Jeder kennt die Muppets, ob jung, ob alt. Fast jeder erzählt welche Puppe er am lustigsten findet und wie toll das alles war was er da mal gesehen hat, aber zuschauen wollte scheinbar keiner mehr, wurde doch beispielsweise die „Muppet Show“ auf DVD aus mir unbekannten Gründen bereits nach drei Staffeln eingestellt, obwohl es zuvor hieß alle Staffeln würden binnen eines Jahres erscheinen. Die Muppets führen ein Rest-Prominenzleben im US-TV mit gelegentlichen Filmen und Festtags-Specials, und bereits in den 90er Jahren wurde der Versuch ihnen mit „Muppets Tonight“ wieder ein regelmäßiges Forum zu geben, von Zuschauerfüßen getreten. Keiner interessierte sich für ihre Rückkehr, da konnte auch moderne Prominenz nichts dran ändern. Die Liebe zu den Muppets war eine rein theoretische, eine nostalgische.
„Die Muppets“ setzt bewusst auf diesem Todpunkt an, weiß wie verloren sein Patient ist und weiß dass die aktiven Fans zur Minderheit gehören. Von daher ist der Gedanke 12 Jahre nach „Muppets aus dem All“ mal wieder einen Kinofilm zu drehen aus finanzieller Sicht trotz der Berühmtheit dieses Franchising recht gewagt. Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Mitproduzent Jason Segel hat es dennoch gewagt, anscheinend war es ihm eine Herzensangelegenheit die Muppets aus der Versenkung heraus zu holen und dies scheinbar mit Erfolg, las ich doch erst kürzlich dass mittlerweile eine Fortsetzung geplant ist. Ob dieser halbwegs erzielte Erfolg gerechtfertigt ist, sei einmal angefochten. Ich wurde zumindest bereits vor der Sichtung vorsichtig, als ich las dass Ur-Puppenspieler Frank Oz für das Projekt nicht zu begeistern war. Beim Reanimationsversuch mit „Muppets Tonight“ und Henson-Sohn Brian war er noch motiviert dabei.
Zunächst einmal fällt auf, dass die Geschichte nicht viel her gibt. „Die Muppets“ soll eine Verbeugung vor dem Original sein, da mag man es als passend ansehen können dass Kermit versucht die Truppe für eine Show zusammen zu trommeln. Wenn man jedoch nicht nur im modernen Kino unterwegs ist, sondern auch ältere Werke schaut, dann hat man mit „Muppet Movie“ und „Die Muppets erobern Manhattan“ bereits zwei mal eine nahezu ähnliche Geschichte gesichtet, eine solche die schon beim ersten Mal nicht das Gelbe vom Ei war.
Als Verbeugung vor dem Original mag das in der Theorie noch funktionieren, aber „Die Muppets“ sollte mehr als das sein. Man wollte die Muppets auch ins angekommene Jahrhundert katapultieren, freilich nicht mit zu viel Gewalt, die Seele der alten Projekte sollte beibehalten werden, doch das hat nicht wirklich geklappt. Zwar kann der Film tatsächlich mit anderen Muppets-Filmen mithalten, doch waren die nie das Herz des ganzen. „Die Muppet Show“ war der Zuschauermagnet. Und die war im Gegensatz zu den Filmen recht anarchistisch aufgebaut, trotz Feinsinn für Kunst laut und provokativ für seine Zeit. Die Filme waren schon immer viel zu brav, und der neue „Die Muppets“ ist dies auch.
Brav Ende der 70er Jahre, als mit „Muppet Movie“ der erste Langfilm der Puppen in den Kinos lief, war noch etwas anderes als brav zu Zeiten der Political Correctness. An den Muppets ist nichts mehr frech. Und die Prominenz grinst nur noch lieb und zahm vor sich hin, sicherlich mit glaubhafter Liebe zum Projekt, das Urgeschehen jedoch nie verstanden habend. Einzig Jack Black ab seinem zweiten Auftritt versprüht alten Gäste-Charme und kann damit Pluspunkte sammeln, der Rest ist akzeptables aber müdes Recycling, das so in der Art nicht hätte aussehen müssen.
