David ist Abteilungsleiter im Büro einer Firma für Papierhandel.
Einer von zwei Standorten soll geschlossen werden, deshalb schaut
Davids Vorgesetzte dem Chef nun etwas genauer auf die Finger...
Stromberg – Das Original...
Manch einer weiß es noch nicht: "Stromberg" ist das Remake einer britischen Büro-Satire mit dem Namen „The Office“. Im Gegensatz zum amerikanischen Remake hat das Original bisher keine deutsche TV-Veröffentlichung bekommen und führt ein einsames Leben auf dem DVD-Markt, lediglich deutsch untertitelt.
Die Serie ist eine Pseudo-Doku. Ein Kamerateam beobachtet das alltägliche Treiben im Büro einer Papiervertriebsfirma, führt Interviews durch und ist manchmal dann zur Stelle, wenn Mitarbeiter sich unbeobachtet fühlen. Man sieht, das Prinzip ist grundlegend das selbe wie unser „Stromberg“-Erfolg, zunächst auch in der Geschichte, die eingeleitet wird mit einer Rationalisierungssituation. Die Firma hat zwei Betriebe in unterschiedlichen Standorten, eine davon soll geschlossen werden.
Im Gegensatz zur deutschen Interpretation der Erfolgsserie konzentriert sich „The Office“ lediglich zwei Folgen lang auf diese Geschichte und greift sie erst wieder deutlich in der Finalfolge auf. Das klingt nach wenig, macht aber immerhin 50% der Serie aus, besteht sie doch gerade mal aus 6 Folgen.
In diese packte man dann auch so viel rein wie geht, so dass der reichhaltige Humor einem Eisberg gleicht. Die Spitze ist der laute, massentaugliche Humor, den größeren Teil macht die eher unauffällige Komik aus: Mimiken, Gesten, Sprechpausen, Angedeutetes, Nebensätze, selbstverräterische Äußerungen, zunächst banal klingende Informationen, Charaktervertiefungen, Reaktionen, ja sogar Bereiche wie Maske und Setting sind Auslöser für Lacher und Schmunzler.
„The Office“ auf den typisch britischen Humor zu reduzieren, würde dem Niveau dieser Satire nicht gerecht werden. Das wäre das selbe, als würde man "Stromberg" auf die „Der böse Boss“-Nummer reduzieren. Nichts könnte falscher sein.
Wichtig für die Geschichte sind folgende Figuren:
David Brent ist der Chef im Büro (gespielt von Ricky Gervais, der mit dieser Rolle die Hauptrolle spielt, zudem aber auch mit das Drehbuch schrieb, mit Regie führte und mitproduzierte). Vom Arbeitsgeschehen hat er eigentlich keinen blassen Schimmer. Seine Aufgabe sieht er eher als Entertainer. Eine humorvolle Atmosphäre unterstützt das wichtigste Gut einer Firma: seine Mitarbeiter. Brent liegt mit seinem selbstüberschätzten Humor jedoch häufig daneben. Er tut Menschen weh, bringt Gags zur falschen Zeit, ist nicht wirklich witzig, und wenn eine Pointe gegen ihn geht, ist der Humor blitzschnell verschwunden. Brent argumentiert meist mittels Ausreden. Diese widersprechen sich hinten und vorne, was sogar soweit geht, dass eigentliche selbstgenannte Grundprinzipien mit extremen Situationswechseln schneller über Bord sind und das Gegenteil regiert, als man piep sagen kann. Brent hat Probleme mit einer Frau als Vorgesetzte, betrachtet sie auch nicht wirklich als Chef, vertritt vor ihr aber seine im Gegensatz zur Chefin stehende Position zu den Aufgaben eines Chefs. Ohnehin besitzt Brent wesentlich mehr Rückrat als der olle "Stromberg" und weiß immerhin einige Situationen nicht nur per Zufall zu lösen, im Gegensatz zu seiner deutschen Version.
Brents Stellvertreter ist Gareth. Das Büro ist klein, eigentlich wird kein Stellvertreter benötigt, und es gibt den Titel weil es ihn halt gibt. Aber Gareth hält an seiner Position stark fest. Er ist der einzige, der dies ernst nimmt, sieht sich als zweiter Chef, glaubt Sachen zu dürfen die er nicht darf, plappert Brent eigentlich nur alles nach und ist seinem Boss gegenüber lediglich ein Mitläufer ohne Rückrat, was weder für Brent noch für die Arbeitskollegen unübersehbar ist. Gareth selbst hält sich jedoch für einen cleveren Taktiker, glaubt seine charakterlichen Mängel überspielen zu können und verweist gerne auf seine Zeit in der Landwehr, von der er nur allzu gern redet und Kollegen ihn ebenso allzu gern damit aufziehen. Gareth ist die Comicfigur der Serie, ist quasi der britische Ernie (Berthold aus „Stromberg“), wenn auch charakterlich völlig anders konzipiert.
Am Nebentisch von Gareth arbeitet Tim, der des Alltags überdrüssig ist. Seine Arbeit langweilt ihn, er will mehr. Er schafft es sich jedoch nie zu treten, er hat keine Motivation. Dass dies tiefer geht als es klingen mag, zeigt sich allein in der Tatsache dass er mit 30 noch bei seinen Eltern wohnt, selbst zum Auszug konnte er sich bisher nicht motivieren. Das Treiben im Büro und in der Welt sieht Tim gar nicht mal unclever. Hin und wieder gibt er bissige Kommentare ab, die aber wieder jede Wirkung verlieren, wenn noch im selben Satz seine dumme Seite zum Vorschein kommt. Etwas vergleichbar wäre er mit der Spence-Rolle aus „King Of Queens“, lediglich der Grad der Bildung trennt die beiden voneinander. Tim hat optisch etwas vom deutschen Ernie, wirkt eher ungepflegt, aber nicht in der Extreme wie Ernie. Tim weiß nicht was er aus seiner Frisur machen soll, zieht sich schluderig an, ihm fehlt fast jede Form von Lebensenergie. Diese lebt nur in einem Verzweiflungspunkt auf: im Kleinkrieg mit Gareth. Tim und Gareth führen ein dauerhaftes infantiles Gefecht, in der mal der eine und mal der andere die besseren Karten hat. Nur durch den end- und sinnlosen Kampf schafft es Tim den Arbeitsalltag zu überstehen, in einer Arbeit, die kein Talent von ihm fordert, in einem Alltag, der jeden Tag das gleiche ist. Einziger Lichtblick neben diesem Krieg ist seine Zuneigung zur Empfangsdame Dawn. Tim kann ihr jedoch nicht ehrlich gegenüber treten. Der Versuch einer Annäherung endet stets im Leugnen der ursprünglichen Absicht und reiht sich in seinem Erfolg somit der Wohn- und Arbeitssituation ein.
Empfangsdame Dawn ist die einzige Figur in der Serie, die von den Stammmitarbeitern von Anfang an einen Hals auf Brent hat. Sie mag ihre Arbeit ebenfalls nicht, ist seit drei Jahren mit einem fragwürdigen, etwas dominanteren, Mann verlobt, der es liebt Tim zu verarschen. Eigentlich mag Dawn Tim auch, aber sie ist auf etwas devote Art an ihren Verlobten gebunden, warum weiß sie wahrscheinlich auch nicht. Dawn bekommt Brents Treiben aus nächster Nähe mit, ist bei Gesprächen mit Brents Chefin dabei, kann ihren Boss bei fragwürdigen Vorbereitungen beobachten, kurzum: sie hat genug Gründe ihren Boss nicht leiden zu können. Eher still und zwischen den Zeilen gibt sie ihm Konter, denn sie weiß ja, wie schnell aus dem Humoristen ein eingeschnapptes Ekel werden kann, das unter fadenscheinigsten Argumenten Frechheiten ihm gegenüber nicht gut heißt.
Finch kommt nur in zwei Episoden vor, ist aber wichtiger als manche Figur, die in jeder Folge zu sehen ist. Finch ist der beste Freund von Brent, arbeitet aber auch unter ihm. Brent sieht sich als Ebenbild von Finch, der immer als sehr lustig, niveauvoll und intelligent beschrieben wird. Brent hat diese Eigenschaften nicht, sonnt sich aber in Finchs Ruf und projiziert ihn damit auch auf sich. Finch ist jedoch alles andere als das, was man über ihn sagt. Finch lacht, wenn die Komik von seiner Seite kommt. Sein Humor ist primitivster Altherren-Humor. Dreht sich eine Situation gegen ihn wird der Himmel schneller dunkel als man glauben sollte. Finch ist gebildeter als Brent, aber nicht gebildet. Was Finch zu dem macht, was er ist, ist sein aufgepuschtes Selbstbewusstsein und sein Talent gut reden zu können. Das blendet nicht seine eigentlich plumpe Art, er weiß sich jedoch auf dem von ihm gewollten Niveau Respekt zu verschaffen. Gebildete oder zivilisierte Leute schmunzeln freilich über einen Typ wie Finch, aber der gibt sich ohnehin nur mit Menschen ab, die ihn toll finden. Der Rest erntet nur Hohn. Um Finch wird von Anfang an ein riesiger Aufruhr gemacht. In Folge 1 wird erwähnt was für eine Humor- und Saufgranate er sei, in Folge 2 wird sein Charakter vertieft, ohne dass er aktiv vorkommt. Man erfährt etwas über seinen abartigen Humor, über seine Position zum Thema Freundschaft und darüber, wie sehr Brent ihn als Freund braucht, sieht sich dieser in Folge 2 doch nicht einmal in der Lage Finch zu kündigen, obwohl es allen Grund gibt und Brents Chefin dies sogar von ihm fordert. Dass ein ekeliger Charakter wie Finch nicht ohne Erfolge bleibt, die ihn in seiner Art bestätigen, ist klar. Schwache Charaktere beten ihn an, lieben seinen Humor, und wie man Frauen aufreißt weiß der werte Herr auch. Typisch für seinen Charakter ist es selbstverständlich, dass Finch seine Bettgeschichten weitererzählt und etwas ausschmückt, um sich auf diese Art erneut vergöttern zu lassen.
Häufigere Auftritte haben Brents Chefin, die immer wieder schockiert über die Respektlosigkeit Brents ist. Dann gibt es eine junge Frau, die unter dem Schutz Brents steht. Er versprach ihren Eltern auf sie aufzupassen und lässt sie bei sich wohnen. Ein Neuer, geschickt von einer Zeitarbeitsfirma, bekommt innerhalb der Serie mehr Bedeutung als es zunächst den Anschein macht und erweist sich immer wieder als Gegenpart zu Finch. Der Rest kommt entweder für eine Folge vor oder gehört zum Inventar, wenn auch meist mit Sprechszenen versehen.
Gecastet wurde hier jede Figur brillant. Finch, Brent und Gareth sind die drei auffälligsten Figuren, die wohl jeder komisch finden wird. Als besonders gute Schauspieler beweisen sich aber auch die Akteure der Rollen Dawn und Tim. Das hebe ich nur hervor, da sie auf dem ersten Blick etwas untergehen. Gute Schauspieler sind sie alle, egal wie groß oder klein eine Rolle ist. Eine derart perfekte Besetzung sah ich bisher noch selten und kann auch hier wieder nur auf „Stromberg“ verweisen, bei dem in den ersten beiden Staffeln gleiches der Fall war. Tims Rolle ist der Haupteckpfeiler, wenn es darum geht den schwarzen Humor, der die Serie wie ein roter Faden begleitet, so weit zu treiben, dass er so bitterböse wird, dass man nicht mehr lachen kann und die Komik in Tragik umschwenkt. Um Tim gibt es einige stille Szenen, die dieser mit seiner Mimik trotz ihrer Übertreibung realistisch rüberzubringen weiß.
Ein Talent, das auch Regie, Drehbuch und der Restcast beherrschen: Trotz seiner Übertreibungen in Story und Figuren, wirkt „The Office“ lebensnah und griffig. Lediglich Gareth ist eine zu Fleisch gewordene Comicfigur, überzogen gespielt, bis hin zu seiner Art ein Handy zu transportieren ins Lächerliche gezogen und so muss es auch sein. Seine unechte Art ist nicht negativ zu sehen, macht es die Figur Gareth doch zu etwas besonderem. Letztendlich erkennt man auch in Gareth jede Menge Eigenarten aus dem wirklichen Leben, sonst würde diese Übertreibung nicht funktionieren. Gareths Charakter beinhaltet allerhand menschliche Klischees in einer Extreme, wie sie zum Klischeedenken nun einmal dazugehört.
Die Folgen im einzelnen (enthält Spoiler):
Episode 1:
Der Alltag des Betriebs wird gezeigt, ein neuer Mitarbeiter aus einer Zeitarbeitsfirma stößt hinzu und Brent erfährt von den Plänen des Vorstandes einen von zwei Standorten zu schließen.
Die Einführung der Figuren wird gekonnt vorgenommen. Das zeigt sich besonders deutlich in zwei Momenten. Der eine ist Brents Unterhaltung mit Dawn ziemlich zu Anfang der Folge, in der man sofort erfährt was Brent von seinen Vorgesetzten hält, wie Brent sich selber sieht, dass Dawn ihn nicht leiden kann, und das sich der humorvolle Chef blitzschnell als völlig humorlos outet. Das ist viel für eine relativ kurze Unterhaltung und hat den Effekt mit der wichtigsten Figur der Reihe schnell warm zu werden. Der zweite Moment ist der, in dem Brent dem neuen Mitarbeiter sein neues Schaffensgebiet zeigt, bei seiner Führung durchs Büro lediglich unwichtige Punkte anspricht, immer wieder auf den Humor im Büroalltag verweist und nie etwas zu berichten hat, das direkt mit der Arbeit zu tun hat. Selbst das Vorstellen der Kollegen wird lediglich genutzt, um über private Erlebnisse, wie gemeinsame Saufabenteuer oder das Reparieren eines Autos, zu tratschen. Brent hat vom eigentlichen Geschehen im Büro wenig Ahnung, wüsste wahrscheinlich gar nicht, was es da zu erzählen gibt und bringt die Führung irgendwie hinter sich. Dass der Weg zum Ziel, nämlich den Humor über Wissen und Fähigkeit zu stellen, bzw. damit zu blenden, bei Brent meist der gleiche ist, wird durch diese Szene deutlich, unterstützt durch die zuvor erlebte mit Empfangsdame Dawn.
Episode 2:
Brents Chefin kommt zu Besuch, um zu schauen was er seit der Vorstandsmitteilung im Büroalltag verändert hat. Just an diesem Tag geht ein pornographisches Bild um, auf dem Brent veräppelt wird. Brent beauftragt Gareth herauszufinden, wer der Übeltäter war.
Dies ist Gareths große Folge, der während seiner Untersuchung sich durch allerlei Klischees wühlen darf und nun noch mehr als in Folge 1 verdeutlicht, was für ein mieser Charakter er eigentlich ist. Brent hingegen tritt seiner Chefin gegenüber in Fettnäpfchen, die man in der Extreme so früh in der Serie nie erwartet hätte. Das liegt allerdings auch daran, dass man als Deutscher „Stromberg“ im Kopf hat und zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht weiß, dass sich die Geschichte selbst völlig anders entwickelt, als das Remake unseres Landes.
Episode 3:
Das große alljährliche Büroquiz steht an Tims Geburtstag an. Brent und Finch sind das seit 6 Jahren ungeschlagene Gewinnerteam. Der Neue von der Zeitarbeitsfirma erweist sich allerdings als ernster Konkurrent.
Folge 3 entfernt sich von der Situation um die Pläne des Vorstands, präsentiert eine eigentlich unnötige Geschichte, die nicht erzählt werden müsste, nutzt diese aber um bisher Gezeigtes und Angedeutetes zu vertiefen. Mit wichtigster Punkt dürfte die Einführung Finchs sein, um den fast 2 ½ Folgen lang eine Erwartungshaltung aufgebaut wurde, die Finch auch zu erfüllen weiß. Eigentlich noch wichtiger als das Erscheinen dieser Randfigur ist die Vertiefung der Rolle Tim, deren Tragik nun immer deutlicher wird, bis hin zur sehr schwarzhumorigen Schlusspointe. Tims Figur wird unter anderem dadurch so griffig, weil er sich von den angeblich humorvoll gemeinten Angriffen nicht nur runterziehen lässt. Tim beweist hin und wieder Humor, zeigt dass er über sich selbst lachen kann, aber auch, dass er dies ab und an zum Selbstschutz anwendet. Deutlich wird auch erneut seine Liebe zu Dawn, ihre Position zu ihrem Verlobten und dessen zu Tim. Das Treiben rund ums Quiz verstärkt Gareths Charakter in Bezug auf Vorurteile, Fragwürdigkeit und seinem Wunsch auf Anerkennung. Es zeigt Finch von seiner humorlosen, aber auch nicht uncleveren Seite und outet Brent schlussendlich als Schaumschläger, der zwar gerne so intelligent wie Finch wäre, aber nie die richtige Lösung weiß. Zuvor wird diese Wahrheit deutlich, in einem Gespräch mit dem Neuen von der Zeitarbeitsfirma, das über einen Informationsaustausch im Büroalltag mit Brent zu einem persönlichen Kampf Finchs gegen „den Studenten“ wird. Dass dieser die Situation nicht als Kampf oder Kräftemessen versteht ist Tunnelblick-Denker Finch dabei ziemlich egal.
Episode 4:
Ein Seminar steht an, zur Auffrischung der Grundlagen im kaufmännischen Alltag. Brents Unwissenheit hält ihn nicht davon ab, sich stets in den Mittelpunkt zu stellen und den Seminarleiter damit zu nerven, zu verärgern und natürlich im gewissen Sinne zu degradieren.
In Episode 4 wird deutlich, dass Brent im Gegensatz zu „Stromberg“ trotz seiner Unfähigkeit nicht auf dem absteigenden Ast sitzt. Brent besitzt das Talent seine Unfähigkeit zu überspielen, teilweise zu tarnen, oder einfach zu ignorieren, in dem er auf seine Art verdeutlicht wer der Chef ist. Die Momente von Blöße sind kurzfristig. Nie steht das Wackeln seiner Position zur Debatte, nie wird es deutlich genug, um fortan der Bürokasperle für die Mitarbeiter zu sein, wie es, von mir nun etwas übertrieben beschrieben, in der deutschen Serie der Fall war. Brent sieht sich als Entertainer, und das kann er in dieser Folge auf herrlich übertriebene Art auch zeigen. Wie er dies macht, möchte ich nicht verraten, das gehört zu den größten Lachern der Folge und zu einem lang anhaltenden. Der Nebensatz „Er hat sie von zu Hause geholt“ wurde für mich zu einem der besten Witze der Serie und ist ein ideales Beispiel für den Humorbereich, der lediglich angedeutet wird und die Phantasie des Zuschauers zu beflügeln weiß. Wichtig ist in dieser Folge auch das Geschehen rund um Tim. Das Seminar gibt dem ohnehin schon desillusionierten Mann nun endgültig den Ruck zu kündigen, um fortan zu studieren. Im Zuge dieses Willens, sein Leben umkrempeln zu wollen, kommt ihm ein Streit zwischen Dawn und ihrem Verlobten auch sehr gelegen, um sie zu einem Rendezvous einzuladen. Der besagte Streit wird jedoch von jedem im Büro falsch interpretiert. Während die Kollegen glauben, es wäre aus zwischen den Verlobten, ist der Vorfall schlichtweg nur ein Streit. Tims blamabler Versuch vor allen Leuten Dawn einzuladen, führt zu einem erneuten Rückzieher, das Gesagte als lediglich freundschaftlich gemeint haben zu wollen. Auch hier wird Tims Charakter noch einmal bestätigt, während er zeitgleich einen kleinen Wandel und eine Weiterführung erlebt. Großartig sind die Momente zwischen dem Seminarleiter und Brent, ein unausgesprochener Kampf der von Brent auf höchst ungewöhnliche Art ausgeführt wird. Ähnlich wie eine Situation aus Folge 3 empfindet Brents „Gegner“ die Situation jedoch gar nicht als Kampf, und versucht einfach sein Programm durchzuziehen, woran er mehr und mehr an Lust verliert. Brents Versuche das Seminar an sich zu reißen, sorgen immer wieder dazu, dass das Thema nicht eingehalten oder falsch verstanden wird, zunächst im fachlichen Bereich, später in einem völlig unabhängigen. Hervorzuheben ist auch noch das Anwenden eines Lehrfilmes, das dazu genutzt wird Lehrfilme, die 80er Jahre, Elemente kaufmännischer Arbeit und Musikuntermalung in Billigproduktionen zu parodieren. Dies läuft Hand in Hand mit der Vorbereitung zu dem, was sich später, wie oben erwähnt, zur thematischen Entgleisung immer weiter hochschaukeln wird. In meinen Augen ist Folge 4 die beste, natürlich nur im direkten Vergleich.
Episode 5:
Anstatt den Stellenabbau anzugehen, wie es die Chefin wünschte, stellt Brent eine neue Sekretärin ein, die er auch direkt in eine Disco einlädt, in die am besagten Abend die ganzen Mitarbeiter gehen. Dort wird gebaggert bis der Arzt kommt mit unterschiedlichen Erfolgen.
Aus der Situation rund um das Bewerbungsgespräch wird allerhand herausgeholt, eben dadurch dass einer der Bewerber ein Mann und der andere eine attraktive Frau ist. Innerhalb dieser Situation wird auch noch einmal deutlich, wie viel mehr Dawn im Vergleich zu ihren Kollegen mitbekommt, was ihre Haltung Brent gegenüber erneut unterstreicht. Im Gegensatz zu "Stromberg" wird Brent im allgemeinen gemocht, in kleinen Situationen gehasst, aber auch schnell wieder gemocht, wenn auch nur oberflächlich. Deswegen ist es wichtig Dawns anhaltende Antipathie zu ihrem Chef immer wieder zu verdeutlichen. Die aufdringliche Art Brents der neuen Sekretärin gegenüber, wird in der Disco verstärkt, was zunächst kaum möglich scheint, und in einer Extreme endet, wie sie frauenfeindlicher kaum sein könnte. Tims passive Art wird in der Disco ebenso wieder verstärkt, ebenso wie Gareths Rückratlosigkeit. Auch der Kampf zwischen Finch und dem Zeitarbeits-Fuzzi klingt noch einmal an, aus einem Grund, der wie ein kleines Rätsel vorher in die Serie eingebracht wurde. Die junge Dame, die Brent zu behüten hat, hat eine private Beziehung zu einem Mitarbeiter aufgebaut. Büroangestellte wie auch Zuschauer stehen vor der Frage, wer es ist. Auf die Auflösung kann man kommen, beim zweiten Gucken bemerkte ich einige Szenen, die bereits viel früher darauf hinarbeiteten. Ein kleiner Subplot am Rande ist die Situation zwischen Tim und Dawn. Beide werden nicht mehr warm miteinander, seit Tim versucht hat, sie für sich zu gewinnen. Tim streitet dies weiterhin ab, beide versuchen miteinander zu kommunizieren, was nicht nur zwischen den Zeilen für allerhand Komik sorgt, ganz besonders der Teil eines Gesprächsversuches der beiden, in dem es darum geht, gemeinsam bald mal einen trinken zu gehen.
Episode 6:
Brent bekommt das Ergebnis des Vorstandes mitgeteilt, das anders ausfällt als allgemein vermutet. Brent soll befördert werden, dementsprechend wird sein Büro aufgelöst und viele Mitarbeiter werden ihren Job verlieren. Genau an dem Tag steht eine Festlichkeit an. Auf der dafür stattfindende Party kommt selbstverständlich keine gute Laune auf, doch Brent weiß dieses Problem auf seine Art zu lösen.
Wer sich nun noch immer an „Stromberg“ orientiert hat, wird nun endgültig überrascht. „The Office“ handelt nicht vom beruflichen Abstieg eines Mannes, sondern schlichtweg davon, wie man es schaffen kann seinen Job zu halten und Karriere zu machen, ohne eigentlich dafür qualifiziert zu sein. Dass dafür andere ihre Probleme bekommen wurde in der Serie mehrfach deutlich, die Finalfolge geht nun einen Schritt weiter. Aus Benachteiligten oder Diskriminierten werden nun echte Opfer, Menschen die ihren Job verlieren. Wie das ganze endet und warum, soll hier nicht verraten werden, passt aber ungemein zu Brents Charakter. Außerdem wichtig für die Folge ist die Auflösung dessen, was nun mit Tims Kündigung ist. Das Ziel dieses kleinen Subplots schweißt Tim und Dawn freundschaftlich wieder aneinander. Gareth sieht seine Existenz gefährdet, wenn er zukünftig kein Stellvertreter des Chefs mehr sein darf. Wenn er dies nicht ist, was ist er dann? Brent erweist sich in einem Gespräch mit dem frustrierten Exsoldaten als einfühlsam und asozial gleichermaßen. Auf der Party zeigt Gareth schlussendlich, dass er auch anders kann.
Was „The Office“ deutlich von „Stromberg“ unterscheidet sind die Charakterisierung der beiden Chefs (Brent hat Talente, wenn auch keine die ihm seine berufliche Existenzberechtigung gäben, Stromberg hat keinerlei Talente außer wie ein Wasserfall reden zu können) und die Weiterführung des gleichen Ausgangspunktes. The Office“ begleitet keinen Mann beim beruflichen Untergang, die Sendung zeigt nur wie man es schaffen kann eine höhere Position zu halten, ohne die Fähigkeit zu haben den Job im eigentlichen Sinne ausführen zu können. Somit wird nicht nur im Kleinen der gesellschaftskritische Spiegel vorgehalten, sondern auch in dem groben Grundproblem an sich: Erfolg hat nicht mehr der, der fähig ist, sondern der, der weiß sich zu verkaufen. Erstaunlich ist daran, dass Brents Rolle keine Mitläufer-Rolle ist, die sich ewig nach oben einschleimt. Mit einer solchen Haltung schafft man es nur zum Stellvertreter Brents. Es ist schön zu beobachten, dass Brent seine Haltung häufig mit Stellungnahmen unterstreicht, die theoretisch vernünftig, ja sogar vorbildlich klingen, aber doch nur zum Blenden verwendet werden und dem Klischee nach nachgeplappert werden. Hinter seinen Äußerungen steht Brent eigentlich nie. Nicht nur dies wurde für „Stromberg“ übernommen. Selbst kleine Eigenarten der Figur, wie beispielsweise das nervöse Spiel mit der Krawatte, finden bereits in „The Office“ Platz.
