04.08.2019

DER UNHEIMLICHE BESUCHER (1971)

Der Aufhänger des Ganzen mag ein wenig an Fritz Langs "Das Testament des Dr. Mabuse" erinnern, allerdings ist die schwedisch/amerikanische Co-Produktion "Der unheimliche Besucher" weit weniger rätselhaft ausgefallen, als der Plot zunächst vermuten lässt. Dass Salem der Mörder ist, steht von Anfang an fest, der Film wird hauptsächlich aus der Sichtweise der von Max von Sydow verkörperten Hauptfigur erzählt. Auch warum er tut was er tut ist relativ schnell geklärt. Lediglich die Frage wie er das System der Nervenheilanstalt durchbricht, steht lange Zeit als Fragezeichen im Raum. Da wäre es schön gewesen diese Antwort über den ermittelnden Kommissar herausgefunden zu bekommen. Stattdessen wird man jedoch zur Mitte der Geschichte einfach eingeweiht, dies allerdings aus gutem Grund. So kann das nervenkitzelnde Finale besser funktionieren, in welchem es darum geht wer schneller die Anstalt erreicht, der Kommissar oder der Verbrecher. Und wenn man in dieser Phase weiß, was der gute Salem alles zu bewerkstelligen hat, um nicht erwischt zu werden, ist der Spannungsbogen auf einem guten Hoch. Denn mag er auch der Schurke inmitten von Schurken sein, er ist nun einmal die Identifikationsfigur, der man wünscht mit seinem Plan durchzukommen.

"Perfekte Rache" (Alternativtitel) ist besonnen erzählt und ruhig inszeniert, benötigt nie reißerische Elemente um eine gewünschte Stimmung zu erzeugen und lebt von dieser ruhigen Hand, die auf die interessante Geschichte und ihre Charaktere vertraut. Hier agieren Figuren, die sich individuell anfühlen und nur bedingt ein Stereotyp bedienen. Kamera, Schnitt und Musik schließen sich der ruhigen Herangehensweise des Regisseurs an, ähnlich unaufgeregt spielen die gut gewählten Darsteller, die alle in ihrer jeweiligen Rolle gut aufgehoben sind. Oftmals wirken ihre Szenen wie aus einem Theaterstück entnommen, detailreiche Außenaufnahmen durchbrechen diesen Eindruck jedoch gekonnt. Am stimmigen Ergebnis machen die Räumlichkeiten des Streifens viel aus. So ungemütlich der kühle Mauerbau der Nervenheilanstalt auch wirken mag, viel gemütlicher haben es die anderen in ihrer heimischen Behausung nicht. "Salem Come to Supper" (Alternativtitel) zeigt uns eine authentisch lebensnahe Behausung des einfachen Volkes, mit urig scheinenden, renovierungsbedürftigen Räumen in Zeiten, in denen ein solcher Gedanke Luxus gewesen wäre. Diese raue Umgebung wirkt und überträgt sich auf die schlicht gekleideten Charaktere und ihr alltagsbedingtes simples Denken, in welchem Phantastereien nichts zu suchen haben. Das ist ein wichtiger Fakt der Geschichte, denn Salem wurde von einem der Verdächtigen gesichtet, und der wird nun für irre gehalten, während seine Aussage den Kommissar auf die richtige Spur bringt.

Spätestens wenn man eingeweiht wird, wie Salem der Klinik entkam, bekommt der an sich sachlich korrekt vorgetragene Kriminalfilm Risse in der Glaubwürdigkeit. Extrem unglaubwürdige Elemente werden trickreich einfach ausgeblendet, in der Hoffnung der Zuschauer würde sie nicht bemerken. Andere Elemente fallen zumindest fragwürdig aus, und eine kleine handvoll definitiv unglaubwürdig ausgefallener Details bleibt noch über. Dazu gehört auch die Schluss-Pointe, die sich darauf ausruht eine zu sein und deswegen kein Problem darin sieht eine Unlogik zu sein, denn sie ist augenzwinkernd gemeint, und da dürfte nur ein penetranter Miesepeter über seine offensichtlichen Lücken in der Logik maulen. Und diese offensichtlichste Lücke steht Pate für den kompletten Film. Das Gaunerstück ist die komplette Zeit über schmunzelnd erzählt, wenn auch keine wahren komödiantischen Szenen enthaltend. "The Night Visitor" (Originaltitel) ist ein verschmitzter Film, dessen bubenhaftes Treiben man nicht krumm nehmen sollte. Es ist seiner Mentalität geschult, dass auch die anderen Unglaubwürdigkeiten zu keinem Riss im Ergebnis führen, sondern akzeptierter Teil des Gesamtproduktes sind. Hier kommt dem Streifen seine Theaternähe und der augenzwinkernde Grundton zugute, der auch manchen Charakter und seine Taten auf subtile Art Charme beschert, obwohl man es theoretisch gesehen mit unangenehmen Menschen zu tun hat. "Der unheimliche Besucher" ist stimmig erzählte, ruhig umgesetzte, leichte Kost aus einer anderen Zeit, ein durch und durch sympathisches Werk. Inszeniert hat es Laszlo Benedek, der in seinem Leben nur bei zwei Spielfilmen Regie geführt hat. "Kinder, Mütter und ein General" entstand 16 Jahre vor dem hier besprochenen Film.  OFDb

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