Zwei sich selbst hassende Zyniker landen im Knast und ähneln einander zu sehr, als dass sie sich ausstehen könnten. Mit möglichst wenig Kontakt zueinander, soweit dies eine kleine Gefängniszelle zulässt, arrangieren sie sich halbwegs. Als die Frohnatur Roberto ebenfalls in die selbe Zelle gesperrt wird, wird er zum Störfaktor und somit zum größeren Übel. Doch Roberto gelingt es mit seiner kontaktfreudigen Art das Eis soweit wie möglich zu brechen, und ein gemeinsamer Gefängnisausbruch schweißt die drei mehr zusammen als es den beiden Zynikern lieb ist - offiziell versteht sich. Einen Plot den manch einer wild und albern inszeniert hätte, den setzt Regisseur und Autor Jim Jarmusch langsam und subtil erzählt um.
Die Annäherung der Protagonisten geschieht derart schleichend, dass man sie lange Zeit als Stillstand wahrnimmt, ohne zu bemerken, dass eine Annäherung bereits stattfindet. Stiller, gut gesetzter, geistreicher Humor bereichert das wortkarge, in aller Seelenruhe abgefilmte Minimum an Ereignissen. Die Bilder sind in glasklarem, beeindruckenden Schwarz/Weiß gehalten und künstlerisch wertvoll abgefilmt. Die Darsteller wissen zu überzeugen, selbst ein Tom Waits, der zwar Musiker ist, aber durch Jugendgang-Filme wie „Rumble Fish“, „Vorhof zum Paradies“ und „Die Outsider“ längst Schauspielerfahrung sammeln konnte. Der ruhigen Inszenierung setzt Jarmusch humorfördernde und überraschende Handlungssprünge entgegen, die kostenreichere Szenen einsparen, bzw. ereignisreichere Szenen ausblenden, damit der ruhige Grundton erhalten bleibt.
Freilich wird in einer solch zurückhaltend angegangenen Inszenierung keiner am Schluss mit der heilen Welt-Verbrüderung rechnen, wie sie in einem gewöhnlichen Mainstreamwerk aufgrund der Annäherung aneinander und durch der wachsenden Sympathie zueinander dick aufgetragen präsentiert würde. Ganz im Gegenteil zeigen die beiden Zyniker selbst gegen Ende hin nach außen nicht ihre gewonnene Sympathie zueinander. Ihre unbedarfte Art entlarvt diese leicht, überschattet von einem selbstüberschätzten Selbstbewusstsein der Arroganz.
Am Ende muss man getrennte Wege gehen, denn die erlangte Freundschaft würde nie über die gemeinsam angegangene Ausbruchssituation hinaus bestehen. Es ist unwahrscheinlich dass sich die drei, oder zumindest zwei von ihnen, je wiedersehen. Aber diese Fragen lässt Jarmusch für den Zuschauer ebenso im Raum stehen, wie ausgeblendete andere Fragen, die sich mitten im Stoff befinden. So gefällt mir beispielsweise das Schlussbild in der Hotelszene, in welcher ein junges Mädchen mit einem Polizisten im Bett zurückbleibt, der sie auf unsensible Art versucht zu trösten. Ist es der Mangel an Erfahrung solcher Situationen, der ihn zwielichtig wirken lässt, oder tickt in ihm gar selbst der lüsterne Pädophile? Eine Antwort darauf ist nicht wichtig für die Geschichte, nicht ansatzweise, selbst die Frage ist es nicht. Und die Vermutung ist nicht wahrscheinlich. Aber das Gefühl steht im Raum. Und da es jeglicher Situation im Film ebenso ergeht, ist dieses Ungenannte im Raum, die Vermutung, die auch Irrtum sein kann, der Kern des Streifens, der Motor der ihn am Laufen hält - zumindest für Freunde subtilen Kinos. OFDb
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