22.05.2021

THE PRODIGY (2019)

Der Horrorfilme um gefährliche Kinder gibt es zuhauf. Sei es "Das Omen", "Fall 39", "Teufelskind Joshua" oder "Totale Angst über der Stadt", sie alle haben eins gemein: die Eltern/das soziale Umfeld benötigen fast die komplette Laufzeit, um zu entdecken, dass mit dem Kind etwas nicht stimmt, um so im Finale schließlich dagegen anzugehen. Dementsprechend überrascht darf man bei "The Prodigy" sein, wie früh die wahre Natur des Kindes den Eltern klar wird, aufgrund eines aggressiven Übergriffes einem Mitschüler gegenüber. Nutzte der thematisch, da ebenfalls mit einem Wunderkind arbeitende, "Mikey" das übliche Verfahren um den Charakter des Jungen zu vertiefen, damit wir ihn mögen, wenn er solch schlimme Taten begeht, so liegt die Identifikationsfigur hier ganz eindeutig bei der Mutter, die lernen muss zu akzeptieren, dass mit ihrem Sohn etwas nicht stimmt. Als eine Art aggressive Variante von "Audrey Rose - Das Mädchen aus dem Jenseits" kommt das Thema Reinkarnation mit ins Spiel, ein Gedanke mit dem sich die Mutter geradezu Klischee-typisch eher anfreunden kann als der stärker in der Realität verankerte Vater. Glücklicher Weise erfährt dieser wichtige Aspekt für die Gesamtgeschichte nie einen zu argen esoterischen Touch, so dass die Wiedergeburt, bzw. das Einschleichen in einen anderen Körper ("Chucky" lässt grüßen) für die Spielraum-Möglichkeiten genutzt wird, um den Stoff interessanter zu gestalten. 

Dementsprechend erhält "Descendant" (Alternativtitel) immer wieder ähnlich radikale Brüche, welche den Erwartungen des Publikums ein Schnäppchen schlagen, wie mit eben erwähnten Beispiel des frühen Eingeweihtseins der Eltern. Wie eine Hypnosesitzung eine überraschende Wende erfährt, die drastische Überlegung zu welcher sich die Mutter Richtung Finale entschließt, das geht alles weit über die üblichen Gedankengänge einer solchen Erzählung hinaus und weiß dementsprechend zu gefallen, so sehr wie diese Methodik das altbekannte Muster des klassischen Kinder-Horrors aufbricht. Umso trauriger ist es zu sehen, dass sich "The Prodigy" zur zeitlichen, klassischen Laufzeit-Einteilung Vereinfachungen im Plot gönnt, die den unangenehmen Gegenpol zum Mut an anderer Stelle bietet. Wie plump der Experte für Reinkarnation geradezu als Geschenk an die Mutter ins Geschehen eingeführt wird, ist mehr als unglaubwürdig und zeigt uns wie sehr der Streifen trotz mancher Andersartigkeit doch wieder nur zum Routineprodukt wird, wenn auch eines der angenehmen Art. Doch derartige Ausrutscher verzeiht man dem Streifen gerne, zumal er den Pluspunkt seiner unerwarteten Augenblicke nicht in einer unterkühlten Inszenierung serviert, sondern nah genug an den recht Klischee-lastigen Charakteren orientiert ist, um emotional an ihnen gebunden zu sein. Dank einer zu den Figuren passenden Besetzung und einer überzeugenden in der wichtigsten Kinderrolle sind einem die Erlebnisse der Familie dramaturgisch somit nicht egal, eine spannende Umsetzung sorgt für den Rest. Im Gegensatz zu seinem "The Pact" hat Regisseur Nicholas McCarthy diesmal nicht das Drehbuch beigesteuert, was sich aufgrund des weitaus besseren Ergebnisses als die richtige Entscheidung herausstellt.   OFDb

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