29.12.2019

DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE (1933)

Mit "Das Testament des Dr. Mabuse" lieferte Fritz Lang 11 Jahre nach dem Original eine direkte Fortsetzung von "Dr. Mabuse, der Spieler" ab und verhalf dem mystischen Superverbrecher damit in die Welt des Tonfilms. Der Film, der durch den 1960 erschienen "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" zum Mittelteil von Langs Mabuse-Trilogie wurde, zeigt uns die Titelfigur in einem unheimlichen Zwischenzustand aus geistig abwesend und geniale Aufzeichnungen hinterlassend. Das Mysterium um sein Genie wird somit verstärkt, gewisse Horrorelemente fließen mit in die Kriminalfilm-Handlung ein. Dennoch bleiben die Hintergründe aller Geschehnisse am Ende Interpretationssache des Zuschauers. An der Gedankenkraft des Verbrechers ließ schon der Stummfilm keinen Zweifel über. Aber ob es dem Schurken gelungen ist vor seinem Tod den Körper zu wechseln, oder ob Mabuse es lediglich zu Lebzeiten schaffte seinen behandelnden Arzt irrsinnig zu machen, wird nie ganz klar. Ansonsten spielt Lang offen mit einer Geschichte, die man auch rätselhafter hätte erzählen können. Man wird schnell eingeweiht, darf der Polizei beim Rätseln zusehen und verzweifelte Verbrecher, die gerne jener Organisation den Rücken kehren würden, aus der man nur tot entkommt.

Trotz offener Karten gelingt Fritz Lang ein enormer Spannungsbogen, u.a. weil Mabuse ein übermächtiger Gegner zu sein scheint. Zudem dient ihm die mit nur wenig Spielzeit gesegnete Titelfigur für politische Parallelen, erzählen die niedergeschriebenen Gedanken des Geisteskranken doch von der Idee einer Herrschaft des Verbrechens, von einer Gesellschaft die geängstigt gelenkt werden muss, um sich zur vollen Entfaltung entwickeln zu können. Es braucht nicht verwundern, dass mit dem Beginn des Nationalsozialismus "Das Testament des Dr. Mabuse" noch vor einer öffentlichen Vorführung verboten wurde und stattdessen seine Ur-Aufführung im Ausland erhielt. In Deutschland sollte der Film erstmals in den 50er Jahren zu sehen sein, seine Parallelen einer Kritik des Hitler-Regimes sind unübersehbar. Reizvoll sind die Pläne auf dem Weg zu dieser Herrschaft ausgefallen: das bewusste Hinführen zu einer Inflation, das Vergiften des Wassers und das Ausüben sinnloser Verbrechen, die keinem nützen, rein der Panik wegen, die diese Taten auslösen würden. So faszinierend sich gerade das Gelingen dieses Szenarios schauen würde, Lang begnügt sich mit den Anfängen dieser Taten, bevor der Schurke gestoppt werden kann - unabhängig von polizeilichem Einfluss auf die selbe Art wie einst. Der Wahnsinn hat den Verbrecher eingeholt.

Trotz der absichtlich politischen Parallelen verschreibt sich "Das Testament des Dr. Mabuse" vordergründig erneut dem Unterhaltungsfilm. Ebenso wie sein Vorgänger, so bietet auch der hier besprochene Grusel-Krimi erst auf analytischer Ebene mehr Tiefgang, als es zunächst scheint. Letztendlich weiß der oft noch mit Stummfilm-Methoden abgedrehte Film auf beiden Ebenen zu funktionieren, zeitgleich z.B. dann wenn Mittäter erkennen, auf was sie sich nach relativ harmlosem Einstieg tatsächlich eingelassen haben. "Dr. Mabuses Testament" (Alternativtitel) ist stilsicher und professionell erzählt, was man allein daran sieht, dass er sich mystisch und unheimlich guckt, obwohl er mit den meisten Rätseln offen spielt. Auf dramaturgischer Ebene kann er mit dem Vorgänger nicht mithalten, das Genre des Dramas kommt eher bemüht dargeboten daher. Da es sich nie in den Mittelpunkt drängt, schadet dies dem Gesamtfilm jedoch nicht.  OFDb

1 Kommentar:

  1. Ich kenne, glaube ich, nur den ersten der Mabuse-Reihe. Aber selbst daran kann ich mich nur noch schlecht erinnern. Man schaut viel zu selten diese alten Geschichten, die oft doch sogar besser sind als viele moderne Filme des Genres. Muss mir doch mal wieder die Zeit nehmen derlei Werke zu konsumieren.

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