08.03.2013

ROTTWEILER (2004)

Wer zur Schulzeit bereits Probleme mit seiner Zahnspange hatte, und deshalb Beleidigungen a la Metallfresse erdulden musste, der sollte sich wünschen in Zukunft nicht als Hund wiedergeboren zu werden. Denn im Jahr 2018, so zeigt uns Yuznas Film, kann es einem, sofern man ein flüchtiger Gesetzloser ist, passieren, dass man unfreiwillig die Begegnung mit einem Rottweiler der anderen Art hat: Einem Köter mit Stahlgebiss.

Warum er dieses hat, und warum er auch manch andere körperliche Überraschung zu bieten hat (welche im DVD-Menu leider bereits verraten werden) erfahren wir so halb erst gegen Ende, wo sich eine mit Rückblicken spielende Geschichte langsam zusammenpuzzelt und Klarheit über all das bietet, was zuvor krampfhaft und unnötig verworren wurde und zum Filmende hin ohnehin kaum noch wen interessiert.

Unnötig verworren ist vielleicht etwas hart ausgedrückt. Wäre der Film nämlich in seiner natürlichen Reihenfolge erzählt, würde man die hölzerne und aufgesetzte Dramatik zu früh entdecken, und damit erfahren, dass der Hauptdarsteller doch nicht, wie zunächst vermutet, routiniert spielt, sondern bereits bei jeder kleinen Gefühlsregung völlig überfordert ist. Schwerwiegender wäre allerdings ein anderes Problem: Das Zielpublikum müsste zu lange warten bis die Post abgeht und man den entgegengefieberten Lebenssaft endlich fließen sehen darf.

Bescheuerte Ideen wurden schon des öfteren überraschend nett umgesetzt. Und sicherlich ist es sehr lobenswert von Regisseur Brian Yuzna, dass er nicht nur einen 08-15 Tierhorror drehen wollte, sondern seinem Werk etwas mehr Pfiff bescheren wollte. Er ist ja immerhin dafür bekannt mit interessanten Ideen den Durchschnitt zu meiden („Dark Society“, „From Beyond“, ...). Allerdings ist er auch dafür bekannt als Produzent wesentlich bessere Werke hervorzubringen („Re-Animator“, „Dagon“, „Dolls“) als in seinem Beruf als Regisseur („Return Of The Living Dead 3“, „The Dentist“, „Beneath Still Waters“). Und vielleicht hätte er die Verfilmung des gewählten Lesestoffes doch wieder seinem Kollegen Stuart Gordon überlassen sollen, mit dem er schon so viele schöne Werke geschaffen hat. 

Denn auch wenn der Mann sich in Sachen Horror auskennt, seinen Figuren Tiefe zu verleihen und das Beherrschen dramatischer Momente gehören nicht zu Yuznas Talenten. Wo „Return Of The Living Dead 3“ sich trotz magerer Figurenzeichnung noch in ein fröhliches Gorespektakel retten konnte, bietet „Rottweiler“ in diesem Gebiet keinen Zusatzbonus. Es gibt zwar jede Menge Blut zu sehen (der Hund zerfleischt recht häufig und munter), aber das ist auf Dauer sehr ermüdend und endet in Lachhaftigkeit, wenn der Köter einem seiner Opfer das pochende Herz zerbeißen darf.

So bleiben einem also, neben ermüdender Goreszenen, jene Elemente, die den Erzählfluss vorwärts treiben: dramatische Figuren und Geschehnisse, das Verwirren der Geschichte durch das zeitliche Szenenherumwirbeln mit Zuschauerinformationen, visuelle Effekte und natürlich die Grundidee an sich. Keines der hier aufgezählten Punkte schafft es „Rottweiler“ unterhaltsam zu machen. Warum? Na, dann mal der Reihe nach:

Die dramatische Figur wird verkörpert von einem hölzernen Schauspieler, der sicherlich in einem Actionfilm akzeptabel eingesetzt wäre, die ihm hier abverlangten Gefühlsregungen allerdings nie zu meistern schafft. Die Dramatik der Geschichte ist komplett aufgesetzt und erinnert in seiner Art stark an die Seifenopern aus Amerika a la „California Clan“ und „Springfield Story“. Natürliche Dramatik wird durch Unvermögen aller Seiten verhunzt und hinzu gesellt sich noch komplett verkrampfte Zusatzdramatik, wie sie nie nötig gewesen wäre (z.B. jene Szene, in der unser Held seiner Angebeteten vorwirft, der Sex mit einem asozialen, fetten Kerl hätte ihr Spaß gemacht).

