11.02.2013

HINTER DEM HORIZONT (1998)

Chris Nielsen verliert zunächst seine beiden Kinder, einige Jahre später stirbt auch er und erwacht im Jenseits. Zunächst fällt es ihm schwer sich von seiner Frau Annie zu lösen. Nach und nach findet er sich im Jenseits zurecht. Doch als er die Nachricht bekommt, dass Annie allein gelassen Selbstmord begangen hat und nun in der Hölle feststeckt, beschließt Chris sie dort herauszuholen. Allen Warnungen zum Trotz macht er sich mit zwei Helfern auf den Weg...
 
Hinter dem Horizont gleich rechts...
 
Bei dieser Geschichte ist Kitsch vorprogrammiert, deshalb ist man vorgewarnt und darf nur bedingt darüber schimpfen. Bedenkt man aber die extreme Naivität, die vom Zuschauer abverlangt wird, muss man schon über das gezeigte Jenseits schimpfen. So stellt sich der zivilisierte Mensch aus einem Industriestaat den Himmel vor. Angelehnt an die Natur im allgemeinen ist hier nichts. Das Jenseits ist ebenso entfremdet wie das Denken eines solchen Menschen. Kritisch wird mit dem Thema nicht umgegangen. Ward wollte einen Film zum träumen kreieren, und dies gelingt ihm zumindest bei den Träumern.

Der Realist wird nicht mit hinübergezogen in die Welt, die er uns dort zeigt. Für den Realist wird es ein theoretischer, recht kritischer Besuch, der sicherlich die wunderbare Optik in all ihren (wenn auch arg überfrachteten) Spezialeffekten zu bestaunen wissen wird, mit dem Film selbst jedoch auf die Laufzeit gesehen nie eins werden wird.

Erfreulich ist das Ignorieren zu vieler christlicher Vorstellungen. Da gibt es das Paradies und von einem Gott wird auch geredet, aber ansonsten durften die Drehbuchautoren sich mit ihrer Phantasie kräftig austoben, in der Hölle noch mehr als im Himmel. Da das Paradies, mit all seinen Regeln die man gemeinsam mit Chris entdecken darf, einer eigenen Philosophie folgt, wird der bittere Nachgeschmack von Selbstmördern die in der Hölle landen schnell wieder wett gemacht, denn die Erklärung hierzu kann sich echt sehen lassen und beschert Chris' Mission ganz andere Probleme, als zunächst vermutet.

Doch positive Dinge wie diesen gibt es in „Hinter dem Horizont“ recht wenige. Die meisten guten Punkte bauen auf der Phantasie der Erfinder der Geschichte auf: der blaue Baum, die Gesichter im Höllenboden, die Ölfarbe im Paradies, ... Doch auf emotionaler Ebene versagt der Film meist. Die Liebe des Ehepaares wird gut herausgearbeitet, die Liebe zu den Kindern weniger. Der Drang der Menschen im Paradies als andere Persönlichkeiten aufzutreten wirkt nicht nur fremd und unglaubwürdig, sondern verrät auch die ein oder andere Überraschung viel zu früh. Und da die Überraschungen, die dem Zuschauer im Paradies bevorstehen, meist auf versteifte, amerikanische Familienwerte und anderweitige Moral aufgebaut ist, bekommt Wards Film im allgemeinen einen bitteren Nachgeschmack.

Rückblicke verweisen immer wieder auf Lücken, die bewusst gewählt wurden. Doch manche Informationen zum Füllen des bisherigen fehlenden Wissens, werden nicht glaubhaft eingefangen. Das Unwissen und die Phantasie des Zuschauers hätte in manchem Punkt wahrscheinlich gereicht. Ganz speziell kommt mir dabei die Szene in den Sinn, in der man erfährt wie Chris Annie dabei hilft ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, nachdem beide Kinder verstorben sind. Das Gezeigte diesbezüglich wirkt mir zu vereinfacht, schlichtweg zu naiv, und da darauf auch in Chris' Jenseits-Mission eingegangen wird, ist durch solche Momente im kompletten Film der Wurm drin. Immerhin möchte Ward ein Geflecht aus Informationen und Gefühlen bilden, die alle miteinander zu tun haben, Einfluss auf spätere Erlebnisse haben, usw. Das ist auch lobenswert, will in diesem Fantasy-Drama allerdings nicht wirklich funktionieren.

Wem es reicht schöne Bilder zu sehen, oder wer sich sehr naiv der Träumerei und einem gewissen Grad Kitsch hingeben kann, der wird vielleicht Freude empfinden, wenn er in die geheimnisvolle Welt des Jenseits entführt wird. Wer jedoch die weltfremden Ansichten typischem Kleinbüger-Denkens Amerikas nicht teilen kann, der wird auch nicht warm werden mit Wards märchenhafter Erzählung. Da die Wahrscheinlichkeit für ein derartiges Ergebnis jedoch recht hoch lag, wird ein solcher Filmfreund auch nicht all zu überrascht über den Mangel an Cleverness und Einfühlungsvermögen sein. Um mutig ein glaubwürdiges Jenseits zu zeigen, bedarf es eines echten Künstlers seines Fachs, eines Regisseurs, der sich nicht nur auf schöne Bilder und Kitsch verlässt, sondern den Mut hat die Gesetze der Natur im Jenseits weiterzuspinnen, anstatt auf naive Wunschträume verwöhnter Menschen zu setzen.  OFDb

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