18.04.2021

T2 TRAINSPOTTING (2017)

Eine Fortsetzung von "Trainspotting" hat es sicherlich nicht gebraucht. Und da der Streifen definitiv zu den besten Filmen gehört, die überhaupt je das Licht der Leinwand erblickten, darf man zurecht erst einmal kritisch bezüglich einer solchen sein. Aber verdammt, was bereitet die Rückkehr Freude, und was ist sie, trotz dessen dass sie ohnehin nicht an die Qualität des Originals heran reichen kann, doch hochwertig ausgefallen. Mit den selben Darstellern und den selben Verantwortlichen für Drehbuch und Regie an Bord macht man sich, ähnlich wie seinerzeit "Psycho 2", die lange Zeit zwischen beiden Filmen zunutze. Man ignorierte, abgesehen von einer Erwähnung des Wohnortes Amsterdam, das Fortsetzungsbuch der Print-Vorlage und lässt selbstbewusst fast einzig das Zusammentreffen der ehemaligen Kumpels für sich allein wirken. Den Rest erledigen die uns bekannten und sich weiter entwickelten Charaktere. Es vereinen sich Nostalgie, Comichaftigkeit und Realitätsreflexion in sich austauschbar anfühlenden, episodischen Ereignissen zu einem energiegeladenen Erlebnis, in welchem gerade der Begbie-Aspekt zu einem explosiven Zündstoff wird und einen Spannungsbogen bereit hält, der es gekonnt versteht den Zuschauer nervös zu machen. 

Vielleicht gibt man sich etwas zu viel der Versuchung hin ehemalige Momente wieder aufleben zu lassen, letztendlich bildet die "Sag ja zum Leben"-Sequenz jedoch den einzigen Tiefpunkt des Streifens, während vergleichbar bemühte Momente tatsächlich emotional zu greifen wissen. Ohnehin ist "Trainspotting 2" (Alternativtitel) ein gelungener, mit Teil 1 kompatibler, Filmgenuss, in welchem sich erneut gekonnt Drama und Komik die Hand geben, und ein Drehbuch, dem Charakternähe wichtig ist, beweist, dass es keiner großen Geschichte bedarf, um Großes abzuliefern. Der immer mitwehende Comic-Touch verhindert, das Unglaubwürdigkeiten, wie die Tatsache dass jemand wie Spud noch lebt, negativ greifen und verwandelt derartiges sogar in Pluspunkte, die mit den ernsten und realistischen Tönen der Chose harmonieren. Einzig der plumpe Versuch Begbie bei gemeinsamen Erinnerungen als ehemaligen, fast gleichaltrigen, Schulkamerad Rentons zu positionieren, will aufgrund des zu enormen Altersunterschiedes auch inmitten schräger Erlebnisse, Ansichten und Reflexionen nicht greifen und bildet somit den einzig unglaubwürdigen Moment. 

Aber das verzeiht man gerne, sprudelt "T2 Trainspotting" von Beginn an doch geradezu vor besonderen Momenten. Ob es die unerwartete Live-Darbietung eines spontanen Songs ist, Spuds Problem mit der Sommerzeit, Begbies Fluchtvorbereitungen im Knast, das Toiletten-Zusammentreffen der beiden Kontrahenten, Simons Wiederkehr am Schluss in den Pub, die bitteren Erinnerungen am ehemaligen Wanderort, Begbies Potenzprobleme, "Trainspotting 2" hält den Zuschauer stets mit interessanten und aufwühlenden Erlebnissen auf Trab, bleibt dabei meist auf erstaunlich hohem Qualitätsniveau und lebt meist von gut funktionierenden Dialogen und der Charakterstärke seiner Figuren, sowie dem Charisma und dem Talent seiner Darsteller. Stilistisch setzt man auf die Optik und den musikalischen Stil des Originals, jedoch nicht ohne auch diesen mit neuen Ansätzen zu erweitern. Und so darf es am Schluss verwundern, dass ein Film mit derart unauffälliger Handlung und unglaublich vielen Verweisen und Fortführungen damaliger Ereignisse, sich derart frisch, innovativ, qualitativ und unterhaltsam schaut, so dass man ihm mit vollem Herzen seinen von nun an festen Platz neben dem unerreichten ersten Teil gönnt. Mit solch einem großen Ergebnis, welches ebenfalls zum Immerwiedersehen einlädt, habe ich wahrlich nicht gerechnet.  OFDb

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