02.08.2016

AUF DER SUCHE NACH EINEM FREUND FÜRS ENDE DER WELT (2012)

Die Welt geht unter. Daran lässt „Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt“ keine Zweifel aufkommen. Direkt zu Beginn erhalten wir diese Nachricht. Sie ist der Ausgangspunkt für alles Kommende. Und nicht nur dass die Autorin und Regisseurin Lorene Scafaria daraus keinen Film über Chaos und Anarchie gemacht hat, keinen Kampf ums Überleben zeigt, ja nicht einmal den Stil eines dürsteren Endzeitfilms streift, sie blickt stattdessen tragikomisch auf die stillen, bizarren Seiten wie Menschen mit diesem bevorstehenden Szenario umgehen. In der ersten halben Stunde bekommen wir allerhand Bewältigungsmethoden einer Gesellschaft vorgesetzt, die nichts mehr zu verlieren hat. Da wird auch mal geplündert, geschossen und all das Übliche getrieben was Filme vom Ende der Zivilisation grundsätzlich erzählen, der Großteil wird jedoch aus einer eher friedlichen Perspektive betrachtet.

Beförderungen reizen keinen mehr, und wenn man sie noch so nachgeschmissen bekommt. Partnerschaften lösen sich auf. Die Angst vor Drogen verschwindet. Die Leute zelebrieren offenen Sex. Verzweifelt suchen sich Einsame Partner um nicht alleine zu sterben. Und manch Anderer organisiert sich einen Auftragskiller, um weniger qualvoll zu sterben. Nur Dodge macht nichts dergleichen. Er hat keine Wünsche und Sehnsüchte. Er fühlt sich lediglich einsam. Er kann mit der Stimmung seiner Mitmenschen nichts anfangen. Er sucht auch keinen schnellen Sex, lehnt ihn immer ab wenn ihm dieser angeboten wird. Der friedliche Mann will lediglich seine Ruhe haben. Und diese wird plötzlich unterbrochen durch das Auftauchen seiner chaotischen Nachbarin Penny - ein Erlebnis das zunächst seinen Alltag auch nicht weiter verändert.

Als die Plünderungen los gehen fühlt er sich, nun wo er sie kennt, verpflichtet ihr zu helfen. Und mit dem Brief den er drei Monate zu spät von seiner ersten Liebe erhalten hat, welche ihm den Brief schickte als die Bevölkerung erstmals von der Bedrohung des Asteroiden erfuhr, hat jetzt selbst Dodge ein Ziel vor Augen, hat er seine Highschool-Liebe doch auch nie vergessen können. Was folgt ist ein tragikomisches Road Movie darüber wie die chaotische Penny und der sensible Dodge sich auf einer Reise quer durch Amerika kennen lernen, diverse ungewöhnliche Erfahrungen machen aufgrund dessen dass sich die Menschheit, mit dem Wissen ihres Endes, unberechenbar verhält. Und schließlich verlieben sich beide ineinander, ohne die Zeit zu haben diese Emotionen wirklich auskosten zu können.

Es dauert aufgrund der eher stumpfen Art Dodges einige Zeit bis die Gefühle auf den Zuschauer überschwappen. Zunächst verfolgt man eher neugierig das Treiben all der Nebenfiguren. Und dieser Zustand hält lange Zeit an. Die beiden Hauptfiguren lernt man fast eher nebensächlich kennen, und erst in der zweiten Hälfte wird der tragische und romantische Part erst so richtig emotional. Ich habe es selten erlebt, dass ein Film dessen Musik mich in keinster Form in die richtige Stimmung versetzen konnte, mich derart emotional mitreißen konnte, wie es „Seeking a Friend for the End of the World“ (Originaltitel) konnte. Wenn die letzten Sätze im Film fallen ist das lebensbejahend wie todtraurig. Und dann schließt dieser einfallsreich erzählte, sehr zurückhaltende und still inszenierte Film wie er schließen muss.

Die Gewichtung aus Tragik und Komik, und später auch aus Romantik, hält gekonnt die Balance. Stets sind Scafaria die Menschen am wichtigsten, und damit ist man selbst in eher belanglosen Szenen mit ganzem Herzen dabei. Wenn die Putzhilfe Dodges einmal wöchentlich fleißig weiter putzt, und scheinbar keinen Schimmer vom Weltuntergang hat, ist das erfrischend komisch, in ihrem letzten Auftritt perfekt tragikomisch dank dem hervorragenden Spiel Steve Carells, der in anderen Stoffen wie „The Office“ gerne unterfordert wird und hier beweisen kann, was für ein dramödischer Charakterdarsteller in ihm steckt. Keira Knightley an seiner Seite ist niedlich, ihre deutsche Synchronstimme erst recht, und durch die tolpatschigen, trotzigen, unreifen und schmollenden Blicke Knightleys weiß die Odyssey quer durch Amerika auch emotional kompatibel mit ihrem Filmpartner zu funktionieren.