Diese Büro-Satire ist mit das beste, was Fernsehen jemals hervorgebracht hat und wirklich jedem zu empfehlen. Überraschender Weise ist der Untertitel nicht störend. Das könnte man schließlich meinen, wenn so viele Witze durch Mimik und Gestik entstehen. Die Texte lesen sich glücklicher Weise schnell, sind deutlich zu erkennen und es gibt immer genügend Zeit auf das Spiel der Akteure zu achten. Mit einem Blick auf „Stromberg“ guckt sich „The Office“ zusätzlich interessant. Um vollkommen in der Serie aufgehen zu können, sollte man sich irgendwann aber von dem Vergleich lösen. Die völlige Andersartigkeit beider Versionen macht immerhin neugierig auf die amerikanische, italienische und französische Version. Wenn diese sich auf ähnliche Art unterscheiden wird es spannend. Denn „The Office“ ist sehr britisch und „Stromberg“ sehr deutsch. Wenn die anderen drei Länder auch nicht nur kopieren, sondern ihre eigene Humorkultur zum wichtigsten Aspekt machen, kann man nur erahnen wie deren Versionen wohl aussehen mögen. OFDb
Im Gegensatz zur deutschen Interpretation der Erfolgsserie konzentriert sich „The Office“ lediglich zwei Folgen lang auf diese Geschichte und greift sie erst wieder deutlich in der Finalfolge auf. Das klingt nach wenig, macht aber immerhin 50% der Serie aus, besteht sie doch gerade mal aus 6 Folgen.
In diese packte man dann auch so viel rein wie geht, so dass der reichhaltige Humor einem Eisberg gleicht. Die Spitze ist der laute, massentaugliche Humor, den größeren Teil macht die eher unauffällige Komik aus: Mimiken, Gesten, Sprechpausen, Angedeutetes, Nebensätze, selbstverräterische Äußerungen, zunächst banal klingende Informationen, Charaktervertiefungen, Reaktionen, ja sogar Bereiche wie Maske und Setting sind Auslöser für Lacher und Schmunzler.
„The Office“ auf den typisch britischen Humor zu reduzieren, würde dem Niveau dieser Satire nicht gerecht werden. Das wäre das selbe, als würde man "Stromberg" auf die „Der böse Boss“-Nummer reduzieren. Nichts könnte falscher sein.
Wichtig für die Geschichte sind folgende Figuren:
David Brent ist der Chef im Büro (gespielt von Ricky Gervais, der mit dieser Rolle die Hauptrolle spielt, zudem aber auch mit das Drehbuch schrieb, mit Regie führte und mitproduzierte). Vom Arbeitsgeschehen hat er eigentlich keinen blassen Schimmer. Seine Aufgabe sieht er eher als Entertainer. Eine humorvolle Atmosphäre unterstützt das wichtigste Gut einer Firma: seine Mitarbeiter. Brent liegt mit seinem selbstüberschätzten Humor jedoch häufig daneben. Er tut Menschen weh, bringt Gags zur falschen Zeit, ist nicht wirklich witzig, und wenn eine Pointe gegen ihn geht, ist der Humor blitzschnell verschwunden. Brent argumentiert meist mittels Ausreden. Diese widersprechen sich hinten und vorne, was sogar soweit geht, dass eigentliche selbstgenannte Grundprinzipien mit extremen Situationswechseln schneller über Bord sind und das Gegenteil regiert, als man piep sagen kann. Brent hat Probleme mit einer Frau als Vorgesetzte, betrachtet sie auch nicht wirklich als Chef, vertritt vor ihr aber seine im Gegensatz zur Chefin stehende Position zu den Aufgaben eines Chefs. Ohnehin besitzt Brent wesentlich mehr Rückrat als der olle "Stromberg" und weiß immerhin einige Situationen nicht nur per Zufall zu lösen, im Gegensatz zu seiner deutschen Version.
Brents Stellvertreter ist Gareth. Das Büro ist klein, eigentlich wird kein Stellvertreter benötigt, und es gibt den Titel weil es ihn halt gibt. Aber Gareth hält an seiner Position stark fest. Er ist der einzige, der dies ernst nimmt, sieht sich als zweiter Chef, glaubt Sachen zu dürfen die er nicht darf, plappert Brent eigentlich nur alles nach und ist seinem Boss gegenüber lediglich ein Mitläufer ohne Rückrat, was weder für Brent noch für die Arbeitskollegen unübersehbar ist. Gareth selbst hält sich jedoch für einen cleveren Taktiker, glaubt seine charakterlichen Mängel überspielen zu können und verweist gerne auf seine Zeit in der Landwehr, von der er nur allzu gern redet und Kollegen ihn ebenso allzu gern damit aufziehen. Gareth ist die Comicfigur der Serie, ist quasi der britische Ernie (Berthold aus „Stromberg“), wenn auch charakterlich völlig anders konzipiert.
Am Nebentisch von Gareth arbeitet Tim, der des Alltags überdrüssig ist. Seine Arbeit langweilt ihn, er will mehr. Er schafft es sich jedoch nie zu treten, er hat keine Motivation. Dass dies tiefer geht als es klingen mag, zeigt sich allein in der Tatsache dass er mit 30 noch bei seinen Eltern wohnt, selbst zum Auszug konnte er sich bisher nicht motivieren. Das Treiben im Büro und in der Welt sieht Tim gar nicht mal unclever. Hin und wieder gibt er bissige Kommentare ab, die aber wieder jede Wirkung verlieren, wenn noch im selben Satz seine dumme Seite zum Vorschein kommt. Etwas vergleichbar wäre er mit der Spence-Rolle aus „King Of Queens“, lediglich der Grad der Bildung trennt die beiden voneinander. Tim hat optisch etwas vom deutschen Ernie, wirkt eher ungepflegt, aber nicht in der Extreme wie Ernie. Tim weiß nicht was er aus seiner Frisur machen soll, zieht sich schluderig an, ihm fehlt fast jede Form von Lebensenergie. Diese lebt nur in einem Verzweiflungspunkt auf: im Kleinkrieg mit Gareth. Tim und Gareth führen ein dauerhaftes infantiles Gefecht, in der mal der eine und mal der andere die besseren Karten hat. Nur durch den end- und sinnlosen Kampf schafft es Tim den Arbeitsalltag zu überstehen, in einer Arbeit, die kein Talent von ihm fordert, in einem Alltag, der jeden Tag das gleiche ist. Einziger Lichtblick neben diesem Krieg ist seine Zuneigung zur Empfangsdame Dawn. Tim kann ihr jedoch nicht ehrlich gegenüber treten. Der Versuch einer Annäherung endet stets im Leugnen der ursprünglichen Absicht und reiht sich in seinem Erfolg somit der Wohn- und Arbeitssituation ein.
Empfangsdame Dawn ist die einzige Figur in der Serie, die von den Stammmitarbeitern von Anfang an einen Hals auf Brent hat. Sie mag ihre Arbeit ebenfalls nicht, ist seit drei Jahren mit einem fragwürdigen, etwas dominanteren, Mann verlobt, der es liebt Tim zu verarschen. Eigentlich mag Dawn Tim auch, aber sie ist auf etwas devote Art an ihren Verlobten gebunden, warum weiß sie wahrscheinlich auch nicht. Dawn bekommt Brents Treiben aus nächster Nähe mit, ist bei Gesprächen mit Brents Chefin dabei, kann ihren Boss bei fragwürdigen Vorbereitungen beobachten, kurzum: sie hat genug Gründe ihren Boss nicht leiden zu können. Eher still und zwischen den Zeilen gibt sie ihm Konter, denn sie weiß ja, wie schnell aus dem Humoristen ein eingeschnapptes Ekel werden kann, das unter fadenscheinigsten Argumenten Frechheiten ihm gegenüber nicht gut heißt.