Erschwerend kommt hinzu, dass der Held der Geschichte ein Idiot ist, der fortlaufend unentschuldbare Dummheiten begeht (Schrotflinte zu weit aus der Türe hinausstecken, eben erwähnte Sexualbeschuldigung, ...), so dass man nicht mit ihm mitfiebert, sondern sich wünscht, die Stahlklaue möge ihm endlich den Lebensgeist nehmen. Mit einem solchen Intelligenz-Hampelmann kann quasi keine Dramatik entstehen, die sich auf den Zuschauer überträgt. Kurzum: Ohne tragische Elemente hätte „Rottweiler“ eventuell einen Hauch besser sein können, auch wenn man meinen sollte es müsse umgekehrt sein.

Durch Rückblicke hüpft Yuzna zeitlich hin und her, dadurch werden dem Zuschauer erst mit der Zeit einige Zusammenhänge klar. Das ist mittlerweile im Kinobusiness keine Seltenheit mehr, kann aber zur Steigerung des Zuschauerinteresses immer wieder punkten. Nicht in „Rottweiler“, denn eines fehlt dem Film, damit die Rechnung aufgehen kann: Eine Geschichte. Letztendlich geht es nur um einen Flüchtigen, der von einem scheinbar unzerstörbaren Hund verfolgt wird. In der Vergangenheit des Helden liegt ein kleiner dramatischer Hintergrund. Dieser ist aber eigentlich eine kleine Flamme, wie die eines Streichholzes, wird von Yuzna allerdings als großes Martinsfeuer aufgepuscht, so als stecke da nun eine Wahnsinnsstory und eine irre Dynamik dahinter, mit der „Rottweiler“ zum Selbstläufer wird.

Zudem kann das Verwirrspiel mit den Informationen auch deshalb nicht funktionieren, weil die Geschichte völlig blöde erzählt wird. Unlogiken und Unnötigkeiten reihen sich aneinander, eine Identifikation mit welcher Figur auch immer kommt nicht auf, und das eben erwähnte Trottelverhalten des Helden ist als solches vom Drehbuch aus gar nicht gewollt. Der Film hätte wesentlich mehr Zunder, wenn eine Figur wie Ash aus „Tanz der Teufel 2“ genau das hier gezeigte Szenario erleben dürfte. Mit einer lustig angehauchten Figur hätte man den Film ansonsten unverändert umsetzen können.

„Rottweiler“ ist jedoch bierernst erzählt und erfährt nur in jener Szene freiwillige Erheiterung, in der ein Huhn sich vor dem Killerhund erschreckt. Der Köter verhält sich übrigens auch komplett unlogisch. Mal zerfleischt er jeden, dann wandert er durch eine Stadt und lässt die Passanten dort in Ruhe. Wurden nur jene getötet, die in Berührung mit dem Helden kamen? Nö, spätestens der Puffbesitzer wird völlig sinnlos getötet, der stand nicht einmal in der Nähe des Flüchtigen.

Der Held der Geschichte wird vom Drehbuch übrigens ständig als Opfer gesehen, so als wäre er unschuldig verhaftet. Achtet man aber auf das bisschen vorhandene Story, ist die Hauptfigur an seiner Lage selber schuld. Zudem wird er als liebenswürdig und unschuldig dargestellt. In einer Szene heißt es sogar, er habe noch nie irgendjemanden etwas angetan. Innerhalb der ersten 20 Minuten durfte man zuvor allerdings sichten, wie er einen Wärter und dessen Hund tötete, auf den Menschen sogar ganz unnötig gleich zwei Mal schoss. Ach bitte, wer hat denn hier das Drehbuch verzapft? Also: Die Geschichte und das Verwirren dieser können auch nicht punkten.