Beide zusammen in Kooperation mit Regie und Buch schaffen es dass der Zuschauer intensiv genug ins Geschehen eintauchen kann, um in den Figuren nicht mehr die Schauspieler zu sehen, sondern die gewünschten Charaktere. Und nie, aber auch nie ist der Film in Versuchung einen vom Weltuntergang ablenken zu wollen. Dass das Bevorstehende so konsequent im Bewusstsein der Protagonisten ist, sich in jedem Geschehen wiederspiegelt und somit auch für den Zuschauer nicht zu übersehen ist, macht überhaupt erst das intensive Erlebnis dieses Streifens aus, der doch eigentlich auf seine eher zurückhaltende Art ohne diesen Hintergrund recht belanglos ausgefallen wäre. So aber erleben wir mit „Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt“ ein magisches Filmerlebnis, das einen im Innersten berührt.  OFDb

5 Kommentare:

  1. Schön, dass der Film bei dir solch eine Wirkung haben konnte, mich konnte er leider nicht in solcher Weise berühren. Die am Anfang gezeigten Reaktionen der Menschen auf die bevorstehende Apokalypse fand ich noch recht einfallsreich, aber im weiteren Verlauf war der Film für mich sowohl strukturell als auch inhaltlich zu konservativ (böse Großstadt, friedliche Vorstadt, Wichtigkeit der Familie, kein Sex ohne Romanze etc.). Die emotionalen Momente wirkten auf mich nicht so richtig authentisch und die komischen Momente waren nicht komisch genug und so wurde der Film für mich gegen Ende immer uninteressanter. Und gerade das Ende war dann nochmal ein negativer Höhepunkt. Dass Dodge Penny seine Entscheidung darüber, wie die Geschichte enden soll, aufzwingt, hatte für mich fast etwas Sexistisches, dabei war es wohl irgendwie romantisch gemeint...

    Auf jeden Fall immer wieder interessant, wie unterschiedlich Filme wirken können.

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    1. Sie hat sie sich ja gar nicht aufzwingen lassen und hat sich für das Gegenteil dessen entschieden wie es enden soll. Von daher kann ich Deinen letzten Kritikpunkt nicht verstehen.

      Was das konservative Familienbild betrifft mit dem ich sonst auch gern meine Probleme habe: das hat mich aufgrund der ganzen passiven Gelassenheit Dodges gar nicht gestört, weil dieser einfach nicht wusste wonach er sich sehnt, und zur Rolle Pennys hat es aufgrund ihrer Fehlentscheidungen (gerade die Männer betreffend) gepasst, so dass ein Ende im Kreise der Familie, den einzigen Menschen die ihr je Achtung und Liebe entgegen brachten, wie ein ganz natürlicher Instinkt klingt. Dass die Hauptfiguren lieber treu und familiär leben macht einen Film ja noch nicht automatisch zum Verfechter für Familie. Dann hätte man mit der Moralkeule wedeln müssen und auch an anderer Stelle die Familie lobpreisen müssen.

      Dass der Film in den Punkten Dramatik, Humor und Romantik immer etwas zurückgeschraubt ist, empfand ich ebenso wie Du, nur habe ich dieses Weniger ist Mehr als den Pluspunkt empfunden. Gerade den Romantikaspekt machte dies für mich griffiger, da ich in dicker Kitschsoße nie eintauchen und mitfühlen kann. Hier stimmte die Chemie zwischen den Figuren und das fühlte sich dementsprechend echt an. Von authentischer Romantik würde ich jedoch auch nicht sprechen, es war eine Filmromantik, eine fiktive, das stimmt, da gebe ich Dir Recht.

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  2. Vorsicht, Spoiler.


    Es ist schon länger her, dass ich den Film gesehen habe und hatte es etwas falsch in Erinnerung. Die Szene, die ich meinte, ist nicht das Ende. Ich fand es völlig daneben, dass er sie einfach schlafend ins Flugzeug nach England setzt, obwohl das jetzt vielleicht nicht mehr ihr Wunsch ist.

    Die restlichen Dinge sind natürlich sehr subjektiv und haben vielleicht auch mit Erwartungshaltung zu tun. Vielleicht sollte ich dem Film noch eine zweite Chance geben.

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  3. Ich fand den Film auch ziemlich gelungen. Knightley und Carrell funktionieren zusammen sehr gut. Und als großer Musikfan, der ich bin, sind mir diese Vinylmitschlepp und -anhöraktionen noch immer gut in Erinnerung. Außerdem ist es schön ein konsequentes Ende zu haben, ohne irgendeine göttliche (oder sonstwie geartete) Rettung kurz vor dem Ende.

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    1. Ja, der konsequente Schluss hat mir auch gut gefallen, zumal alles andere unpassend gewesen wäre, so sehr wie der bevorstehende Untergang stets über allem schwebt, ohne dass irgendeine Szene einmal von ihm ablenken würde.

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