Finch kommt nur in zwei Episoden vor, ist aber wichtiger als manche Figur, die in jeder Folge zu sehen ist. Finch ist der beste Freund von Brent, arbeitet aber auch unter ihm. Brent sieht sich als Ebenbild von Finch, der immer als sehr lustig, niveauvoll und intelligent beschrieben wird. Brent hat diese Eigenschaften nicht, sonnt sich aber in Finchs Ruf und projiziert ihn damit auch auf sich. Finch ist jedoch alles andere als das, was man über ihn sagt. Finch lacht, wenn die Komik von seiner Seite kommt. Sein Humor ist primitivster Altherren-Humor. Dreht sich eine Situation gegen ihn wird der Himmel schneller dunkel als man glauben sollte. Finch ist gebildeter als Brent, aber nicht gebildet. Was Finch zu dem macht, was er ist, ist sein aufgepuschtes Selbstbewusstsein und sein Talent gut reden zu können. Das blendet nicht seine eigentlich plumpe Art, er weiß sich jedoch auf dem von ihm gewollten Niveau Respekt zu verschaffen. Gebildete oder zivilisierte Leute schmunzeln freilich über einen Typ wie Finch, aber der gibt sich ohnehin nur mit Menschen ab, die ihn toll finden. Der Rest erntet nur Hohn. Um Finch wird von Anfang an ein riesiger Aufruhr gemacht. In Folge 1 wird erwähnt was für eine Humor- und Saufgranate er sei, in Folge 2 wird sein Charakter vertieft, ohne dass er aktiv vorkommt. Man erfährt etwas über seinen abartigen Humor, über seine Position zum Thema Freundschaft und darüber, wie sehr Brent ihn als Freund braucht, sieht sich dieser in Folge 2 doch nicht einmal in der Lage Finch zu kündigen, obwohl es allen Grund gibt und Brents Chefin dies sogar von ihm fordert. Dass ein ekeliger Charakter wie Finch nicht ohne Erfolge bleibt, die ihn in seiner Art bestätigen, ist klar. Schwache Charaktere beten ihn an, lieben seinen Humor, und wie man Frauen aufreißt weiß der werte Herr auch. Typisch für seinen Charakter ist es selbstverständlich, dass Finch seine Bettgeschichten weitererzählt und etwas ausschmückt, um sich auf diese Art erneut vergöttern zu lassen.
Häufigere Auftritte haben Brents Chefin, die immer wieder schockiert über die Respektlosigkeit Brents ist. Dann gibt es eine junge Frau, die unter dem Schutz Brents steht. Er versprach ihren Eltern auf sie aufzupassen und lässt sie bei sich wohnen. Ein Neuer, geschickt von einer Zeitarbeitsfirma, bekommt innerhalb der Serie mehr Bedeutung als es zunächst den Anschein macht und erweist sich immer wieder als Gegenpart zu Finch. Der Rest kommt entweder für eine Folge vor oder gehört zum Inventar, wenn auch meist mit Sprechszenen versehen.
Gecastet wurde hier jede Figur brillant. Finch, Brent und Gareth sind die drei auffälligsten Figuren, die wohl jeder komisch finden wird. Als besonders gute Schauspieler beweisen sich aber auch die Akteure der Rollen Dawn und Tim. Das hebe ich nur hervor, da sie auf dem ersten Blick etwas untergehen. Gute Schauspieler sind sie alle, egal wie groß oder klein eine Rolle ist. Eine derart perfekte Besetzung sah ich bisher noch selten und kann auch hier wieder nur auf „Stromberg“ verweisen, bei dem in den ersten beiden Staffeln gleiches der Fall war. Tims Rolle ist der Haupteckpfeiler, wenn es darum geht den schwarzen Humor, der die Serie wie ein roter Faden begleitet, so weit zu treiben, dass er so bitterböse wird, dass man nicht mehr lachen kann und die Komik in Tragik umschwenkt. Um Tim gibt es einige stille Szenen, die dieser mit seiner Mimik trotz ihrer Übertreibung realistisch rüberzubringen weiß.
Ein Talent, das auch Regie, Drehbuch und der Restcast beherrschen: Trotz seiner Übertreibungen in Story und Figuren, wirkt „The Office“ lebensnah und griffig. Lediglich Gareth ist eine zu Fleisch gewordene Comicfigur, überzogen gespielt, bis hin zu seiner Art ein Handy zu transportieren ins Lächerliche gezogen und so muss es auch sein. Seine unechte Art ist nicht negativ zu sehen, macht es die Figur Gareth doch zu etwas besonderem. Letztendlich erkennt man auch in Gareth jede Menge Eigenarten aus dem wirklichen Leben, sonst würde diese Übertreibung nicht funktionieren. Gareths Charakter beinhaltet allerhand menschliche Klischees in einer Extreme, wie sie zum Klischeedenken nun einmal dazugehört.
Die Folgen im einzelnen (enthält Spoiler):
Episode 1:
Der Alltag des Betriebs wird gezeigt, ein neuer Mitarbeiter aus einer Zeitarbeitsfirma stößt hinzu und Brent erfährt von den Plänen des Vorstandes einen von zwei Standorten zu schließen.
Die Einführung der Figuren wird gekonnt vorgenommen. Das zeigt sich besonders deutlich in zwei Momenten. Der eine ist Brents Unterhaltung mit Dawn ziemlich zu Anfang der Folge, in der man sofort erfährt was Brent von seinen Vorgesetzten hält, wie Brent sich selber sieht, dass Dawn ihn nicht leiden kann, und das sich der humorvolle Chef blitzschnell als völlig humorlos outet. Das ist viel für eine relativ kurze Unterhaltung und hat den Effekt mit der wichtigsten Figur der Reihe schnell warm zu werden. Der zweite Moment ist der, in dem Brent dem neuen Mitarbeiter sein neues Schaffensgebiet zeigt, bei seiner Führung durchs Büro lediglich unwichtige Punkte anspricht, immer wieder auf den Humor im Büroalltag verweist und nie etwas zu berichten hat, das direkt mit der Arbeit zu tun hat. Selbst das Vorstellen der Kollegen wird lediglich genutzt, um über private Erlebnisse, wie gemeinsame Saufabenteuer oder das Reparieren eines Autos, zu tratschen. Brent hat vom eigentlichen Geschehen im Büro wenig Ahnung, wüsste wahrscheinlich gar nicht, was es da zu erzählen gibt und bringt die Führung irgendwie hinter sich. Dass der Weg zum Ziel, nämlich den Humor über Wissen und Fähigkeit zu stellen, bzw. damit zu blenden, bei Brent meist der gleiche ist, wird durch diese Szene deutlich, unterstützt durch die zuvor erlebte mit Empfangsdame Dawn.
