H.G. Wells Roman "Krieg der Welten" ist schon einige Male verfilmt worden, meist in jener Zeit spielend, in welcher die jeweilige Version entstand. Dass die als TV-Minisserie konzipierte Variante des englischen Senders BBC Anfang des 20. Jahrhunderts spielt, macht zunächst Hoffnung es mit einer Verfilmung zu tun zu haben, die nahe am ursprünglichen Roman angesiedelt ist, der Ende des 19. Jahrhunderts erschien und etwa 1900 spielt. Doch das trügt. Wer H.G. Wells furchterregende Vorstellung einer Alieninvasion halbwegs buchgetreu erleben will, der muss zu jenem "The War of the Worlds" greifen, der im selben Jahr der Version mit Tom Cruise und jener der Billigfirma The Asylum als TV-Produktion auf dem Markt kam, unter der Regie von Timothy Hines. Die 14 Jahre später entstande britische Version erzählt jedoch nur an der Basis orientiert das was allgemein hin als das Thema von Buch und Film bekannt ist. Da kommt was vom Himmel, von Außerirdischen gelenkte Dreibeiner zerstören die Zivilisation, sie verwandeln die Erde in einen zweiten Mars und sterben an den Bakterien, nachdem sie erstmals gegessen haben. Selbst der Mann von der Artillerie wird eingebaut. Man könnte also meinen hier einen echten "The War of the Worlds" (Originaltitel) zu erleben, wie der Titel vorgibt zu sein.
Für meinen Geschmack wurde jedoch alles zu stark abgeändert, was sicherlich Standard bei der Verfilmung von Printmedien ist, mir aber selten so gewollt vorkam wie hier. Schwebende rotierende High-Tech-Kugeln, Maschinen aus dem Erdboden als eine Art Zugeständnis an die Spielberg-Version, eine Frau als zentrale Figur im Mittelpunkt, zahme Zerstörung der Städte, weit unter dem Niveau dessen was man erwarten würde (und dies nicht aufgrund der Finanzen der TV-Herkunft, allein die Dreibeiner sind toll anzusehen), den Maschinen entsteigende Marsianer, hier wurde so ziemlich alles Bekannte neu-interpretiert, verändert und diverses hinzugedichtet. Den Bogen überspannt diesbezüglich ein parallel zu den eigentlichen Ereignissen spielendes Zukunftsszenario, welches nach dem Krieg spielt, zunächst zu viel verrät, dann doch noch überraschend an Potential gewinnt (die Aliens könnten wieder kommen, die Erde bis dahin komplett umgewandelt und für den Menschen lebensfeindlich sein), um dies am Ende zu verschenken, da nichts der reizvollen Möglichkeiten mit dem Einblick nach der Invasion aufgreifend. Stattdessen endet der Alternativplot in bedeutungsschwangerer Theatralik mit leichtem Esoterik-Anflügen. Das passt leider zur Stimmungslage der Ereignisse im Hauptszenario, welche die Entwicklung des Krieges und wie alles beginnt zwar spannend und interessant einzufangen weiß, die Dramatik der zu stumpf charakterisierten Figuren jedoch zu Seifenopern-artig vorträgt, theoretisch anspruchsvolle Ziele setzend, letztendlich jedoch mit der tatsächlich umgesetzten Oberflächlichkeit selbst-entlarvend plump daher kommend.
Das ist nicht nur aufgrund der reizvollen Buchvorlage und der gelungenen optischen Umsetzung schade, sondern auch aufgrund dessen was Viveiros Version von "The War of the Worlds" mitunter thematisieren will. Die Frage nach Moral und der Aufrichtigkeit von Lebensentscheidungen wird gestellt, u.a. im Hinblick darauf was egoistisch sein mag, ohne dass es uns so erscheint. Es wird das kriegstreiberische Verhalten Englands thematisiert, die Außerirdischeninvasion verglichen mit dem Kampf gegen Naturvölker, und es wird sogar kritisch angesprochen, dass es die Siegermächte sind, welche die Versionen der Geschichtsbücher bestimmen, und nicht zwingend die wahren Ereignisse. Der Kampf um Mündigkeit in der Gesellschaft, die Befreiung vom Würgegriff der Religion, all die vielen Ansätze ertränken jedoch die Möglichkeit eine greifbar düstere Endzeitstimmung entstehen zu lassen, die hoffnungslose Unterlegenheit der Menschheit gegenüber den Marsianern furchterregend und ehrfürchtig zu gestalten, der Zerstörungswut beizuwohnen, den Verlust allem Gekannten spürbar mitzuerleben und das Spannungspotential der Geschichte packend vorgesetzt zu bekommen.
Unaufrichtiges dickes Auftragen eigentlich reizvoller Themengebiete und zu hohl ausgefallene Charaktere, die gern sehr viel tiefer greifen würden, als sie es tun, lenken zu sehr von der reizvollen Invasionsgeschichte ab, unterbrechen immer wieder gerade spannend gewordene Entwicklungen der Geschichte, eben weil sie ständig von der Alienthematik ablenken, damit die Probleme der Menschheit sich wieder um sich selbst drehen kannn. Da ist mir eine simplere Inszenierung des Stoffes lieber, als solch pseudo-intellektuelles Oberflächenabgrasen tiefsinniger Thematiken, die nicht alle zwingend mit dem Ur-Thema einhergehen, jedoch bei besserer Herangehensweise durchaus kompatibel mit dieser gewesen wären. Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Ein paar nette Ansätze verhindern zumindest den Totalabsturz eines sich zu theoretisch schauenden Endzeit-Dramas, dem es an einer folgerichtigen, zielgerichteten Schlusserkenntnis fehlt, welche die angesprochenen Themengebiete sinnvoll und konsequent abschließt und damit auch die größten Änderungen am Ur-Stoff rechtfertigt. Im selben Jahr der hier besprochenen TV-Mini-Serie erschien anbei auch eine erneute US-Serien-Version, diesmal u.a. mit Gabriel Byrne besetzt. Also Vorsicht, Verwechslungsgefahr! OFDb
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