01.03.2020

DER UNHEIMLICHE MR. SARDONICUS (1961)

William Castle schafft es immer wieder eigentlich arg plumpe Stoffe charmant darzubieten. Mag der gute Mann auch aufgrund seiner Metaebenen-sprengenden Gimmicks berühmt geworden sein - im hier vorliegenden Fall mit einer fingierten Abstimmung des Kinopublikums, wie der Film enden soll - sie wirken im Nachhinein geradezu störend, haben seine trivialen Filme dies aufgrund ihrer Sympathie, die sie ausstrahlen, doch eigentlich gar nicht nötig. In "Der unheimliche Mr. Sardonicus" fällt immer wieder auf, wie klassische Elemente geradezu klischeebeladen Einzug in das Szenario halten, während winzige Elemente diese gleichzeitig leicht aufbrechen. Das fällt z.B. in der Figur des Dieners auf, der keinesfalls so geistlos geraten ist, wie die üblichen Vertreter in Konkurrenzprodukten, und dem weit mehr Charakter beschert wird, als üblich. Zudem ist der nicht ernstzunehmende Humbug, den uns Castle als Horrorfilm verkaufen will, in schönen Settings abgefilmt. Das Schloss weiß, zumindest von innen, zu überzeugen. Und insbesondere der Rückblick, der das Schicksal Sardanicus erklärt, ist geradezu klassisch stimmig, auf einem nebeligen nächtlichen Friedhof spielend, umgesetzt. Er stellt meiner Meinung nach auch den Höhepunkt des Streifens dar, zumal er inhaltlich an dieser Stelle am interessantesten ausgefallen ist

In dieser Szene, wie auch in manch anderer, wirkt der Bösewicht unglaublich zahm. Dann ist er wieder der fiese Folterer ohne Gewissen. Aufgrund des stetigen Einhaltens seit Jahrzehnten im Genre verwendeter Klischees, wird die arg naive Geschichte aufgrund fehlender Reflexion ein Meer an Widersprüchlichkeiten und Unglaubwürdigkeiten, erkennt man doch z.B. nicht die Gründe, warum der Arzt nicht einfach vom Schloss flieht, Sardonicus und seinen Diener anderweitig überrumpelt, oder was auch immer. Man beruht sich auf die zeitgenössischen gesellschaftlichen Pflichten eines gewissen Charaktertyps, und erwartet dass der Zuschauer deswegen nicht weiter nach bohrt. Dementsprechend kann aus diesem charmanten Streifen nie mehr werden, als die sinnlose, nie gruselige Attraktion einer Geisterbahnfahrt auf dem Jahrmarkt. Und als wäre bereits das Grundgerüst des Streifens nicht schon lächerlich genug ausgefallen, kommt es noch mit wissenschaftlichen Unsinnigkeiten daher, die selbst im Bereich des klassischen Mad Scientist-Horrors seinesgleichen sucht, gerade was die Behandlungsmethoden des im Zentrum stehenden Arztes betrifft. "Sardonicus" (Alternativtitel) umweht eine Blauäugigkeit, die vom Zuschauer geradezu erwartet wird, damit das Werk überhaupt funktionieren kann.

Dass "Mr. Sardonicus" (Originaltitel) dennoch mehr geworden ist, als ein olles unfreiwillig komisches Produkt, liegt an dem skurrilen Touch, den William Castle seinem Werk beschert. Die Geschichte wird äußerst bizarr präsentiert, z.B. sowohl in der Idee des Maske tragenden Barons, als auch in dessen Enttarnung, erwartet man doch eher ein veräztes Gesicht oder Brandwunden, anstatt das worunter der Bösewicht tatsächlich leidet. Diese bizarren Zutaten inmitten eines stimmigen Settings und einer angenehm agierenden Besetzung, zeigen dass der Film keineswegs ein liebloses Schnellschussprodukt ist, sondern ein mit Ambitionen gestaltetes, das keinesfalls mehr sein möchte, als die kleine Portion Trivialität für zwischendurch. An der deutschen Synchronisation fällt auf, dass in einem Vorwort Castles von Ghuls die Rede ist, sie innerhalb des eigentlichen Films jedoch Vampire genannt werden, wahrscheinlich auch weil in deutschen Breitengraden die Figur des Ghuls relativ unbekannt ist, zumindest im Vergleich zum Werwolf, dem Vampir oder dem Zombie. Letztendlich ist das aber auch egal, da dieser Aspekt eine derart winzige Randerscheinung inmitten einer Geschichte um Wahn, Krankheit und Unterdrückung ist, dass eine Erwähnung diesbezüglich im Vorwort ohnehin falsche Erwartungen setzt. Dieses reißerische Vorgehen ist jedoch so augenzwinkernd gemeint, wie der komplette Film und soll ohnehin nichts anderes als Schaumschlägerei sein. Und gerade aufgrund dieser schelmischen Herangehensweise verzeiht man dem flott inszenierten Film offenherzig all seine Schwächen - zumal einige, zumindest rückwirkend nach all den Jahren in Form von Retrocharme, zu Stärken werden.  OFDb

4 Kommentare:

  1. Tjaja, der gute alte William...
    Seltsames Zeugs hat der abgedreht. Nicht ohne Talent, aber bisweilen ohne Sinn und Zweck...

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    1. Viel kenne ich noch nicht von ihm, aber das wird sich so nach und nach ändern. Wenn's wie hier oder beim Tingler bleibt, bin ich auf jeden Fall weiter dabei. Sympathischer Nonsens :)

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    2. Etwas fällt mir in Deiner Rezi übrigens auf: Du schweigst Dich über die Besetzung der Rollen aus. Ist das Absicht?

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    3. Nun ja, ich schrieb ja zumindest was von einer angenehm agierenden Besetzung. Ins Detail gehe ich bei Schauspielern eher selten. Wüsste hier auch nicht viel mehr drüber zu sagen, außer vielleicht dass der Arzt etwas wie Hasselhoff aussieht. :D

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