Der Schriftsteller Stefano bekommt von seiner Frau eine
Schreibmaschine geschenkt. Auf deren Farbband entdeckt er Texte vom
Vorbesitzer, die sich mit sogenannten K-Zonen beschäftigen. Stefano
forscht nach und entdeckt, dass einige Leute davon überzeugt sind, dass
in den besagten Zonen aufgrund fehlender Zeitverhältnisse Tote wieder
auferstehen können. Stefano will der Sache auf den Grund gehen und
erkundigt sich über den Vorbesitzer, einen ehemaligen Pfarrer, der
kürzlich verstorben ist...
Alle Jahre wieder lohnt es sich diesen kaum bekannten Horror-Klassiker aus dem Jahre 1983 auszubuddeln. 6 Jahre vor „Friedhof der Kuscheltiere“ gedreht, der einige Parallelen aufweist, und ein Jahr vor Erscheinen des Buches von Stephen King, erblickte die italienische Produktion das Licht(spielhaus) der Welt und kann sich somit vom Ideenklau freisprechen. Ob King von „Zeder“ inspiriert wurde, weiß ich nicht. Häufig entstehen gleiche Ideen und Erfindungen unabhängig voneinander in engen Zeiträumen.
Avatis Werk fängt schlicht an, präsentiert uns einen Vorspann ohne Bildmaterial, schwarzer Hintergrund, weiße Schrift. Die Musik, die deutlich an den Sound der Band Goblin erinnert, mixt bunt verschiedene Stilrichtungen. Ein poppiger Sound vereint sich mit meist dumpfen, monotonen Tönen und wird unterstützt von hektischen Streichklängen, die sich einen Vergleich zum „Psycho“-Soundtrack gefallen lassen müssen. Die Musik ist stimmig, und so ist es auch gar nicht schlimm, dass, wie in Italien üblich, kaum eine andere Melodie ertönt. Das Titellied begleitet uns durch den Film bis hin zum Abspann.
Eine mysteriöse Vorgeschichte in düsteren Bildern stimmt einen wohlig gruselig ein, weckt Interesse, gibt jedoch keine Hintergründe, sondern wirft vielmehr Fragen auf das Kommende auf.
Erst nach 10 Minuten erscheint der Held auf der Leinwand, mit dem man nun eine kleine Kriminalgeschichte erlebt. Stafano ist ein neugieriger Mensch. Sein Interesse wird zunächst wegen einer Buchidee geweckt, doch je tiefer er in die Materie der K-Zonen vordringt, um so besessener wird er von der Idee. Man könnte gar urteilen, dass er seinen Verstand verliert, noch bevor er die finale Tat begeht, die ihm diesen Zustand endgültig bescheinigt.
Trotz Krimiplot sind die Entdeckungen von Stefano nie sonderlich überraschend. Gegen eine solche Wirkung arbeiten auch jene Szenen, die sich mit einer anderen Gruppe Menschen befassen, nämlich den Forschern der K-Zonen. In deren Szenen wird schon manches verraten, was Stefano erst später erfahren wird, jedoch nie um mit der Unwissenheit des Protagonisten zu spielen. Was das ganze soll, weiß ich nicht. Man sollte meinen es schadet dem Film, tut es erstaunlicher Weise jedoch nicht. Mag sein dass wir dies dem Stil des Films verdanken.
„Zeder“ ist ein Zombiefilm, könnte aber unterschiedlicher als der klassische Streifen dieses Subgenres nicht sein. Avati verzichtet sowohl auf harte Bilder, als auch auf Massen-Zombieszenen. Hier wird niemand gefuttert und Untote gibt es ohnehin kaum zu sehen. Das mag nüchtern klingen, wird aber dadurch entschuldigt, dass Avati etwas ganz anderes im Sinn hatte: einen Gruselfilm.Den Spannungsgehalt der zu dieser Filmrichtung gehört kann der gute Mann nicht immer aufrecht erhalten, aber gruselig wird es oft genug, und zwischendurch bleibt stets eine geladene Atmosphäre erhalten, die den Zuschauer in einem Bann hält, der ihn gar nicht erst auf die Idee bringt, dass ihm langweilig werden könnte.
Zombies und Gruselfilm sind in der ersten großen Zombiewelle ein ungewöhnlicher Mix gewesen, um so schöner dass Avati das damals moderne Thema mit klassischen Mitteln untermalt. Knarrende Türen und Fußböden, die meisten Szenen in Dunkelheit gehalten und staubige Locations (einige Gruftaufnahmen und das letzte Drittel spielt häufig auf einer Hotel-Baustelle).
Im Pfarrer, um dem es hintergründig geht, vereinen sich die klassischsten Horrorgestalten. Sein Beruf passt zum Genre, seine Abkehr vom Priestersein ebenso. Optisch erinnert er ein wenig an das Monster Frankensteins (von der Kopfform her, er selbst ist kein Freak). Im Sarg liegend erinnert er an Dracula, ebenso im Moment des Erwachens. Fängt er an zu lachen, das einzige Element, das ich weniger stimmig fand, klingt er wie eine Hexe. Dass all diese klassischen Elemente von Stefano auf einem damals modernen Monitor einer Überwachungskamera gesichtet werden, spiegelt nur den Gesamtstil des Streifens wieder: die Moderne paart sich mit der Klassik.
Und Avati fährt gut damit. Zur Seite stehen ihm für den italienischen Horrorfilm unübliche gute Schauspieler. Auch wenn der Darsteller des Stefano hin und wieder etwas steif wirkt, so passt er doch hervorragend in die Rolle. Auch seine weibliche Begleiterin darf nicht nur hübsch sein, sie darf auch schauspielern. Um so erfreulicher ist es, dass sie keine dieser sonst so typischen Kreisch-Rollen beschert bekommen hat.
Ansonsten ist ihre Rolle eher klassisch angelegt, weniger emanzipiert als viel mehr brave Ehefrau. Aber das wird schon zur italienischen Kultur von damals passen, ebenso die direkten Worte unter Vertrauten und das häufige Fehlen von Entschuldigungen und Danksagungen. Das wirkt mit heutigen Sehgewohnheiten befremdlich, macht den konsequenten Film aber auch interessanter zu gucken als irgendwelche Dutzendware.
Der Schluss ist moralisch, aber nicht erdrückend. Außerdem punktet er mit einigen Wendungen und Überraschungen, bis hin zu seiner gelungenen Pointe.
Manch einer könnte meinen, der Film sei geschnitten. Gerade wenn es blutig werden könnte, kommt es zu einem raschen Wechsel zur nächsten Szene. In den meisten Momenten ist dies stilsicher umgesetzt und ein Spiel mit dem Zuschauer, an anderen Stellen so abrupt, dass ich mich erst im Internet davon überzeugen musste, ob hier nicht doch böse deutsche Sittenwächter Hand angelegt haben.
Solche ruppigen Übergänge sind selten, so dass man Avati eine gute Regie bescheinigen kann, für sein Entstehungsland gesehen gar eine überdurchschnittliche, die in diesem Genre meiner Meinung nach lediglich vom Künstler Argento getoppt wird.
„Zeder“ ist ein ruhiger, düsterer Film für Freunde vergangener Kinozeiten, die lieber grobkörnige statt glänzende Bilder sichten. Geduld muss man für ein solches Werk sicherlich aufbringen, dank einer durchgehend stimmigen Atmosphäre ist dies jedoch leichter als es klingen mag. Avatis Film ist ein kleiner, unbekannter Klassiker, der mehr Beachtung verdient hätte. Bedenkt man Zeit, Land und Subgenre, ist es gar ein mutiges Werk. OFDb
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