08.03.2013

DER POLYP - DIE BESTIE MIT DEN TODESARMEN (1977)

Menschen werden vermisst und im Wasser ausgesaugt wieder aufgefunden. Ein Reporter wendet sich an seinen Bekannten, den Meeresbiologen, und für den steht nach Untersuchungen fest: Ein Riesenkrake macht das Gewässer unsicher...
 
Tentacoli – Octopus in Tomatensoße mit geriebenem Käse...
 
Seit es das Medium Film gibt, beschäftigen sich Filmschaffende bereits mit dem Mysterium Riesenkrake. Während bei der Stummfilm-Version von „20.000 Meilen unter dem Meer“ das Biest noch einen Gastauftritt absolvierte, wurde spätestens 1955 mit „Das Grauen aus der Tiefe“ die Manege frei für die glibberige Mutation. Wen wundert es, waren es doch die 50er Jahre in denen erstmals alles zur Mörderbestie mutieren durfte was mit dem Menschen den Erdball teilte.

Der Alternativtitel „Angriff aus der Tiefe“ verweist bereits auf den Klassiker von 1955. Während dieser eine trashig nostalgische Puppe präsentierte, griff Regisseur Ovidio G. Assonitis (der Regisseur mit dem G-Punkt) auf ein Trickverfahren zurück, welches Bert I. Gordon in den 50er Jahren ausführlich und ohne großen Erfolg mehrfach anteste. Assonitis benutzt Aufnahmen echter Tiere. Dieser Spezialeffekt wollte selbst bei Großproduktionen wie die 50er Jahre Version von „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ nicht funktionieren, Assonitis Bilder bleiben jedoch recht glaubhaft. Woran mag das liegen?

Wahrscheinlich liegt es daran, dass ein Krake im optisch leicht verwischten Wasser tätig ist, einen recht unförmigen Körper hat und Assonitis ihn nie komplett ablichten lässt. Doch der Regisseur konnte es nicht lassen und verwendete zusätzlich anderweitige Trickaufnahmen. Es gibt einen gezeichneten Krakenschatten, ein Stück Plastik, welches den „Oberkopf“ der Kreatur darstellen soll und nach sehr hartem Material aussieht, und es gibt Kunst-Fangarme. Was Assonitis mit Realaufnahmen umging, erreicht er mit diesen Zusatz-Tricks, von denen nicht ein einziger, Trashfan-Herz schlag höher, überzeugen kann.

Doch wer einen guten, nicht trashigen Tierhorror erwartet hat, kennt ohnehin nicht die Filmographie des Regisseurs. „Madhouse - Party des Schreckens“ vermasselte kurz aufkommende Momente von Spannung und Atmosphäre mit einem unlogischen Drehbuch, das in Sachen Idiotie seinesgleichen sucht. „Piranha 2 - Fliegende Killer“ ist eine Trash-Gurke, bei welcher der gute Mann James Cameron zur Seite stand.

Während letztgenannter Streifen sich stark am üblichen Muster einer Tierhorror-Geschichte orientiert, war Assonitis erster Gehversuch in diesem Sub-Genre, „Der Polyp“, noch recht experimentell gestrickt. „Der weiße Hai“ schockte mit einem Kind als eines der ersten Opfer, Assonitis übertrumpft dies mit einem Baby. Eine Regatta die von den ersten Filmminuten an erwähnt wird, wird lediglich zur Vorbereitung des Finales genutzt und ist nicht wie eigentlich erwartet das Finalereignis selbst. Und wie der Riesenkrake zu besiegen ist, dürfte ebenfalls eine Innovation in diesem Subgenre gewesen sein.

Hätte der untalentierte Regisseur etwa mit besseren Spezialeffekten bei dieser Aufzählung an Überraschungen seinen ersten gelungenen Film vorlegen können? Die Antwort lautet nein, denn allein schon die Art den Kraken zu besiegen ist derart lächerlich, dass ein bis dahin guter Film einen Totalabsturz erlebt hätte.

Gut ist „Tentacoli“ (Originaltitel) aber schon zuvor nicht. Wir haben mal mittelmäßig und mal gar nicht talentierte Darsteller und ein wirres Drehbuch, das aufgenommene Ideen nie weiter auffängt: Funkgeräte locken den Kraken an, was später nicht mehr von Bedeutung ist. Die Figur des Reporters wird komplett verheizt und dient nachträglich nur dazu, die Hauptfigur des Meeresbiologen einzuführen. Der Grund warum ein Riesenkraken im Gewässer ist hat keinerlei Bedeutung für die Story und den extra dafür mit einem Gastauftritt eingebrachten Henry Fonda. Man sieht also, hier war ein Mann am Werk, der wirklich keinerlei Ahnung davon hat, wie man eine Geschichte erzählt.

Immerhin dem Trashfan macht’s Spaß, und das liegt nun nicht nur an der ungeschickten Erzählung Ovidio G. Assonitis und seiner üblen Spezialeffekte. Für zusätzlichen Trash der charmanten Art sorgt das klassische 70er Jahre-Feeling und ein Soundtrack, der eigentlich recht gelungen klingt, jedoch im falschen Film verwendet wird.

Ein Großteil des Soundtracks hat Krimi-Flair, ein Genre das sich in diesem Jahrzehnt großer Beliebtheit erfreute. Weitere musikalische Momente kann man sich positiv stimmungsbildend in einem Western vorstellen. Und jene Musik, die dann doch mal halbwegs zum Bereich des Horrorfilms passt, zumindest zu dem des Action-Horrors, weiß Charme mit Trash zu mixen, wenn ein an sich netter Musikversuch auf verkrampft hektische Art umgesetzt wird und dabei versucht wird Momente des Soundtracks von „Der weiße Hai“ zu streifen, so unauffällig, dass es manch einer sicher nicht bemerken wird.

Den lustigsten Moment hat die Musikuntermalung jedoch dann, wenn auf alte „Nacht der reitenden Leichen“-Art ein Schockmoment von Sound begleitet wird, der nicht einmal Omi aus ihrem Schaukelstuhl hätte hochschrecken lassen. In diesem Bereich kann Assoniti dem spanischen Kollegen Armando de Ossorio die Hand reichen: beide lieferten in solchen Momenten das gleiche spannungsuntaugliche aber unfreiwillig komisch charmante Ergebnis ab.

Der wahre Horrorfan bleibt auf der Strecke, und mit meinem bisherigen Filmwissen kann ich ihn auch nicht auf einen anderen Riesenkraken-Film aufmerksam machen, denn alle bisher von mir gesichteten waren entweder angenehmer Trash oder komplett langweilige Filme (hier sei vor so ziemlich jedem Riesenoctopus-Film gewarnt, der im Zeitalter der Computer-Tricks entstand). „Tentakel des Todes“, so ein weiterer Alternativtitel des hier besprochenen Streifens, ist immerhin ein netter Trashstreifen für Fans vergeigter Gehversuche im Bereich der laufenden Bilder. Doch auch hier zählt Assonitis Film nicht zu den Höhepunkten.  OFDb

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