24.07.2019

DER GROSSE CRASH (2011)

Durch die wahren Ereignisse der Finanzkrise von 2008 inspiriert, erzählt "Der große Crash" wie es in etwa intern in der Investmentbank New Century Financial Corp. zugegangen sein muss, als man sich der katastrophalen Blase, die man ignorant herauf beschworen hatte, bewusst wurde. Das interessante an diesem Filmprojekt ist der menschliche Faktor, den er als Perspektive wählt. Da wird nichts dämonisiert und mit moralischem Zeigefinger hervorgehoben, da erleben wir lediglich diverse Charaktere, wie diese im Angesicht der Tatsachen agieren und fühlen und wie sie alle, egal für wie vorbereitet sie sich auf alles fühlten, mit der plötzlichen Konfrontation der bevorstehenden Insolvenz umgehen. Mit an Bord sind eher kleine Angestellte ebenso wie der große Firmenboss. Realistisch dargeboten wird uns jeder als glaubwürdige Persönlichkeit vorgestellt, und wo andere Projekte sich in Intrigen und Konkurrenzdenken verrannt hätten, da setzt "Margin Call" (Originaltitel) auf den Mikrokosmos der Firma, einem Ort wo man miteinander vertraut ist, wenn auch auf distanzierte Art, und nun in Endzeitstimmung verfällt.

Über aller Dramaturgie schwebt eine gewisse Lässigkeit, selbst bei jenen Mitarbeitern, deren Karrieren nun enden und die noch nicht wissen wie es für sie weiter geht. Der hier dargebotene Arbeitsplatz ist ein Raum der Kühle, in dem es nicht um Warmherzigkeit im solidarischen Miteinander geht. Allerdings eskaliert die Situation nicht in einem "jeder ist sich selbst der Nächste"-Szenario. Im Hauptteil des Filmes geht es nach überprüfter Analyse des alarmierenden Risikoberichtes darum wer die kommenden Entscheidungen solidarisch mitträgt, auf wen gesetzt werden kann und für was, und was dies für die einzelnen entscheidenden Figuren in dieser einen Nacht, in welcher der Film komplett spielt, bedeutet. Am schockierendsten schaut sich in dem ganzen sachlich vorgetragenen Trubel, wie schnell die Entscheidung zum schnellen Schnitt getroffen wird, Alternativen kaum in Betracht gezogen werden und auf Verlierer der Situation keine Rücksicht genommen werden soll/kann/muss. Ob karrieredurchgemogelte Halbversteher in höherer Position, talentierte Analysten oder spontane Global Player ohne tatsächlichen Zugang zu komplexen Hintergründen, ein jeder versucht so gut wie möglich aus der Situation herauszukommen, in einer Nacht, in welcher man aus seinen Träumen gerissen wurde, dass alles immer so weiter gehen könnte wie bisher, obwohl firmenintere Experten bereits etliche Monate zuvor scharfe Bedenken äußerten.

J.C. Chandor schafft es sein Regiedebüt nüchtern, kühl und dennoch aufregend erzählt herüberkommen zu lassen. Tiefe Einblicke in Gefühlswelten werden geboten, ohne diese zu gefühlvoll darzubieten, somit passend zum beruflichen Umfeld der Protagonisten inszeniert, das Ganze stilistisch sachlich vorgetragen, ohne zu verkopft zu wirken, und einen flotten, geradlinigen Erzählfluss präsentierend, ohne zu langweilen oder zu unterfordern. Der Regisseur trifft den richtigen Ton, das Drehbuch setzt die entscheidenden Schwerpunkte, bzw. widersteht auf kontraproduktive zu setzen, die Vergleichsprodukte zu Schwerpunkten gemacht hätten, und fertig ist ein hoch interessanter Einblick in den Mikrokosmos einer Firma, die mit dem Geld anderer Leute Gott gespielt hat. Dieser Aspekt wird aber nie moralisch hinterfragt, sondern stattdessen auf Augenhöhe mit den Filmcharakteren aus der persönlichen Perspektive der früh Eingeweihten betrachtet, womit man weit mehr preisgibt, als jede vorgefertigte Schuldzuweisung ermöglicht hätte. Jeder Zuschauer kann für sich selbst aus dem Präsentierten ernten was er entdeckt. Manipulationen auf das Denken des Publikums finden nicht im Überfluss statt, sprich nicht mehr als es im Medium Film üblich ist, um funktionieren zu können. Schmackhaft wird einem das Ergebnis zudem über die gute Besetzung gemacht, die Demi Moore in einer interessanten Rolle präsentiert, mit Zachary Quinto, der den Streifen auch mitproduzierte, eine charismatisch besetzte zentrale Figur vorlegt und mit Kevin Spacey mal wieder beweist, wie gut ein jeder Film mit diesem hervorragenden Mimen zu funktionieren weiß. Je nach Filmphase konzentriert sich die Geschichte immer verschieden verstärkt auf seine jeweiligen Figuren. Von einer Hauptfigur kann man eigentlich nicht sprechen.  OFDb

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