13.09.2014

STROMBERG - DER FILM (2014)

Stromberg“ war ein Phänomen im deutschen TV und überraschte als Ableger der noch genialeren britischen Serie „The Office“ 5 Staffeln lang mit einer gewissen deutschen Eigenständigkeit gegenüber dem Original und 4 Staffeln lang mit einem hohen Niveau, das erst mit einer erschreckend schlecht geschriebenen und mau inszenierten 5. Staffel sein Ende erfuhr, trotz gleicher Autoren und gleicher Regie. Mit entsprechend geringen Erwartungen bin ich an den abschließenden Stromberg-Film herangegangen. Aber meine Sorge war unbegründet. Nach der Enttäuschung der letzten Staffel erreicht der Film fast wieder das Niveau der Serie und erzählt eine großartige letzte Geschichte, die zwar Staffel 5 nicht rückwirkend sanieren kann, dafür aber weitestgehend ignoriert.

Einzig ein kurzer Verweis auf das religiöse Leben Heisterkamps, die neue Chefposition Strombergs und der ehemalige Auszubildende erinnern an den Tiefpunkt der Serie, und es ist auch einzig besagter Auszubildender, der dem Film leicht schadet. Da hätte man mal lieber den Azubi aus Staffel 4 einbauen sollen. Aber was sich nach solchen Überlegungen wie ein für Außenstehende undurchsichtiger Film mit Serien-internem Wissen anhören mag, ist überraschender Weise durchaus für Neulinge guckbar, auch wenn es freilich als Kenner der Serie mehr zu lachen gibt, inklusive zahlreicher Insiders im Abspann, von welchen der Verweis auf „The Office“, vorgetragen vom Chef-Autor der deutschen Serie, zu den Highlights zählt.

Wieder geben sich Realitätsnähe und comichafte Übertreibung die Hand, Albernheiten und Tragikomik ebenso, und wieder blickt der Humor kritisch auf die Realität in Deutschland und begeht damit Kritik am System, am deutschen Denken und Tun und ganz besonders am Arbeitsmarkt. Mit einer völlig unerwarteten aber konsequenten Wendung Richtung Finale ruft „Stromberg - Der Film“ gar zur Gegenwehr auf, macht den deutschen Angestellten und Arbeitern Mut, zeigt bewusst aber auch den Stinkefinger, wissentlich dass es immer die gedankenlosen Schwätzer sein werden, die zum Zugpferd einer Bewegung werden.

Was den übertriebenen Comicbereich betrifft: der war eigentlich immer Ernies Revier, ist es freilich bezogen auf die Extreme der Rolle immer noch, aber den wirklich realitätsfernsten Part haben diesmal die sonst so lebensnahen Ulf und Tanja beschert bekommen, deren übertriebenes Abenteuer bezüglich eines Pflegekindes so lustig eingebaut wird, dass man sich an der künstlich geschaffenen Grundlage Tanja könne je so tief sinken gar nicht mehr stört. Die Geschichte um ein gerade zwanghaft zusammenwachsendes Trio weiß zu wirken, und da Tanja und Ulf innerhalb der Serie ohnehin schon jegliche Basis durch hatten kalte Partnerschafts-Bilder der Moderne zu parodieren, ist zwischen den beiden ohnehin alles erzählt gewesen. Im Vergleich zur Serie rutschen sie deswegen auch ein wenig in den Hintergrund.

Aber das ist streng genommen der Leidensweg einer jeden Nebenfigur, denn „Stromberg - Der Film“ setzt verstärkt auf die Hauptfigur, und das wird um so dominanter, je mehr sich der Film Richtung Ende arbeitet. Ähnlich wie bei „Die Simpsons - Der Film“ tut das dem Werk jedoch erstaunlich gut. Und da man jegliche Figur und Situation mit dem nötigen Respekt und der für die Serie typischen verstandenen Psychologie versieht, kommt trotz geringerer Screentime keiner wirklich zu kurz.

Trotz einiger lauter Momente, z.B. wenn Stromberg mal wieder zum Entertainer seiner Firma wird, kommt der stille, subtile Humor der Serie nicht zu kurz. Auch die mimischen Kleinigkeiten und weitere versteckte Verweise sind wie gehabt enthalten. „Stromberg - Der Film“ bleibt wie die Serie und ihr britisches Vorbild ein Meer unterschiedlichster Humor-Formen und lebt von der professionellen Besetzung in so ziemlich jeder Rolle. Positiv hervorstechen tut als Neuzugang der neue Vorgesetzte Strombergs, und einige längst überfällige Ehemalige erfahren im Kinofilm eine Wiederkehr, welche die lange Wartezeit ihrer Rückkehr ins Stromberg-Universum wieder wett macht.

Kennern wie Nichtkennern der Serie sei „Stromberg - Der Film“ ans Herz gelegt. Zwar hinkt der Film den gelungenen 4 Staffeln leicht hinterher, aber nach der enttäuschenden 5. Staffel ist es eine Erleichterung zu sehen, dass sich Autor und Regie doch noch einmal zu einer Höchstleistung motivieren konnten und dabei nicht nur ein Werk geschaffen haben, welches lediglich die TV-Serie auf die große Leinwand transferiert, „Stromberg - Der Film“ ist auch von der Geschichte her großes Kino, auch wenn es eine Zeit lang dauert bis man den Unterschied zur TV-Erzählung bemerkt.

„Stromberg - Der Film“ gilt zu Recht als das letzte Kapitel. Zumindest würde meiner Meinung nach eine Weiterführung der Geschichte keinen Sinn mehr ergeben. Der Kinofilm zieht einen großartigen, intelligenten und konsequenten Schlussstrich der kompletten Erzählung seit Staffel 1 und schafft es damit die vor 10 Jahren in Angriff genommene Grundidee zu einem sehr gelungenen Schluss zu führen.

Für den Nichtkenner der Serie ist „Stromberg - Der Film“ eine intelligente Satire auf die Welt der Großkonzerne, versehen mit vielen lauten Lachern, noch mehr kleineren Lachern und einer Schar interessanter Figuren, die man schnell kennen gelernt und liebgewonnen hat. Viele werden sich sicherlich hinterher interessiert der Serie zuwenden, welche den Großteil der Zuschauer ursprünglich erst in den Film gelockt hat. Schön dass die durch Zuschauer mitfinanzierte Kinoproduktion in beide Richtungen funktioniert.  OFDb

1 Kommentar:

  1. Und ich hab es tatsächlich nicht geschafft den Film im Kino zu sehen. Irgendwie ist immer was dazwischen gekommen. Dabei fand ich die Serie (für eine deutsche) ausserordentlich gut gelungen. Steht aber auf jeden Fall auf meiner Watchlist...

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