09.10.2012

DEADLY GAMES (1989)

Thomas ist ein cleverer, reicher Junge, spielt gerne Krieg, bastelt am Computer, ist letztendlich im Herzen aber noch immer ein Kind. So glaubt er noch im recht hohen Alter von 9 Jahren an den Weihnachtsmann, versteht jedoch nicht dessen Eigenart nie gesehen werden zu wollen. Trotz der mahnenden Worte seiner Mutter, Santa würde bei zu neugierigen Kindern zum Monster mutieren, installiert der pfiffige Knabe Kameras im Haus und legt sich auf die Lauer. Der Weihnachtsmann kommt tatsächlich ins Haus, jedoch ist es nicht das phantastische Original, sondern ein geisteskranker Mann, der mit Thomas spielen will. Die große Villa wird zur Katz- und Maus-Arena zwischen Thomas und dem Psychopathen. Denn ganz so leicht fangen lässt sich der Junge nicht, der zudem noch seinen fast blinden Großvater beschützen muss...

Kevin allein gegen Santa...
 
Ich weiß wie die Handlung auf den ersten Blick klingen mag. Sie klingt etwas weit hergeholt und riecht geradezu nach einem billig heruntergekurbelten, reißerischen B-Movie. Dieser Horror-Thriller ist jedoch ein wahrer Geheim-Tipp. Der Spannungsbogen ist hoch, die Glaubwürdigkeit wird trotz aller Anfangskonstruktion bis zum Schluss gehalten, und die Kinderrolle ist hervorragend besetzt und in ihrer Charakterzeichnung alles andere als das typische Nervkind in Erwachsenenfilmen.

Es ist naheliegend, wenn einem der ein Jahr später entstandene „Kevin - Allein zu Haus“ in den Sinn kommt. Auch hier wird ein kleiner Junge von einem Verbrecher im eigenen zu Hause attackiert. Auch hier wehrt sich das Kind mit selbst gebauten Fallen. Glaubwürdig bleibt der Film nur deshalb, weil Thomas ohnehin als überdurchschnittlich intelligent dargestellt wird und er einen enormen Heimvorteil in der unübersichtlich großen Villa hat, durch welche der Psycho-Santa stampft.

Nicht erst durch den blinden Großvater, den es zu beschützen gilt, herrscht mit dem Erscheinen des Bösewichts im Haus Hochspannung. Allerdings sorgt diese Komponente für den letzten Schliff, was sich gerade Richtung Finale noch einmal deutlich zeigen darf.

Alles in „3615 code Perè Noel“ (Originaltitel) ist mit Mühe angegangen und fast perfekt umgesetzt. Die Schauspieler sind auf hohem Niveau, die Kamera fängt manch interessante Perspektive ein und spielt ab und an mit dem Zuschauer. Der Haupttrumpf des Streifens bleibt jedoch das rundum gelungene Drehbuch, das sich in vielen Elementen als psychologisch clever erweist.

Das fängt in dem eher simplen, aber nicht zu unterschätzenden, Element an, dass Eltern ihre Kinder mit etwas Gruseligem von Dummheiten abhalten wollen, im Falle von „Deadly Games“ ist dies Mamas Drohung vom zum Monster mutierten Weihnachtsmann. Diese Worte setzen sich im Kopf von Thomas fest, wenn sie sich als wahr erweisen. So darf man am Schluss zurecht fragen, ob der Junge nach diesem Trauma jemals wieder normal werden wird, und was ihm wohl mehr geschadet hat: die Konfrontation mit dem Killer oder der Glaube er sei Schuld an der Bösartigkeit des Geschenkebringers.

Ohnehin zeigt sich die Cleverness des Autors meist in kleinen Bereichen. Thomas' erster Kontakt mit dem Psychopathen über eine Art Chat wird genutzt um zu unterstreichen, dass der Junge keinesfalls unvorsichtig ist. Das Erkennen, dass der Besucher tatsächlich eine Bedrohung ist, wird über einen gnadenlosen Schockmoment präsentiert, in welchem der Hund des Jungen zum ersten Opfer werden darf. Tiere als die ersten Ermordeten im Horrorfilm ist an sich keine Neuheit. Die Art wie und wofür es in René Manzors Film eingesetzt wird, hebt sich jedoch von der üblichen Routine-Zutat ab.

Am deutlichsten wird die Raffinesse des Drehbuchs jedoch in der Charakterzeichnung der zwei aufeinander treffenden Kontrahenten. Während der kleine Thomas für sein Alter schon überraschend erwachsen und clever ist, stellt der Charakter des bösen Santa dessen Gegenteil dar. Er ist für einen erwachsenen Mann unterdurchschnittlich intelligent und noch sehr kindisch. Der Mann kam nicht in die Villa um den Bruch seines Lebens zu machen. Er kam zum Spielen.

Dieses kindliche Verhalten wird bereits gut in der Vorbereitungsphase präsentiert, in welcher der gestörte Mann an einem Kinderspiel teilnehmen möchte, und die Kinder mit dem ihnen viel zu alten Herren nicht spielen wollen. Die Reaktion auf diese Ablehnung zeigt deutlich das Nichtverstehen des enttäuschten Mannes, der sich später im Chat mit Thomas geradezu herausgefordert fühlt.

Glücklicher Weise begann das Drehbuch nun nicht den Fehler beide Hauptfiguren in ihrer Extreme zu überzeichnen. Im kleinen Thomas blitzt trotz all seiner überdurchschnittlichen Gaben noch immer der kleine Junge durch, was sich noch deutlicher als im Glauben an den Weihnachtsmann in seinen kindlich leidenden Augenblicken zeigt. Umgekehrt ist der Erwachsene nie dumm genug, pausenlos auf den ihm körperlich untergebenen Jungen und dessen Fallen hereinzufallen.

Den interessantesten inhaltlichen wie auch charakterlichen Kniff erlebt man wohl in jener Szene, in welcher Santa überraschend den gejagten Thomas erwischt. Ein solcher Moment beweist nicht nur die psychologische Raffinesse seine Charaktere betreffend, sondern auch das gekonnte Spiel mit der Erwartungshaltung des Zuschauers, die ständig auf eine neue Probe gestellt wird.

So bleibt mir nur die Empfehlung auszusprechen, den Mix aus Thriller und Horror mal irgendwann einzuschalten, um diesen ungewöhnlichen Film mit seinem wunderschönen Soundtrack einmal zu sichten. Hinter dem reißerisch und gewöhnlich zugleich klingenden Titel „Deadly Games“, den anbei in ähnlicher Variante so einige Filme tragen, steckt ein wahrer Geheim-Tipp. Im TV trägt er meist den Beititel „Allein gegen den Weihnachtsmann“, so dass er sich dort eigentlich von seinen Namensvettern unterscheiden lässt.  OFDb

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