Eine Ufosekte bereitet das Klonen von Menschen als Weg zum ewigen
Leben vor. Tatsächlich gelingt es ihnen eines Tages ihre verbesserte
Form des Menschen umzusetzen, und das Ergebnis ist der in der fernen
Zukunft hausende Daniel25, der auf einer zivilisationszerstörten Erde
sein Dasein fristet und gebannt die Aufzeichnungen seiner Vorfahren
liest...
Michel Houellebecq zählt zu den berühmtesten und umstrittensten Schriftstellern Frankreichs und verfilmte sein Buch „Die Möglichkeit einer Insel“ gleich selbst. Dabei orientierte sich der Provokateur kaum an seiner eigenen Vorlage, was zu der Vermutung führen kann, dass die angebliche Literaturverfilmung deshalb so katastrophale Kritiken bekam und außerhalb Frankreichs in keinem Land eine DVD-Veröffentlichung erhielt. Zumindest wird dies gemunkelt in den recht übersichtlich vertretenen Rezensionen im Internet zu diesem Film, doch unterschätzt man damit, so meine ich, das Interesse und den Antrieb von Jurymitgliedern von Filmfestivals, welche ebenfalls keine guten Worte über Houellebecqs Zukunftsgeschichte äußerten.
Zunächst einmal muss man nach Sichten des Streifens feststellen, dass seine Umsetzung arg sperrig ausgefallen ist. Wir haben eine enorm langatmige, zähe Erzählform in wortkarger Umsetzung und mit Zeitsprüngen und Schwerpunkten versehen, die einem kaum den Sinn des Streifens offenbaren, womit die hohe Konzentration sich das Werk zu Ende anzusehen schon ein wenig bestraft wird. Letztendlich ist klar was die Aussage des Streifens sein soll, sie ist geradezu pessimistisch und auf den Wunsch des ewigen Lebens gesehen sehr augenzwinkernd, dennoch frage ich mich warum der Film mit seinen Kernaussagen sich hauptsächlich auf Szenarien konzentriert, die damit herzlich wenig zu tun haben.
Ob man mehr kapiert hätte mit Kenntnis der Romanvorlage, lässt sich sicherlich anzweifeln, wenn diese tatsächlich so wenig mit dem Film zu tun hat, wie man überall nachlesen kann. Auch besondere Sichtweisen entstehen nur bedingt durch das Vertiefen unnötig erscheinender Situationen. Und eine besondere Atmosphäre, geschweige denn Spannungspotential, erhält der Film damit ohnehin nicht. Ersteres erhält der trockene Film eher durch seine interessante Optik, wohl der Pluspunkt des Streifens überhaupt.
Mag sein, dass ich nicht intellektuell genug geprägt bin, um den Sinn hinter solchen Szenen zu erkennen, wie jene, in welchen der Sohn des Sektengründers mit einem Urlaub machenden Kommissar kommuniziert. Lediglich die Art des Lebens eben jenes Sohnes, der in später Zukunft als 25. Klon seiner Selbst ein tristes Leben auf der kargen Erde führen wird, könnte man als Sinn bzw. als Vorbereitung dessen sehen, wovon der Film an sich erst im letzten Drittel erzählt. Erst dort stoßen wir, von einigen kurzen Aufnahmen lesend in seiner Höhle einmal abgesehen, auf besagten Klon, der nach Lesen der Aufzeichnungen seiner Vorfahren die Erde erkundet, um sich auf die Suche nach Liebe zu machen, deren Sinn er nicht kapiert, da er sie nicht fühlt.
