26.01.2020

LOLITA (1962)

Dafür, dass Kubrick die Thematik des Stoffes aufgrund der frühen Erscheinungszeit seines Filmes, nicht offen aussprechen darf, ist die Verfilmung erfrischend deutlich ausgefallen mit seinen gar nicht all zu subtilen Anspielungen. Und regelrecht provokativ frech ist die Hauptfigur des Humbert gezeichnet, die beim Zuschauer keinerlei Empathie erntet, so hemmungslos eigensüchtig sie von Anfang an demonstrativ als Anti-Held positioniert das Geschehen bestimmt, der Zuschauer aber keine Alternative findet, wen anders als Identifikationsfigur zu erhaschen. Das weiß zu gefallen, besonders in solch bösartigen Momenten, wie beispielsweise jener, in welcher Humbert lauthals über einen Abschiedsbrief mit Liebesbekenntnis seiner aufdringlichen Vermieterin lachen muss, und noch während des Lesens laut prustet, die arme Frau am Ende jedoch ausnutzt und zu seiner Frau macht. Diese bietet einen Gegenpol zur Hauptfigur, welcher die Geschichte (die in ihrer viel zu langen Einstiegsszene ärgerlich, da nervig, beginnt) um den begehrenden Egomanen interessant hält. Bei allem Gelingen dessen, was der Film einfangen will, ist "Lolita" auch in dieser besten Phase auf keinem wirklichen Hoch, aber unterhaltsam ist das Ganze durchaus anzusehen, zumal es gut reflektiert umgesetzt und keinesfalls geistlos erzählt ist.

Mit dem Tod der Ehefrau wendet sich meiner Meinung nach das Blatt, und die bis dahin funktionierende Gewichtung ist aufgehoben. Von nun an wird "Lolita" recht monoton erzählt, anfangs noch interessant durch die Annäherung an die titelgebende Person, die im Gegensatz zu Humberts Erwartungen keinesfalls frei von Erfahrungen ist, von da an aber immer wieder von der Kontrollsucht Humberts erzählend, der mit Lolita immer dann von dannen zieht, wenn wer etwas zu ahnen scheint und dem Paar, das nicht wirklich eines ist, zu nah auf die Pelle rückt. Die ewigen Streitigkeiten zwischen ihm und der Heranziehenden, so sehr sie auch im satirischen Licht thematisiert sind, erdrücken immer wieder die zuvor leichtfüßige Stimmung. Die Komödie soll vom Dramenanteil dominiert werden, was bei der Distanz zur Hauptfigur nicht mitempfindbar funktionieren will, so dass der Vorteil es bei ihr mit keiner Sympathiefigur trotz Identifikation zu tun zu haben, zu einem kleinen Nachteil wird. Aber auch ein Einfühlen könnte die Monotonie, die Autor Vladimir Nabokov in seinem Drehbuch zum eigenen Roman entstehen lässt, nicht viel erträglicher machen, zumal man die Motivation der Taten Lolitas, aufgrund des dominierenden Blickwinkels Humberts, nur teilweise gegriffen bekommt und am Ende eine unbefriedigende Auflösung erhält, wenn die zur jungen Frau gewordene Titelfigur mit offenen Karten spielt.

So provokativ und deutlich wie möglich, in einer Zeit, in welcher das Tabuthema nicht offen vorgetragen werden konnte, der Film auch ausgefallen sein mag, so bösartig direkt er auch daher kommt, frei von Moral und zum Mitdenken einladend, wirklich funktioniert hat der Klassiker bei mir nicht, konnte ich mit der Handlung, die der reizvollen, längeren Vorgeschichte folgt, doch wenig anfangen. Zwar wird "Lolita" nie mehr so schlecht wie in seiner Eingangssequenz (immerhin ist er von da an immer reflektiert durchdacht erzählt), seine monotone Handlung über einen Mann, der eine junge Frau kontrollieren will, während er dieser verfallen ist, was diese auszunutzen weiß, sprich dieses ewige Hin und Her zwischen beiden, fand ich trotz guter Besetzung wenig interessant. Letztendlich scheitert der Film also daran, dass ich mich für seine Geschichte nicht interessieren konnte.  OFDb

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