31.01.2016

POLTERGEIST (2015)

„Poltergeist“ schafft etwas, das für das moderne Kino eine Seltenheit geworden ist. Er präsentiert uns Figuren, die einem derart sympathisch sind, dass es eine Freude ist ihnen bereits bei Nichtigkeiten zuzusehen. Dabei lässt uns Regisseur Kenan allerdings kaum Zeit für besagte Nichtigkeiten, bricht der Terror doch nach recht kurzer Einführungszeit recht radikal über die Familie Bowen ein, und dies auf solch gekonnt inszenierte Art, dass man zu glauben beginnt hier einen ähnlichen Höhepunkt des Spukfilms geliefert zu bekommen, wie es das Original war.

Aber man sollte sich nie zu früh freuen, denn auch wenn die Figuren sympathisch bleiben und der Ablauf sich weiterhin stark modernisiert relativ brav am Original orientiert, so ist die zweite Hälfte des Remakes doch keineswegs so intensiv geraten wie die erste, die uns einen wahrlich gruselig eingefangenen Baum präsentierte, Unheimliches aus dem Boden und eine wirklich unangenehme Clownpuppe inmitten vieler Clownspuppen auf den Sohnemann los ließ.

In dieser angenehm zu schauenden erste Hälfte war es lediglich der Umgang mit der Thematik Arbeitslosigkeit, der einen bezogen auf die Glaubwürdigkeit des Streifens verärgerte. Da verschließt sich Hollywood auf der einen Seite nicht mehr solch häufig vorkommendem sozialen Leid der Gesellschaft und verpackt es auf der anderen Seite realitätsfern als Luxusproblem, weit entfernt vom wahrem sozialen Abstieg, wie man ihn in einer Michael Moore-Doku zu Gesicht bekäme.

Da „Poltergeist“ zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht die innereigene Logik seiner selbsterschaffenen Filmwelt bricht, stört dies nur unterschwellig. Man fragt sich lediglich warum ein moderner Flachbildschirm die Tochter einfangen sollte, wohingegen selbiges beim senderfreien Rauschen im Original auf esoterischer Ebene noch recht nachvollziehbar klang. Aufgrund eines schnelleren Abarbeitens der Hintergründe als es Hoopers Auftragsarbeit in den 80er Jahren für Spielberg bot, kommen in der zweiten Hälfte aber nun Widersprüche und Unsinnigkeiten auf, die sich auch auf die selbsterschaffene Welt beziehen. Zusammenhänge ergeben wenig Sinn, Figuren und ihre Handlungen werden überzeichnet, und eine echte Dramatik wird für den theatralischen Showeffekt geopfert.

Das wäre alles noch passabel zu überspielen, wenn das Grauen nicht gleichzeitig seinen Schrecken verlieren würde, aber genau das ist der Fall. Ob es der Blick auf die andere Seite ist oder das Erforschen des Fremden innerhalb unserer Seite, der Grusel lässt nach, das Unwohlfühlen des Zuschauers verschwindet, der Film bereitet einem keine Angst mehr. Zwar weiß „Poltergeist“ auch in dieser schwachen Phase auf etwas weniger interessierendem Level zu unterhalten, allein schon weil alles recht schwungvoll inszeniert ist, aber von nun an ist er ein theoretischer Horrorfilm, der nur noch als erzählte Geschichte funktioniert, nicht aber als Schreckmaschine oder als gefühlsechtes Drama einer Familie, der es auch ohne Spuck nicht gerade gut ging.

Alternativ zu „Poltergeist“ erweist sich „Insidious“ als die bessere Wahl, der ebenfalls gut getarnt lediglich ein Remake von Hoopers 80er Jahre Gruselmärchen für Erwachsene war, ebenfalls die Geschehnisse des Originals abarbeitend, jedoch in solch fremden Gewand, dass dies nur den sehr aufmerksamen Zuschauern auffiel. Aufgrund des hohen Gruselgehalts war es einem auch egal dass dem so ist. Er wusste dem Zuschauer gekonnt Angst einzujagen. Kenans „Poltergeist“ hingegen ist nach einem ereignisreichen Einstieg ein handzahmer Spukfilm aus der Masse geworden, der einen in der zweiten Hälfte nicht mehr zu erschrecken weiß.

Zwar besitzt er in dieser Phase noch immer den esoterischen Kitschgehalt und den abenteuerlichen, fast schon familienfreundlichen Effektbereich auf Geisterbahn-Basis wie man ihn auch in Spielbergs Produktion vorfindet, allerdings blieb das Original selbst in diesen märchenhaften und wilden Phasen unheimlich. Die Neuverfilmung ist immer nur abwechselnd eines davon, und unheimlich später gar nicht mehr. Es ist der sympathischen Charakterzeichnung der Familie zu verdanken, dass man den Film als Zuschauer trotzdem nur halb enttäuscht zu Ende guckt.  OFDb

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen