19.01.2013

TANZ DER TOTENKÖPFE (1973)

Ein Physiker wird zusammen mit zwei Medien beauftragt ein Spukhaus zu erforschen, in dem es des öfteren zu ominösen Todesfällen kam. Im Gegensatz zu seinen beiden Begleitern glaubt der Wissenschaftler jedoch nicht an spukende tote Menschen...

Paranormale Wissenschaft...
 
Betrachtet man sich den Spuk-Horror „Tanz der Totenköpfe“ kommt man nicht umhin einen Blick auf den 10 Jahre zuvor entstandenen „Bis das Blut gefriert“ zu werfen, dessen erste Parallele bereits der Name des Hauses ist. War es 1963 dort Hill House, so ist es hier Hell House. Außerdem erforscht in beiden Filmen wer wissenschaftlich Interessiertes den Ursprung des Spuk, jeweils in Begleitung der Lebensgefährtin und jeweils zusammen mit Experten des Paranormalen (inklusive eines Mediums).

„Tanz der Totenköpfe“ ist trotz all dieser Parallelen weder eine direkte noch eine indirekte Neuverfilmung des Klassikers von 1963, basiert er doch selbst auf einer literarischen Vorlage, die gerade mal 3 Jahre zuvor, und somit 7 Jahre nach „Bis das Blut gefriert“, erschienen ist. Auch wenn der Schriftsteller dort manch eigenen Weg beschreitet, so kann man bei der dichten Verwandtschaft der Stoffe zumindest stark davon ausgehen, dass der gute Mann von dem erfolgreichen US-Film zu seiner Publikation inspiriert wurde.

Vergleicht man beide Filme in ihrer Wirkung, so zieht „Tanz der Totenköpfe“ vom Grusel-Faktor her den kürzeren, war sein Vorgänger doch ein extremst unheimlicher Film mit relativ zurückhaltender Handlung und wenigen Spezialeffekten, wohingegen das hier besprochene Werk und dessen Romanvorlage eher auf Aktionen bauen. Der Spezialeffekte gibt es viele und somit der Gruselwirkung um so weniger. Houghs Horrorbeitrag verängstigt den Zuschauer nicht. Im Gegensatz zu „Das Geisterschloss“ von 1999, der Neuverfilmung des Vergleichsfilmes, die ebenfalls verstärkt auf Effekte baute, schafft Regisseur Hough es jedoch eine dichte, spannungsgeladene Atmosphäre aufzubauen und einen somit sehr wohl in den Bann seiner Erzählung zu ziehen.

„The Legend Of Hell House“ (Originaltitel) mag einem keine unruhigen Nächte bescheren, mit Ausnahme zartbesaiteter Zuschauer, aber er weiß auf spannender Ebene zu unterhalten. Im Gegensatz zu „Bis das Blut gefriert“ erforscht der Physiker hier tatsächlich auf wissenschaftlicher Ebene den Spukhintergrund. Die Protagonisten erleben nicht nur, sie forschen und sie analysieren und kombinieren. Das macht ein jeder auf seine ganz eigene Weise, aber diese Handlungen werden nicht nur, wie gerne üblich, dem Wissenschaftler zugeschrieben, sondern auch jeder anderen beteiligten Person des Projektes.

Diese streifen zwar alle ihr Klischee, aber sie wirken individuell genug um sich mit ihnen zu befassen und im besten Fall gar mit ihnen mitfiebern zu können. Das hilft über manche inhaltliche Schwäche hinweg, gerade gegen Ende, diesbezüglich fällt jedoch am ehesten der Anfang des Streifens auf, also ein Moment im Film, der noch nicht von den Figuren aufgefangen werden kann. Im Schnellverfahren wird die Einleitung abgehandelt, schlecht inszeniert, da den Zuschauer nicht wirklich teilhaben lassend, und da darf man zunächst erst einmal kritisch weiter zuschauen bis man irgendwann merkt, dass der Anfang entschlackt wurde, damit der Hauptkern der Geschichte etwas mehr Zeit beschert bekommt.

Dennoch wird der Zuschauer nicht hingehalten. Dass es hier tatsächlich spukt wird jedem schnell klar, verschiedene Spuk-Theorien und diverse Überlegungen die Ursache betreffend wechseln sich ab mit aktiven Geschehnissen, so dass sowohl für das Auge als auch für das erzählverwöhnte Hirn immer etwas geboten wird, ohne dass der Film gleich zu Kopfkino wird. Anspruchsvoll sieht anders aus, und Hough widmet sich einzig dem Unterhaltungswert. Aber nachvollziehbar agierende, denkende Personen in einer Geschichte in der aktiv wie passiv immer etwas passiert, das ist im direkten Vergleich schon recht viel für das oftmals simpler inszenierte Genre Spukfilm und bildet erneut eine Gemeinsamkeit zu „Bis das Blut gefriert“, der all diese Elemente jedoch auf völlig andere Art gut umsetzte.