Episode 2:
Brents Chefin kommt zu Besuch, um zu schauen was er seit der Vorstandsmitteilung im Büroalltag verändert hat. Just an diesem Tag geht ein pornographisches Bild um, auf dem Brent veräppelt wird. Brent beauftragt Gareth herauszufinden, wer der Übeltäter war.
Dies ist Gareths große Folge, der während seiner Untersuchung sich durch allerlei Klischees wühlen darf und nun noch mehr als in Folge 1 verdeutlicht, was für ein mieser Charakter er eigentlich ist. Brent hingegen tritt seiner Chefin gegenüber in Fettnäpfchen, die man in der Extreme so früh in der Serie nie erwartet hätte. Das liegt allerdings auch daran, dass man als Deutscher „Stromberg“ im Kopf hat und zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht weiß, dass sich die Geschichte selbst völlig anders entwickelt, als das Remake unseres Landes.
Episode 3:
Das große alljährliche Büroquiz steht an Tims Geburtstag an. Brent und Finch sind das seit 6 Jahren ungeschlagene Gewinnerteam. Der Neue von der Zeitarbeitsfirma erweist sich allerdings als ernster Konkurrent.
Folge 3 entfernt sich von der Situation um die Pläne des Vorstands, präsentiert eine eigentlich unnötige Geschichte, die nicht erzählt werden müsste, nutzt diese aber um bisher Gezeigtes und Angedeutetes zu vertiefen. Mit wichtigster Punkt dürfte die Einführung Finchs sein, um den fast 2 ½ Folgen lang eine Erwartungshaltung aufgebaut wurde, die Finch auch zu erfüllen weiß. Eigentlich noch wichtiger als das Erscheinen dieser Randfigur ist die Vertiefung der Rolle Tim, deren Tragik nun immer deutlicher wird, bis hin zur sehr schwarzhumorigen Schlusspointe. Tims Figur wird unter anderem dadurch so griffig, weil er sich von den angeblich humorvoll gemeinten Angriffen nicht nur runterziehen lässt. Tim beweist hin und wieder Humor, zeigt dass er über sich selbst lachen kann, aber auch, dass er dies ab und an zum Selbstschutz anwendet. Deutlich wird auch erneut seine Liebe zu Dawn, ihre Position zu ihrem Verlobten und dessen zu Tim. Das Treiben rund ums Quiz verstärkt Gareths Charakter in Bezug auf Vorurteile, Fragwürdigkeit und seinem Wunsch auf Anerkennung. Es zeigt Finch von seiner humorlosen, aber auch nicht uncleveren Seite und outet Brent schlussendlich als Schaumschläger, der zwar gerne so intelligent wie Finch wäre, aber nie die richtige Lösung weiß. Zuvor wird diese Wahrheit deutlich, in einem Gespräch mit dem Neuen von der Zeitarbeitsfirma, das über einen Informationsaustausch im Büroalltag mit Brent zu einem persönlichen Kampf Finchs gegen „den Studenten“ wird. Dass dieser die Situation nicht als Kampf oder Kräftemessen versteht ist Tunnelblick-Denker Finch dabei ziemlich egal.
Episode 4:
Ein Seminar steht an, zur Auffrischung der Grundlagen im kaufmännischen Alltag. Brents Unwissenheit hält ihn nicht davon ab, sich stets in den Mittelpunkt zu stellen und den Seminarleiter damit zu nerven, zu verärgern und natürlich im gewissen Sinne zu degradieren.
In Episode 4 wird deutlich, dass Brent im Gegensatz zu „Stromberg“ trotz seiner Unfähigkeit nicht auf dem absteigenden Ast sitzt. Brent besitzt das Talent seine Unfähigkeit zu überspielen, teilweise zu tarnen, oder einfach zu ignorieren, in dem er auf seine Art verdeutlicht wer der Chef ist. Die Momente von Blöße sind kurzfristig. Nie steht das Wackeln seiner Position zur Debatte, nie wird es deutlich genug, um fortan der Bürokasperle für die Mitarbeiter zu sein, wie es, von mir nun etwas übertrieben beschrieben, in der deutschen Serie der Fall war. Brent sieht sich als Entertainer, und das kann er in dieser Folge auf herrlich übertriebene Art auch zeigen. Wie er dies macht, möchte ich nicht verraten, das gehört zu den größten Lachern der Folge und zu einem lang anhaltenden. Der Nebensatz „Er hat sie von zu Hause geholt“ wurde für mich zu einem der besten Witze der Serie und ist ein ideales Beispiel für den Humorbereich, der lediglich angedeutet wird und die Phantasie des Zuschauers zu beflügeln weiß. Wichtig ist in dieser Folge auch das Geschehen rund um Tim. Das Seminar gibt dem ohnehin schon desillusionierten Mann nun endgültig den Ruck zu kündigen, um fortan zu studieren. Im Zuge dieses Willens, sein Leben umkrempeln zu wollen, kommt ihm ein Streit zwischen Dawn und ihrem Verlobten auch sehr gelegen, um sie zu einem Rendezvous einzuladen. Der besagte Streit wird jedoch von jedem im Büro falsch interpretiert. Während die Kollegen glauben, es wäre aus zwischen den Verlobten, ist der Vorfall schlichtweg nur ein Streit. Tims blamabler Versuch vor allen Leuten Dawn einzuladen, führt zu einem erneuten Rückzieher, das Gesagte als lediglich freundschaftlich gemeint haben zu wollen. Auch hier wird Tims Charakter noch einmal bestätigt, während er zeitgleich einen kleinen Wandel und eine Weiterführung erlebt. Großartig sind die Momente zwischen dem Seminarleiter und Brent, ein unausgesprochener Kampf der von Brent auf höchst ungewöhnliche Art ausgeführt wird. Ähnlich wie eine Situation aus Folge 3 empfindet Brents „Gegner“ die Situation jedoch gar nicht als Kampf, und versucht einfach sein Programm durchzuziehen, woran er mehr und mehr an Lust verliert. Brents Versuche das Seminar an sich zu reißen, sorgen immer wieder dazu, dass das Thema nicht eingehalten oder falsch verstanden wird, zunächst im fachlichen Bereich, später in einem völlig unabhängigen. Hervorzuheben ist auch noch das Anwenden eines Lehrfilmes, das dazu genutzt wird Lehrfilme, die 80er Jahre, Elemente kaufmännischer Arbeit und Musikuntermalung in Billigproduktionen zu parodieren. Dies läuft Hand in Hand mit der Vorbereitung zu dem, was sich später, wie oben erwähnt, zur thematischen Entgleisung immer weiter hochschaukeln wird. In meinen Augen ist Folge 4 die beste, natürlich nur im direkten Vergleich.