Die Effekte sind inmitten dieser Billigkeit noch akzeptabel. Eigentlich hauen sie nicht vom Hocker, im direkten Vergleich zum Rest sind sie aber noch das beste am Film. Gegen Ende gibt es billige, aber noch brauchbare Computereffekte, und zwar dann wenn man das Geheimnis des Hundes näher kennen lernt. Die Goreeffekte sind, wie oben erwähnt brauchbar, langweilen aber durch die uninspirierte Art, wie der Film erzählt wird.

Zudem verwendete man des öfteren einen visuellen Effekt, wenn es darum geht die Welt aus der Sicht der Bestie zu betrachten. In den wenigsten Filmen zieht ein solcher Effekt. Ich bin immer wieder überrascht, dass ein solches Stilmittel noch immer eingesetzt wird. In „Rottweiler“ gibt es sogar in diesem Bereich Unlogiken. So sieht man z.B. die Welt mal wieder aus besagter Perspektive, zwei andere Hunde kommen auf den Köter zu, einer wandert links aus dem Bild, der andere rechts, und nun hört man wie unsere Killermaschine nach beiden schnappt. Warum der Blick weiter geradeaus gerichtet ist weiß keine Sau. Ist aber auch nicht weiter wichtig, zu diesem Zeitpunkt interessiert weder dies noch die komplette weitere Geschichte.

Das ist wirklich schade um die völlig idiotische Grundidee. Yuzna hat einfach eins nicht begriffen: Eine doofe Idee zündet nur dann, wenn sie nicht völlig doof erzählt ist (den Bereich der freiwillig und unfreiwillig komischen Trashfilme einmal ausgeblendet). „Evolver“ zählt beispielsweise zu den Genrebeiträgen, die trotzt völlig blödsinniger Idee interessant umgesetzt wurden. Vielleicht einfach, weil er seine bekloppte Grundidee inmitten von filmischer Routine erzählt. Wahrscheinlich wollte Yuzna einfach zu viel, und mit mehr Schlichtheit wäre er wohl besser gefahren.

Die Darsteller sind wie erwähnt auch nicht das Gelbe vom Ei. Der Hauptdarsteller ist untalentiert, die anderen Schauspieler Mittelmaß. Eine Frauenrolle, die kurz im Zentrum steht, muss völlig unnötig großteils nackt gespielt werden, und selbst der Hund weiß kaum zu überzeugen. Außer seiner Attacken werden die andern seiner Tätigkeiten nur angedeutet. Hier wurde ganz klar Geld an der Tierdressur gespart. Die Stahlklaue sieht man nur in Nahaufnahmen, ansonsten wird ein metallisches Geräusch beim Beißen eingebaut. Zu Anfang wirkt das Vieh manchmal bedrohlich, aber spätestens wenn die Augen künstlich leuchten ist auch dieses Gefühl vorbei.

In einer Nebenrolle ist eine kleine Genreberühmtheit zu sichten: Paul Naschy, aber der war ja nun noch nie ein Talent, wusste eigentlich immer nur als Werwolf zu überzeugen und kann somit auch nichts mehr rumreißen. Jemand mit mehr Talent hätte dies bei der Größe der Rolle allerdings auch nicht geschafft.

Tut mir leid, aber „Rottweiler“ war so gar nichts. Wegen seiner drögen und langweiligen Umsetzung ist der Film übrigens auch nie durch seine unfreiwillige Komik unterhaltsam genug, um wenigstens als Schrottbeitrag zu erfreuen. Schade! Das beste an „Rottweiler“ ist sein Trailer. Schaut euch am besten den an, hört dort allerdings nicht auf den Sprecher, der erzählt angebliche Fakten über den Inhalt, von denen nicht einmal Yuzna etwas wissen dürfte.  OFDb

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