Der größte Unterschied zu diesem Film dürfte jedoch in der sexuellen Thematik des Stoffes stecken, der im Vergleich zur Buchvorlage zwar stark gestrafft wurde, aber immer noch deutlich hervorsticht, wenn auch eher in der Hintergrundgeschichte aufblitzend. War der einzig sexuelle Aspekt in „Bis das Blut gefriert“ die (wahrscheinlich wegen seines Entstehungslandes und der Zeit in welchem er gedreht wurde) gut versteckte Homosexualität des Mediums, so sind die sexuellen Aspekte in „Tanz der Totenköpfe“ eher Hintergrund des Geschehens und Berührungspunkte zwischen Mensch und Spuk. Um die eigentliche Sexualität der Protagonisten und deren Leidenschaften geht es im Gegensatz zum US-Vergleichsfilm nie. Sex wird als starke Dynamik des Spukhintergrundes- und antriebs gesehen, orientiert an den Ruf von Marquise de Sades sadistischen Spielen, die hier sichtlich als Inspiration dienten.

Wohin die Forschung führt bleibt trotz relativ schwacher Auflösung interessant. Die meisten Wendungen sind vorhersehbar, dennoch wird der Film nie langweilig, da er dafür zu vieles richtig macht. Die Schauspieler überzeugen mal mehr und mal weniger. Wozu man Genre-Legende Roddy McDowall beim üblichen Überagieren hinzuzählen möchte, bleibt jedem Zuschauer selbst überlassen. Ich freue mich immer wieder, wenn er in Filmen zu sehen ist, gut ist er als Schauspieler freilich jedoch nicht. Das Drehbuch weiß gekonnt die Romanvorlage zu straffen ohne gehetzt oder lückenhaft zu wirken. Hier darf man es als Trumpf sehen, dass der Schriftsteller der Vorlage selbst für das Drehbuch zuständig war.

Und auch die Inneneinrichtung macht einiges her, auch wenn diese, wie so vieles, wieder mal deutlich von „Bis das Blut gefriert“ inspiriert wurde, was man gerade in der Kombination Inneneinrichtung und Kameraführung bemerken kann. „Tanz der Totenköpfe“ kommt dabei jedoch nie so künstlerisch wertvoll daher wie der Film aus dem er klaut, dem Auge wird aber zumindest nie langweilig, ein wichtiger Aspekt für ein Werk welches immer in den selben Räumen spielt.

Dass der Spuk immer wieder auf andere Art daher kommt, ohne dabei zusammenhanglos zu wirken, sorgt ebenfalls für erfrischende Abwechslung. Hervorhebenswert dürfte eine wundervoll getrickste Tier-Horrorszene mit einer besessenen Katze sein, die noch für die blutigsten Momente in einem diesbezüglich harmlosen Film sorgt. Das äußerste was es da zu sehen gibt sind blutige Kratzwunden, der Gorefreund wird also trotz der 70er Jahre nichts zu entdecken haben, ist „Tanz der Totenköpfe“ dafür doch viel zu klassisch erzählt, was nicht wundern braucht, da die moderne Terrorwelle, für welche die 70er Jahre so berühmt wurden, erst ein Jahr später mit Hoopers legendärem „Blutgericht in Texas“ so richtig in Fahrt kommen sollte.

„Kampf der Totenköpfe“ (Alternativtitel) ist von solchen Filmen weit entfernt, und das ist auch gut so, ist er doch Old School-Horror ohne altbacken oder langweilig zu wirken, und das auf eine Art, die zumindest im großen Kino nach Durchbruch des Terrorfilms kaum noch angewendet werden durfte: zurückhaltend, langsam erzählt und (trotz der sexuellen Thematik) unverkrampft bieder. Houghs Film ist stimmiger Grusel ohne gleich zu den Höhepunkten seines Genres zu zählen, aufgrund der klassischen Erzählweise aber auch nur dem Cineasten zu empfehlen. Filmfreunde, die nur modernes Kino kennen, werden sich durch ihre abgestumpften Sehgewohnheiten wohl eher langweilen.  OFDb

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