Episode 5:
Anstatt den Stellenabbau anzugehen, wie es die Chefin wünschte, stellt Brent eine neue Sekretärin ein, die er auch direkt in eine Disco einlädt, in die am besagten Abend die ganzen Mitarbeiter gehen. Dort wird gebaggert bis der Arzt kommt mit unterschiedlichen Erfolgen.
Aus der Situation rund um das Bewerbungsgespräch wird allerhand herausgeholt, eben dadurch dass einer der Bewerber ein Mann und der andere eine attraktive Frau ist. Innerhalb dieser Situation wird auch noch einmal deutlich, wie viel mehr Dawn im Vergleich zu ihren Kollegen mitbekommt, was ihre Haltung Brent gegenüber erneut unterstreicht. Im Gegensatz zu "Stromberg" wird Brent im allgemeinen gemocht, in kleinen Situationen gehasst, aber auch schnell wieder gemocht, wenn auch nur oberflächlich. Deswegen ist es wichtig Dawns anhaltende Antipathie zu ihrem Chef immer wieder zu verdeutlichen. Die aufdringliche Art Brents der neuen Sekretärin gegenüber, wird in der Disco verstärkt, was zunächst kaum möglich scheint, und in einer Extreme endet, wie sie frauenfeindlicher kaum sein könnte. Tims passive Art wird in der Disco ebenso wieder verstärkt, ebenso wie Gareths Rückratlosigkeit. Auch der Kampf zwischen Finch und dem Zeitarbeits-Fuzzi klingt noch einmal an, aus einem Grund, der wie ein kleines Rätsel vorher in die Serie eingebracht wurde. Die junge Dame, die Brent zu behüten hat, hat eine private Beziehung zu einem Mitarbeiter aufgebaut. Büroangestellte wie auch Zuschauer stehen vor der Frage, wer es ist. Auf die Auflösung kann man kommen, beim zweiten Gucken bemerkte ich einige Szenen, die bereits viel früher darauf hinarbeiteten. Ein kleiner Subplot am Rande ist die Situation zwischen Tim und Dawn. Beide werden nicht mehr warm miteinander, seit Tim versucht hat, sie für sich zu gewinnen. Tim streitet dies weiterhin ab, beide versuchen miteinander zu kommunizieren, was nicht nur zwischen den Zeilen für allerhand Komik sorgt, ganz besonders der Teil eines Gesprächsversuches der beiden, in dem es darum geht, gemeinsam bald mal einen trinken zu gehen.
Episode 6:
Brent bekommt das Ergebnis des Vorstandes mitgeteilt, das anders ausfällt als allgemein vermutet. Brent soll befördert werden, dementsprechend wird sein Büro aufgelöst und viele Mitarbeiter werden ihren Job verlieren. Genau an dem Tag steht eine Festlichkeit an. Auf der dafür stattfindende Party kommt selbstverständlich keine gute Laune auf, doch Brent weiß dieses Problem auf seine Art zu lösen.
Wer sich nun noch immer an „Stromberg“ orientiert hat, wird nun endgültig überrascht. „The Office“ handelt nicht vom beruflichen Abstieg eines Mannes, sondern schlichtweg davon, wie man es schaffen kann seinen Job zu halten und Karriere zu machen, ohne eigentlich dafür qualifiziert zu sein. Dass dafür andere ihre Probleme bekommen wurde in der Serie mehrfach deutlich, die Finalfolge geht nun einen Schritt weiter. Aus Benachteiligten oder Diskriminierten werden nun echte Opfer, Menschen die ihren Job verlieren. Wie das ganze endet und warum, soll hier nicht verraten werden, passt aber ungemein zu Brents Charakter. Außerdem wichtig für die Folge ist die Auflösung dessen, was nun mit Tims Kündigung ist. Das Ziel dieses kleinen Subplots schweißt Tim und Dawn freundschaftlich wieder aneinander. Gareth sieht seine Existenz gefährdet, wenn er zukünftig kein Stellvertreter des Chefs mehr sein darf. Wenn er dies nicht ist, was ist er dann? Brent erweist sich in einem Gespräch mit dem frustrierten Exsoldaten als einfühlsam und asozial gleichermaßen. Auf der Party zeigt Gareth schlussendlich, dass er auch anders kann.
Was „The Office“ deutlich von „Stromberg“ unterscheidet sind die Charakterisierung der beiden Chefs (Brent hat Talente, wenn auch keine die ihm seine berufliche Existenzberechtigung gäben, Stromberg hat keinerlei Talente außer wie ein Wasserfall reden zu können) und die Weiterführung des gleichen Ausgangspunktes. The Office“ begleitet keinen Mann beim beruflichen Untergang, die Sendung zeigt nur wie man es schaffen kann eine höhere Position zu halten, ohne die Fähigkeit zu haben den Job im eigentlichen Sinne ausführen zu können. Somit wird nicht nur im Kleinen der gesellschaftskritische Spiegel vorgehalten, sondern auch in dem groben Grundproblem an sich: Erfolg hat nicht mehr der, der fähig ist, sondern der, der weiß sich zu verkaufen. Erstaunlich ist daran, dass Brents Rolle keine Mitläufer-Rolle ist, die sich ewig nach oben einschleimt. Mit einer solchen Haltung schafft man es nur zum Stellvertreter Brents. Es ist schön zu beobachten, dass Brent seine Haltung häufig mit Stellungnahmen unterstreicht, die theoretisch vernünftig, ja sogar vorbildlich klingen, aber doch nur zum Blenden verwendet werden und dem Klischee nach nachgeplappert werden. Hinter seinen Äußerungen steht Brent eigentlich nie. Nicht nur dies wurde für „Stromberg“ übernommen. Selbst kleine Eigenarten der Figur, wie beispielsweise das nervöse Spiel mit der Krawatte, finden bereits in „The Office“ Platz.
Diese Büro-Satire ist mit das beste, was Fernsehen jemals hervorgebracht hat und wirklich jedem zu empfehlen. Überraschender Weise ist der Untertitel nicht störend. Das könnte man schließlich meinen, wenn so viele Witze durch Mimik und Gestik entstehen. Die Texte lesen sich glücklicher Weise schnell, sind deutlich zu erkennen und es gibt immer genügend Zeit auf das Spiel der Akteure zu achten. Mit einem Blick auf „Stromberg“ guckt sich „The Office“ zusätzlich interessant. Um vollkommen in der Serie aufgehen zu können, sollte man sich irgendwann aber von dem Vergleich lösen. Die völlige Andersartigkeit beider Versionen macht immerhin neugierig auf die amerikanische, italienische und französische Version. Wenn diese sich auf ähnliche Art unterscheiden wird es spannend. Denn „The Office“ ist sehr britisch und „Stromberg“ sehr deutsch. Wenn die anderen drei Länder auch nicht nur kopieren, sondern ihre eigene Humorkultur zum wichtigsten Aspekt machen, kann man nur erahnen wie deren Versionen wohl aussehen mögen. OFDb
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