefallen ist. Der letztes Jahr leider an Lungenkrebs verstorbene Mann brachte uns die allbekannte "Heidi"-Zeichentrickserien-Version ins Fernsehen, war ebenfalls verantwortlich für derem Nachahmer "Anne mit den roten Haaren", er schuf ein Meisterwerk mit "Die letzten Glühwürmchen" und zeigte mit seinem letzten Werk "Die Legende der Prinzessin Kaguya" 2013 noch einmal wie anders er auch vom Zeichenstil her arbeiten kann.

Auffällig ist an dieser Aufzählung das häufige Verwenden dramatischer Stoffe. Scheinbar bildet hier "The Raccoon War" (Alternativtitel) die Ausnahme mit seinem Humorschwerpunkt, auch wenn freilich der fröhliche Erzählstil des hier besprochenen Streifens stets auch Ernsthaftigkeit beinhaltet und somit auch dramatische Elemente. "Pom Poko" unterhält, regt zum Nachdenken an, mahnt den Zuschauer, und doch meint man nie einen zu strengen erhobenen Zeigefinger zu sichten, wenn fleißig ins Gewissen geredet wird, sicher weil der Film gleichzeitig so verständnisvoll mit unseren Schwächen umgeht. Dies wirkt nicht inkonsequent, entschuldigt der Film doch mit diesem empathischen Blick auf uns Raubtiere nicht unser Umwelt zerstörendes Verhalten, und doch weht auch in diesem immer ein gewisses Verständnis und Verstehen mit. Ganz am Schluss, wenn die Geschichte verschiedenste Enden erhält, wendet sich eine der Figuren erstmals eindeutig, die Metaebene durchbrechend ohne tatsächlich aus dem Rahmen zu fallen, an den Zuschauer, um ihn zu fragen ob das alles so sein muss. Auch hier herrscht eine liebevolle Atmosphäre, anstatt auf einen strengen, extremistischen Vorwurf zu bauen.

Das einzige Makel meinerseits empfinde ich in der manchmal zu zerfahrenen Erzählweise des Ganzen. Oftmals wirkt "Pom Poko" zu episodisch erzählt, was freilich mit seiner lobenswerten Vielseitigkeit zu tun hat. Und glücklicher Weise verliert Takahata bei all diesen vielen Facetten des Inhalts nie den Überblick. Aber diese Methode beschert dem fertigen Streifen einige Längen. Ohnehin ist die Gesamtlaufzeit mit seinen 114 Minuten etwas zu viel des Guten, nicht nur für Kinder, die tatsächlich mit eingeladen sind diesen wunderschönen Film mit zu schauen, auch für Erwachsene. Meiner Meinung nach hätte man "Pom Poko" trotz seines guten Ergebnisses um rund 15 Minuten kürzen können, damit er straffer und flotter wirkt. Andererseits ist der japanische Zeichentricksektor ohnehin dafür bekannt, dass man ihn aufmerksam verfolgen muss anstatt einfach nur beim Zusehen abzuschalten. Letztendlich ist dies ja auch einer der Gründe, warum man überhaupt immer wieder zu japanischen Trickfilm-Kunstwerken zurück kehrt. Von daher ist das schon schimpfen auf sehr hohem Niveau.  OFDb

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