08.12.2012

HOTEL (2004)

Irene tritt ihren neuen Job in einem abgelegenen Hotel an. Die Außenseiterin knüpft nur sehr zögerlich Kontakte. Nachdem ein Einheimischer ihr ominöse Geschichten über den an das Hotel angrenzenden Wald erzählen, wird Irene neugierig was eigentlich aus ihrer Vorgängerin geworden ist, die scheinbar einfach urplötzlich verschwunden ist...

Die Angst in Dir...
 
Dieser Ausnahmefilm spielt mit einer hervorragenden Idee. Er serviert dem Zuschauer eine völlig nüchterne Bildaneinanderreihung, die im groben eine, oberflächlich betrachtet, schlichte Geschichte erzählt. Die Wirkung der Bilder assoziiert der Zuschauer mit dem Gefühl von Grusel oder Spannung, ohne dass im Film-typischen Sinne diese Art der Atmosphäre bewusst eingefangen wird. In der Geschichte wird nur hin und wieder die Legende einer im Wald hausenden Hexe erwähnt, der Rest liegt beim Zuschauer selbst.

Dass eine gruselige Wirkung einsetzt verwundert in sofern, als dass die Bilder sehr steril eingefangen sind, selbst der Wald. So fern ich mich richtig erinnere wird auch nie künstlich Musik eingespielt, es ist schon einige Zeit her, dass ich den Film sah. Mit dem was „Hotel“ auf seine experimentelle Art versucht, kann man ihn ganz klar dem Bereich des Kunstfilms zuordnen. Trotz der Hexenthematik ist dies also kein reines Werk für den Horrorfan. Dieser wird sich wohl eher gelangweilt wegdrehen.

Schon „The Blair Witch Project“ spaltete damals bereits die Zuschauer. Die einen fanden ihn höllisch gruselig, andere verfolgten gelangweilt die botanischen Bilder. Dieser arbeitete aber immerhin mit Gruseleffekten, „Hotel“ zeigt uns lediglich Bilder, präsentiert wenige Dialoge und arbeitet viel mit Stille. Wer den äußeren Knalleffekt und das geistige Abschalten für Spaß am Gruseln benötigt ist hier noch mehr fehl am Platz als bei „Blair Witch“. Wer genug Phantasie besitzt den Horror in sich selbst entstehen zu lassen ist hier richtig.

Hauptdarstellerin Franziska Weisz spielt eine sozial inkompetente Person, die falsche Höflichkeit ausstrahlt und damit perfekt ins Hotelgewerbe passt. Ihre Darstellung ist ebenso steril wie das komplette Werk, sie ist so aalglatt und seelenlos, dass man sich nur wenig mit ihr identifiziert, nämlich nur in den besonders unbehaglichen Situationen, in denen man glaubt gleich passiere etwas.

Wo „Blair Witch“ zum Ende inhaltlich doch etwas präsentiert, blendet „Hotel“ nach einem schlicht inszenierten Schlussmoment einfach aus. Mit dem was am Schluss passiert, und das hier nicht verraten werden soll, hält das fertige Werk der Gesellschaft perfekt den Spiegel vor. Woher kommt die eigentliche Angst? Angst vor einer Hexe? Wohl kaum! Das Hotel ist der ideale Ort um zu zeigen wie falsch und verlogen vieles in der Welt ist. Es ist ein fremder, falscher Ort, für die Gäste ebenso wie für die Mitarbeiter. Und das uns in diesem Film präsentierte Hotel ist zudem ein besonders biederes.

Das Leben in einer an sich befremdlichen Welt und die Gefahr jederzeit ausgetauscht werden zu können, die Möglichkeit sich seiner Isolation bewusst zu werden, all das sind die Dinge im Leben, vor denen man wirklich Angst haben kann, vielleicht sogar sollte. Die Legende um Hexen, die Filme im Gruselbereich, die spannenden Bücher, all das ist nur der Katalysator zum Ausleben dieses Unwohlseins.

„Hotel“ arbeitet dies genial heraus. Letztendlich muss sich der Zuschauer mit der Frage befassen, warum er diese Bildabfolge so gruselig fand, wenn doch eigentlich nichts gruseliges passiert ist. Es geht im Film weniger darum was das Werk uns erzählt, sondern viel mehr um das was wir über uns selbst erfahren. Eine solche intellektuelle Erfahrung ist sicherlich nicht jedermanns Sache.

Mir hat der Film mit seiner Wirkung zwar gut gefallen, letztendlich ist der Unterhaltungsgrad selbst aber gering, da das ganze sehr nüchtern umgesetzt ist. Eigentlich bin ich mehr der Typ Filmzuschauer, der unterhalten werden will (ob auf trivialer oder anspruchsvoller Ebene, das wechselt). So löblich und künstlerisch wertvoll das fertige Werk auch ist, rein vom Erzählwert ist er mir eine Spur zu dünn, trotz psychologischer Fülle. Seiner Faszination konnte ich mich dennoch nicht entziehen.  OFDb

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