Ein Film gegen das Thema Rassismus sah im Amerika der 60er Jahre weit anders aus als heutzutage. Während Fortschritte bemerkbar werden, allein schon aufgrund der heute simpel klingenden Thematik um ein Hautfarben-gemischtes Pärchen, lassen sich auch Rückschritte zu heute erkennen, wenn die Figuren des Films sich weit freier und unverkrampfter äußern, als dies heutzutage der Fall ist. Dass das Thema Rassismus nach wie vor aktuell ist, zeigen leider immer wieder unangenehme, verbrecherische Ereignisse, weshalb es kaum verwundert, dass es erst vor wenigen Jahren eine Quasi-Horror-Version des hier besprochenen Stoffes namens "Get Out" auf die große Leinwand geschafft hat, welches als Aufhänger einen vergleichbaren Ansatz wie Stanley Kramers Werk wählt. Kramer thematisierte den Rassismus bereits in seinen Filmen "Flucht in Ketten" und "Das Urteil von Nürnberg". In "Rat mal, wer zum Essen kommt?", einer leicht humoristischen Variante, vereint er seine jeweils dort agierenden Stars Sidney Poitier und Spencer Tracy zusammen in einem Film. Prominent hinzu stößt Audrey Hepburn, was insgesamt einen Star-besetzten Film für ein derart mutiges Thema ergibt. Diesen Mut besitzt die Tragikomödie gleichzeitig in einem lockeren Umgang mit Religion, einem weiteren Reizthema, auch wenn es diesen Bereich nur gelegentlich streift.
Die Rassismus-Problematik hingegen steht unverblümt im Vordergrund, weit weniger humoristisch verarbeitet als erwartet, seine Geschichte sehr ernst nehmend und dabei einen, gerade mit heutigen Augen interessanten, vergangenen Zeitgeist auf ein Thema werfend, welches, von "Rate mal, wer zum Essen kommt" (Alternative) bereits prophezeit, leider noch heute enorme Ungleichheiten in der Bevölkerung der USA aufweist. Interessant ist der Ansatz, einen Liberalen mit der Problemstellung zu konfrontieren, sich dazu entscheiden zu sollen einen Schwarzen als Ehemann seiner Tochter zu akzeptieren. Schon immer erzog er sie nach dem Prinzip, dass alle Menschen gleich behandelt werden müssen. Das Problem, welches er mit der Sachlage hat ist nicht, wie man vermuten könnte, eine heuchlerische Hemmschwelle, sich selber anders eingeschätzt zu haben, als es schließlich tatsächlich der Fall ist. Er macht sich vielmehr Sorgen um das Paar an sich. In vielen Staaten ist eine gemischte Ehe zum Erscheinungszeitpunkts des Filmes noch verboten, das Paar wird vor allerhand gesellschaftlichen Schwierigkeiten stehen und muss stark sein, um sich durchsetzen und sich gegen Vorurteile, Angriffe und unbedachte Äußerungen wehren zu können. Es wird ein nie endender Kampf werden, und Matt ist sich nicht sicher, ob dies dem Paar auch tatsächlich in dieser Konsequenz bewusst ist. Wirft man einen Blick auf die Tochter, wird das Problem, vor welchem der Vater steht, verständlich, handelt es sich doch um eine arg naive Frau, die schon andere Bereiche geradezu blauäugig betrachtet.
Was man "Rat mal wer zum Essen kommt?" (Alternativtitel) lassen muss, ist dass er die zu erwartende finale Entscheidung des Vaters nicht einfach nur emotional als Happy End präsentiert, sondern dieser ein langer Prozess des Überlegens vorausgeht, an dem wir zu einem guten Teil teilhaben dürfen. Mit ihm, so ist auch der Großteil des Streifens wohlüberlegt und keinesfalls geistlos geraten. Allein schon deswegen tut es gut, dass der Film an anderer Stelle, gerade immer dann wenn der Freund des Vaters ins Geschehen tritt, einen entspannteren Zwischenton anklingen lässt. Etwas unpassend empfand ich lediglich die zu plump geratenen Kommentare des ungebildeten, schwarzen Dienstmädchens der Familie, zumal die Erweiterung dessen, dass Rassismus von beiden Seiten kommt, bereits mit der Figur des Vaters des Verlobten eingebracht wird, und dies weit glaubwürdiger. Wie vielschichtig das Thema bereits hier präsentiert wird, beweist sich zusätzlich im Bereich des gerade heutzutage wieder stark diskutierten Alltagsrassismus, im hier besprochenen Film repräsentiert durch eine Angestellte der Mutter, die sich ihres Falschverhaltens nicht bewusst ist. Locker inszeniert, professionell dargeboten und geistreich geschrieben ist ein interessanter Mix aus Drama und Komödie entstanden, der zu unterhalten und zu beschäftigen weiß, ohne gleich zum großen cineastischen Wurf zu werden. Was seinerzeit ein mutiges Unterfangen war und mit seiner direkten Art manch Konservativen sicher einst provozierte, ist heutzutage ein Lehrstück darüber geworden, wie Wortzensur, Verlegenheit und Angst falsch verstanden zu werden, keine Hilfe zur Lösung dieser Problematik sind, sondern ein erweitertes Zusatzproblem freiheitlicher Unterdrückung und Individualität in einer angeblich tolerant geprägten Gesellschaft. OFDb
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