Was ist nur mit den Autoren heutiger Kinoproduktionen aus den USA los? Können sie nicht mehr hintergründig schreiben, oder werden sie von den Studios dazu angehalten es möglichst einfach zu gestalten? Dabei wäre auch beides auf einmal drin, wie die Erstverfilmung "Ein Mann sieht rot" gezeigt hat. Er provozierte und schloss das gemeine Publikum nicht aus, er suchte aber auch nach Ursache und Wirkung, zeigte eine durchdachte Charakterentwicklung und arbeitete daran nicht widersprüchlich zu wirken, wenn er aus einem Waffenverweigerer einen Mörder machte. Die beunruhigende Wirkung aufgrund der Täuschung in der Hauptfigur und deren direkte Taten machten den Thriller so interessant, das Jagdgefühl bei Nacht und die indirekte Mittäterschaft des Publikums sorgten mitunter dafür, dass er so packend erzählt war. Und was macht die Neuverfilmung? Sie spult die oberflächliche Prozedur des Vorgängers ab, ohne zu verstehen, zu hinterfragen, zu analysieren. Was passiert, passiert einfach, egal warum. Selbst so offensichtliche Banalitäten, wie das perfekte Zielen eines Menschen, der vorher nie geschossen hat, werden nicht der Glaubwürdigkeit wegen vorbereitet. Modernisiert wird das Ganze über die Internet-Thematik, die man gut dafür hätte nutzen können, wie im Original gesellschaftspolitisch die Auswirkungen des Rächers auf die Mediennutzer zu thematisieren. Doch selbst dieser Aspekt wird in "Death Wish" unreflektiert abgearbeitet.
Warum aus dem Architekten ein Krankenhaus-Arzt wurde, weiß man ebenso wenig, denn auch diese Änderung wird nicht einer tiefer gehenden Konzeption wegen angegangen, lediglich unwichtige Faktoren zehren von diesem Neuansatz. Warum man zudem auf Bruce Willis setzt, abgesehen von seiner noch immer Zuschauer-magnetischen Popularität, will sich mir ebenfalls nicht erschließen. Der Mann ist alt geworden und überzeugt in der Rolle Kerseys nicht. Er wird eingesetzt, als sei er noch Mitte 30, als hätte ein Alterungsprozess nie stattgefunden. Sein Körper verrät jedoch gegenteiliges. Und wenn man bedenkt, dass es die 70er Jahre-Version auf vier Fortsetzungen gebracht hat, darf man sich erst recht fragen, was dieser nachteilige Besetzungs-Schachzug soll, gerade in Zeiten, in denen stets auf eine eventuelle Fortsetzung eines möglichen Kinoerfolgs bereits im Vorfeld geschielt wird. Mit all diesen Nachteilen könnte ich noch halbwegs leben, wenn Regisseur Eli Roth, der immerhin die ersten beiden "Hostel"-Filme packend inszenierte, ein spannend erzähltes Ergebnis abliefern würde. Aber selbst diesbezüglich fällt "Death Wish" mager aus, von seiner mangelnden einfühlsamen Dramaturgie ganz zu schweigen. Zudem verpuffen die polizeilichen Ermittler, so unwichtig wie sie für die schlichte Geschichte eingebracht werden, was sehr schade ist, da einer von ihnen von Dean Norris verkörpert wird. Dass der finale Entschluss, der vom Original übernommen wurde, hier aufgrund der Vorereignisse und der gewählten Argumentation, sowie aufgrund des Nichtverstehens von Psychologie, weit weniger Sinn ergibt als dies bereits in der Erstverfilmung der Fall war, braucht man aufgrund der Umstände, wie der hier besprochene Streifen geschrieben wurde, schon kaum noch erwähnen. OFDb
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