Da ist der Wissenschaftler der Sekte schon etwas zu weit gegangen, als er nicht nur die Gehirnkapazität eines Verstorbenen auf dessen Klon übertragen wollte, sondern gleich in einem Wisch auch den perfekten Menschen gestalten wollte, beispielsweise dadurch, dass er ihm die Fähigkeit zur Photosynthese verleiht, anstatt ihm einen Verdauungstrakt zu bescheren. Da hockt sein Ergebnis nun Jahrhunderte später auf einer Erde ohne menschliche Zivilisation. Es gibt nur vereinzelte Neo-Menschen wie ihn, falls er nicht gar der einzige ist. Zumindest ist die Anwesenheit einer Frau in der Zukunft nicht klar zu deuten. Ist sie existent oder reine Vorstellungskraft? Ist sie, falls tatsächlich vorhanden, der letzte Mensch oder ein Neo-Mensch? Sinn macht ihre Anwesenheit herzlich wenig, ebenso wie ihr Original, welches wir in unserer Gegenwart kennen lernen durften.
Wie dem auch sei, macht sich ironischer Weise ausgerechnet der x-te Klon eines Mannes auf die Suche nach Liebe und deren Bedeutung, dessen Original so etwas schon kaum noch zu empfinden schien. Typisch Sektenmitglied ist er gehirngewaschen, relativ gefühlskalt und leistungs- und zielorientiert. Vielleicht erleben wir deshalb so viel von seinem Leben, einfach damit uns klar wird welche Ironie im Antrieb von Daniel 25 steckt. Zu den Höhepunkten des Streifens zählt dann ganz deutlich die fast schwarzhumorige Feststellung des Klons, dass er noch nie näher dran war zu erahnen was Liebe wohl sein könnte, bzw. diese zu empfinden. Welch krampfhafter, verzweifelter Versuch etwas zu ergründen, das nicht mit dem Gehirn aufgenommen werden kann.
Houellebecq zeigt uns recht realistisch die Schattenseite des menschlichen Urwunsches ewigen Lebens. Soll das noch ein lebenswertes Leben sein? Und hätte der Klon eines fühlenden Menschen zu gleichem Ergebnis geführt, oder war es die Gefühlskälte des Originals, die den x-ten Klon zu dem machte was er ist? Sollte man nicht das eine Leben welches man hat richtig auskosten, sprich leben, anstatt es für den höheren Zweck ewigen Lebens wegzuwerfen? Wo liegt der Andrang ewiges Leben zu erhoffen, wenn man sein einziges schon nicht richtig lebt? Eine Frage, die sich zwischen den Zeilen des Filmes gestellt zielsicher an Mitglieder von Religionsgemeinschaften richtet, und da reden wir nicht nur von Sekten.
Doch selbst wenn ich den Filme analysiere, deute und mit dem was er mir zeigte herumspiele, trotz dieser möglichen Antworten und möglichen versteckten Fragen ergibt es in meinen Augen wenig Sinn den Schwerpunkt des Streifens auf die Vergangenheit, sprich unsere Gegenwart, zu setzen. Anstatt dem Klon bei der Suche nach Liebe nur geschätzte 20 - 30 Minuten zu schenken, hätte man ihm den Hauptanteil der Lauflänge bescheren sollen, dann könnte man „Die Möglichkeit einer Insel“ gar als Gegenstück zu „Am Anfang war das Feuer“ sehen. Der Urmensch, der auf der Suche nach einer der Grundlagen menschlicher Sicherheit war entgegengesetzt zu dem Neo-Menschen der Zukunft, auf den (allein genetisch gesehen) keine Gefahren mehr warten und der sich auf die Suche nach dem Luxusgut Liebe macht, etwas das er scheinbar nicht zum leben braucht.
Spätestens das offene Ende stößt sauer auf. Da kämpft man sich durch einen zähen und schwer einzuordnenden Streifen durch, und wird dann mit einem schlecht gesetzten Ende bestraft. Das ist schon ärgerlich. Die Tiefe der Geschichte, die Optik in welcher sie umgesetzt wurde und der intellektuelle Gehalt bewahren „Die Möglichkeit einer Insel“ vor dem Totalabsturz. Andererseits fällt mir aber auch niemand ein, dem ich diesen Science Fiction empfehlen könnte - oder möchte. OFDb
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