Nicht mehr lange, und Dracula wird
erscheinen, hat er sich doch eine Braut erwählt, die nach einigen
Ritualen der Untergebenen die Seine werden wird. Ein telepathisch
begabter Vampirjäger ist dem Mann und seinem Clan aus Vampiren,
Parallelwesen und Helfern auf der Spur...
Jean Rollin gilt als Kult-Regisseur, und wie das mit Kult so ist, so ist er dementsprechend umstritten. Was er treibt ist für die einen Kunst, für die anderen Schund und für manche beides zugleich. Vielleicht kann man ihn da ein wenig mit Christoph Schlingensief vergleichen, auch wenn die Werke der beiden unterschiedlicher nicht sein könnten. Jean Rollin ist mir in meinem Cineastenleben bislang mit zwei Filmen in Erscheinung getreten. Das war zunächst der sehr schludrig inszenierte, aber gar nicht so geistlose „Lady Dracula“ und der sehr zu empfehlende „Pestizide - Stadt der Zombies“.
Nun bin ich auf „Draculas Braut“ gestoßen und bereitete mich darauf vor etwas ähnlich unausgegorenes, aber durchaus interessantes wie „Lady Dracula“ zu sichten. Aber selbst dessen wackeliges Niveau wusste das hier besprochene Spätwerk nicht zu erreichen. Mag sein dass man die Nackedei-Vampirfilme Rollins früher Welle kennen muss, um „Draculas Braut“ richtig einordnen zu können, aber selbst dann wäre er nur in der Theorie geglückt.
Zu Gute halten muss man Rollin manch nette Idee. Figuren wie der Kleinwüchsige mit Narrenkappe wirken so skurril wie die üblichen Zutaten eines Charles Band-Films. Die Idee Nonnen in den Wahnsinn abdriften zu lassen und sie dies auch noch wissen zu lassen kann als geradezu großartig bezeichnet werden und wirkt selbst schon bei so simplen Stilmitteln wie das Zigarre und Pfeife rauchende Nonnenpärchen. Die Schluss-Sequenz überrascht mit Tiefe und Anspruch, die der Film ruhig schon vorher hätte vertragen können. Und so mancher Horror-Fan wird es sicher auch als Pluspunkt sehen, dass Kinder nicht verschont bleiben. Ich zumindest tue es und fand es geradezu erschreckend, wie eine Anhängerin Draculas über ein Baby herfällt um es zu fressen.
Zudem ist Rollin bemüht seine dünne Geschichte nicht all zu dünn wirken zu lassen, bereichert sie um einige Ortswechsel, Rituale und wie erwähnt schräger Figuren und Situationen. Auch die Erotik spielt wie so oft bei ihm eine wichtige Rolle. Und trotz aller Moderne versucht er seinen Film recht klassisch zu gestalten. Würde sie nicht nackt werden, so könnte man sich glatt in einem Film von Edward D. Wood, Jr. wähnen, wenn eine junge Frau klassisch und längst überholt zurecht gemacht auf dem nächtlichen Friedhof wandelt.
Dass Rollin nicht auf christlichen Pfaden wandern will, obwohl der Nonnenorden deutlich im Zentrum steht, macht er spätestens mit dem Vampirfilm-Bruch deutlich, in welchem die Blutsauger keine Probleme mit Kreuzen haben. Das ist kein neuer Kniff und beispielsweise schon angewendet in „Fright Night 2“, aber doch ein wichtiges Element, das schon ein wenig auf die ungewöhnliche und höchst interessante Schluss-Sequenz hinarbeitet, mit deren Aussage meine Meinung nach der Film hätte beginnen sollen, um auch wirklich gehaltvoller zu wirken.
Dass nämlich alle hier aufgezählten Pluspunkte von dem gehaltlosen Zustand nicht ablenken können, liegt an dem Laien-Theater der ungenießbaren Schauspieler und an Rollins ebenso laienartiger Inszenierung, die weder eine dichte Atmosphäre aufzubauen vermag, noch dem Streifen einen Spannungsbogen beschert. „Draculas Braut“ wirkt zu billig abgefilmt mit seinem Videobild und seiner Leere, zeigt nur was er will, fängt dies aber nicht so ein, dass der Zuschauer sich einfühlen kann. Dafür bleibt der Film viel zu sehr Theater, zu sehr auf Distanz gehalten und viel zu albern.
Nein, was spielen die Protagonisten all die hier zelebrierten Lächerlichkeiten mit einer Ernsthaftigkeit, die im völligen Widerspruch zu ihrem schauspielerischen Talent steht. Zwar steht auch die deutsche Synchronisation dem Film im Weg, und der Untertitel auf der von mir gesichteten DVD war in seiner Schnelligkeit kaum mitzulesen, aber auch ohne diese beiden Mankos hätte es „Draculas Braut“ am nötigen Etwas gefehlt. Was nutzen all die netten Zutaten aus Trash und Kunst, wenn das Werk nur wie billig abgefilmt wirkt? Und da es dem Streifen bis kurz vor Schluss auch an Tiefe fehlt, wirkt der ohnehin schon wackelige Kunstgehalt um so bemühter und lächerlicher. Arg peinlich wird es, wenn Rollin eine Vampirin Geige spielen lässt, um künstlerisch wertvoller zu wirken, die Melodie aber so gar nicht zu den Bewegungen der "Musikerin" passen will und damit erneut verhindert wird, dass Illusion für den Zuschauer zu etwas glaubhaftem wird, das er miterleben darf.
Zwischen „Lady Dracula“ und „Draculas Braut“ liegen Welten. Erster war wesentlich besser gespielt, auch wenn hier wie dort niemand wirklich Talentiertes vor der Kamera stand. Zudem konnte er atmosphärisch gegen seine Defizite ankämpfen, mit Hilfe einer recht gehaltvollen Geschichte, die man erst bei genauerer Betrachtung erkennt. „Draculas Braut“ hingegen ist billig runtergerotzt, übelst gespielt und leider viel zu frei von Sinn, Tiefe oder einfach einer erzählenswerten Geschichte. Dank seiner eher quantitativen Hingucker weiß er zumindest nicht zu langweilen, aber letztendlich hat das Ergebnis viel mehr mit Fremdschämen als mit unterhaltsamen Trash zu tun.
Vielleicht sollte ich aber auch einfach zunächst einmal einen von Rollins früheren Vampirstreifen sichten, in welchen er den Stil geprägt hat, den er mit dem hier besprochenen Spätwerk versucht hat fortzusetzen und der ihm überhaupt erst den Ruf des Kult-Regisseurs eingebracht hat. Ich bin mal gespannt wann ich auf einen dieser Filme stoße. OFDb
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