20.07.2020

INTERCEPTOR (1986)

Mehr 80er Jahre-Luft, als "Interceptor" präsentiert, kann ein Film nicht bieten. Aber das muss nicht immer etwas Gutes sein, denn Mike Marvins Werk präsentiert uns all das, was in diesem wunderbaren Jahrzehnt parallel schief gelaufen ist. Das Publikum von "Top Gun", "Dirty Dancing" und Co würde sich fragen, was der olle Schlombie denn hat, so unterhaltsam wie das Werk doch ausgefallen ist. Aber der Film teilt sich mit den anderen Beispielen die extreme Einfältigkeit und Naivität einer Schrott-Handlung im Modemeer seiner Entstehungszeit. "The Wraith" (Originaltitel) ist tatsächlich nicht ohne Unterhaltungswert ausgefallen, den Großteil erntet er aber aufgrund der unfreiwilligen Komik, die einen im Meer an Klischees und einer dümmlichen Chose pausenlos um die Nase weht. Noch stumpfer ausgefallen als der berühmte 90er-Jahre-Film, wirkt der hier besprochene Fantasy-Streifen wie die Autofreak-Version von "The Crow". Was diesem an künstlerisch wertvoller Optik und Stimmung zum wirksamen Produkt verhalf, versucht "Interceptor - Phantom der Ewigkeit" (Alternativtitel) durch wilde Schlitten, fetzige Autojagden und schlechter Musik (mit Ausnahme eines Billy Idol-Songs) aufzufangen. Dass dies nicht gelingt ist klar.

"Interceptor" ist ein pubertärer Film, ideal für das Jugendpublikum von einst, wenn auch nie deren Mentalität tatsächlich ansprechend, wie es ein John Hughes beherrschte. So wie in "Karate Kid" die komplette Welt Karate kämpft, in "Over the Top" jeder Mensch an Armdrücken interessiert ist, so beteiligen sich hier alle Jugendlichen an Autorennen. Und nur um die geht es, mit Ausnahme des Sheriffs. Die komplette Erwachsenenwelt wird, wie in "Massaker in Klasse 13", selbst dann ausgeblendet, wenn es für die Geschichte eigentlich wichtig wäre. Das Phantom, in Form eines noch sehr jungen Charlie Sheens, bleibt ein blasser Irgendwer, meist in ebenso oberflächlicher Lovestory gefangen agierend, die das Verarbeiten des im Zentrum stehenden Verlustes nie wirklich empathisch zu greifen weiß. Die Figuren kümmert das Vergangene nicht wirklich, egal wie tragisch und ungelöst es war. In den Actionszenen ist Sheen nur in getarnter Raser-Kluft zu sehen, was allerdings Wirkung besitzt. Die Szenen, in denen er derart auftreten darf, wissen jedoch trotzdem nicht zu wirken, fehlt es dem Regisseur, der mit "Hamburger - The Movie" im selben Jahr sein Debüt ablieferte, doch an Talent eine stimmige, übernatürliche Atmosphäre zu entfachen. Während die Rennszenen als geglückt bezeichnet werden können, fehlt jegliches andere Gefühl, welches der Film eigentlich verursachen sollte: Romantik, Mystik, Dramaturgie, Spannung. Übertrieben peinlich dargestellte Punks, wie man sie in dieser Extreme auch in "Surf Nazis Must Die" und "Die Klasse von 1999" erleben darf, springen einer nach dem anderen über die Klinge des fragwürdigen, aber edel dargestellten Racheengels, der ebenso platt-getretenes Extrem-Klischee ist, wie jede Figur und Situation des Streifens.

Besonders extrem erwischt es den Bösewicht im Zentrum, der eigentlich wunderbar besetzt derart extrem charakterisiert wird, dass die typischen jugendlichen, kriminellen Stephen King-Mobber, wie man sie u.a. aus "Es" und "Christine" kennt, dagegen wie authentisch scheinende Teenager aus dem Alltag wirken. Lustiger Weise rettet diese lebensferne Übertreibung den Streifen vor der Belanglosigkeit. Ernst nehmen kann man ihn nicht, aber als überzogene, unfreiwillige Groteske amüsiert er durchaus. Selbst dann ist er mir jedoch aufgrund der ständigen Wiederholung der Geschehnisse und seiner gefühllosen Unnahbarkeit zu langatmig ausgefallen, als dass ich ihn als trashige, kurzweilige Unterhaltung betrachten könnte. Auch aus diesem augenzwinkernden Schund-Blickwinkel betrachtet will er meiner Meinung nach nicht vollends funktionieren. Dass er dies bei einigen unkritischen Cineasten völlig frei vom Trash-Blick tut, überrascht mich sehr. Das Drehbuch verrät nie was das alles soll, und warum das alles dahin führt, wo es endet. Man lernt nichts über die Gesetzmäßigkeiten des Racheengels, warum er seine Chance bekam, warum er nicht in alter Gestalt zurückkehrte, man begreift nicht einmal jene Elemente der Geschichte, die nicht übernatürlicher Ursache sind. Warum der Sheriff handelt, wie er es tut, oder warum das Rätsel um den Mord niemanden mehr beschäftigt, ist ebenso wenig nachvollziehbar, wie die meisten Handlungsweisen jeglicher Figur in diesem Film überhaupt. Man muss schon tief und unreflektiert in seinem Lieblingsjahrzehnt der 80er Jahre feststecken, um an "Interceptor" keine Ungereimtheiten und Defizite zu entdecken, bzw. um diese komplett ignoriert zu bekommen.  OFDb

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