07.03.2013

KOMMISSAR KLEFISCH - EIN FALL FÜR ONKEL (1990)

Nachdem ich in der Sendung „Switch“ einmal die Parodie auf Millowitschs berühmteste TV-Rolle gesichtet hatte, wollte ich mir auch einmal ein Bild vom Original machen. Gestern schauten wir uns Klefischs ersten Fall in einer Runde trashliebender Neugieriger an. Zum Einstimmen gab es das unfreiwillig komische Höhner-Lied „Der Willy-Rap“ zu hören, es folgte das noch schlimmere Lied „Wenn ich auch schon bald 90 bin“ und filmisch stimmten wir uns zuvor mit Willys Gastauftritt im Chevy Chase-Film „Hilfe, die Amis kommen“ ein. Wir alle waren in bester Stimmung, einen der überschätztesten deutschen Schauspieler in später Aktion zu erleben. Und dann ging es los.

Die ersten Momente waren auch gleich Bestätigung für den eigentlichen Grund unseres Beisammenseins: Trash schauen. Die Schauspieler spielten unter aller Kanone und das Drehbuch strotzte auch nicht gerade vor Einfallsreichtum, ist doch beispielsweise der Grund Rentner Klefisch bei einem Fall hinzuzuziehen völlig unsinnig und nicht halbwegs einfallsreich zu nennen. Auch dass neben unbekannter schlechter Schauspieler auch noch wer Gutes blass wirkte, nämlich einer von Loriots Stammbesetzung, zeigte dass wir scheinbar eine brauchbare Filmauswahl getroffen hatten. Der Regisseur schien somit auch nichts zu taugen, und so schaute sich der Anfang wie eine lausige Sat 1- oder RTL-Produktion, aber nicht gerade wie etwas, das von den Gebühren des Zuschauers finanziert wurde.

Was trashig erschien sollte auch schundig bleiben, dennoch waren wir uns am Schluss alle einig: So schlecht war der erste Fall Klefischs gar nicht. Die Krimistory war für ein olles TV-Produkt halbwegs interessant, die Inszenierung nach der Gewöhnung der weniger guten Elemente sogar recht stimmig, und tragische Momente überraschten, gerade zum Ende hin. Regisseur Ulrich Stark gelang kein großes Kino, aber ein halbwegs brauchbarer Film unter übelsten Bedingungen. Das Drehbuch war holprig, schwankte zwischen Mankos wie einfallslose Kleinigkeiten und zu gleicher Charakterzeichnung (mehr Individualität der verschiedenen Figuren wäre wirklich wünschenswert gewesen) und positiven Dingen wie der netten Verwirrung innerhalb des Kriminalfalles. Millowitsch war ein alter Mann, ein Fakt der einen Dreh sicherlich auch etwas erschweren dürfte. Willys private Humorlosigkeit ist ja nun auch kein Geheimnis mehr, das macht den Dreh mit einem Mann, dem der Erfolg zu Kopf gestiegen ist, sicherlich auch nicht leichter.

Neben Teilen des Drehbuchs gab es aber unter all diesen üblen Bedingungen wenigstens noch eine unterstützende Stärke, und das war Dietmar Bär, ein Mann der später auch noch im „Tatort“ eine Kommissarenrolle beschert kriegen sollte, und ein Mann, den ich am liebsten in der tollen Komödie „Was nicht passt wird passend gemacht“ anschaue. Er hat eine relativ große Rolle und wirkt allein schon deswegen so positiv, weil er fast immer in Szenen neben Willy spielt.

Die Musik dümpelt seicht vor sich hin, die Schauspieler versuchen ihren schablonenhaften Charakteren mit mangelndem Talent etwas Lebendigkeit einzuhauchen. Und doch dürfte für einen Freund deutscher TV-Krimiunterhaltung alles vorhanden sein, was das Krimiherz höher schlagen lässt.

Dem Trashfan wird jedoch wesentlich mehr geboten als dem eigentlichen Zielpublikum. So wurde beispielsweise die Schrulligkeit einer Miss Marpel (an die man nun einmal unweigerlich denken muss) ausgetauscht gegen einen pampigen, uncharmanten Charakter, der glaubt über dem Gesetz zu stehen, ewig Drohungen aussprechen zu müssen und mit einer penetrant belehrenden Art allen an den Karren fährt, die nicht so alt sind wie er. Und da er der Älteste im gesamten Film ist, dürfte damit auch alles gesagt sein.

Wenn man von ihm eins auf den Deckel kriegt, rückt er einem beim Belehren auch gleich so nah an die Pelle, dass man selbst als TV-Zuschauer glaubt seinem Mund- und Körpergeruch ausgesetzt zu sein. Dieser Mann hat von Höflichkeitsabstand noch nie etwas gehört, eigentlich nicht einmal von dem Wort Höflichkeit selbst.

Richtig peinlich sind Drehbuchmomente, die Klefisch als erfahrenen Kommissar darstellen sollen, der mehr Erfahrung hat als sein grüner Kollege, der noch nicht außer Dienst ist. Dass man zur Untermauerung Klefischs Talent allerdings ausgerechnet mit Beispielen arbeitet, die jeder Hobbie-Ermittler bereits aus dem TV kennt, ist schon eine Schau für sich. Mein liebstes Beispiel ist die mahnende Erinnerung Klefischs den ausübenden Polizisten gegenüber, auch ja einen Gegenstand auf Fingerabdrücke überprüfen zu lassen. Dieser Mann denkt halt an alles. Selbst dass man sich von verdächtigen Fahrzeugen als Gesetzeshüter das Nummernschild merken sollte, wird den aktiv ausübenden Berufstätigen dieser Richtung erst mit den Worten des pensionierten Klefischs bewusst. Es ist zum totlachen.

Warum in die Geschichte noch die Rolle eines kleinen Mädchens integriert wurde, die mit dem Fall nichts zu tun hat, ist mir nicht ganz klar. Vielleicht wollte man der Rentnerkommissaren-Rolle einfach etwas Nettigkeit bescheren, aber die Unsympathie eines Klefischs frisst solche Gnadenmomente des Drehbuchautors unaufhaltsam auf. Im Gegenteil, manche winzige Aktion dem Kind gegenüber bestätigt nur das Ungeliebte des greisen Mannes. Durch Klefischs Charakterisierung werden einige parodistische Anspielung aus „Switch“ noch einmal deutlicher. Auch dort ruhte man sich nicht nur auf die Tatterigkeit aufgrund des Alters aus, auch hier setzte man vor allen Dingen auf die penetrante, unhöfliche Art des ehemaligen Kriminalkommissars.

Freunde von TV-Krimis werden sicherlich routiniert unterhalten, Cineasten mit Hang zum Trash werden auf jeden Fall Spaß bekommen, sollten wenn aber genug Gleichbekloppte um sich scharren, denn allein ist ein solches Werk nur halb so lustig zu gucken.  OFDb

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