Was soll man z.B. davon halten, dass ein Film, in welchem die Muppets im Zentrum stehen sollen, Musicalnummern beinhaltet, in welchen die berühmten Puppen zu Statisten degradiert werden? In seiner schlimmsten Szene tanzt ein Haufen Menschen fröhlich grinsend in braver Choreographie auf der Straße, und damit das ganze noch was mit den Muppets zu tun hat, lässt man ein paar Puppen nach einiger Zeit im Vordergrund mittanzen. Das ist peinlich, ärgerlich, unnötig und eine Beleidigung an die Mühe früherer Projekte.
Die Geschichte dümpelt ansonsten seicht vor sich hin, bietet eine sympathische Ausgangslage, zu viel selbstverliebten Gesang und gelegentlich manch netten Gag. Aber so recht zünden will da lange Zeit nichts. Nichts - bis zu jenem Zeitpunkt wenn die Muppet Show innerhalb des Kinofilms startet. Hier kommt nun der nötige Gehalt greifbarer Nostalgie auf, man lächelt über simpelste Dinge und hat Spaß dem munteren Treiben zuzuschauen. Und in dem Moment wurde es mir wieder bewusst: das Kino ist der falsche Ort zur Reanimation. Wenn diese Szenen in „Die Muppets“ etwas beweisen, dann dass es einer neuen „Muppet Show“ bedarf und nicht eines neuen Filmes mit den Filzköpfen.
Die braven Sequenzen aus „Die Muppets“ zeigen, dass eine Show auch auf die harmlosere Art zu wirken wüsste, badend in der Political Correctness, die heute leider, spätestens angekommen in den Disney Studios, nicht mehr zu verhindern wäre. Wenn schon kein radikal-freudiges Hoch wie „Muppets Tonight“, dann doch bitte eine „Muppet Show“ wie wir sie für einige Augenblicke im hier besprochenen Kinofilm sichten durften. Dies wäre die Heimat der Muppets. Hier wären sie gut aufgehoben, und hier würden selbstverliebt grinsende Stars auch nur bedingt unangenehm auffallen.
Im Kino, gestreckt mit einer künstlichen Geschichte auf Spielfilmlänge, kann der Charme der Puppencharaktere nicht richtig greifen. Kermit mag Zugpferd sein und das Herz der Muppets, aber er im Mittelpunkt ist einfach nicht der Zuschauermagnet. Und jede andere Puppe kommt zu kurz, zumal nur die heute noch bekannte Muppet-Prominenz in den Mittelpunkt rückt und schräge unbekannte Figuren gar keinen Rahmen mehr zum wirken erhalten. Außerdem fehlen die ausgeflippten Momente eines „Schweine im Weltraum“, und auch die bloße Anwesenheit des Professors mit Beaker oder des Chefkochs allein lassen noch nicht jenen Wahnsinn entstehen, der erst dann aufkommt, wenn man ihnen auch einen kompletten Sketch gewährt.
„Die Muppets“ ist gut gemeint, aber leider zu theoretisch und typisch Muppet-Film zu brav ausgefallen. Da hätte man sich in Sachen Frechheit besser am großartigen „Die Muppets Weihnachtsgeschichte“ orientieren sollen, der einzige Muppet-Film der genügend Pfiff besaß den Humor der Serie auf die große Leinwand zu transferieren. Etwas weniger Ehrfurcht und etwas mehr Mut hätte „Die Muppets“ gut gestanden. Zumindest verstehe ich jetzt warum Frank Oz sich abgewendet hat, auch wenn sich oberflächlich alles so wie gehabt anfühlt. Nur der Kenner erkennt auch die fehlenden Ecken und Kanten. Glattgehobelte Muppets wissen in diesem Format einfach nicht zu funktionieren. Mit Längen versehen ist der Film aber immerhin guckbar, wenn auch nicht sehr unterhaltsam. OFDb
Ach, so glatt fand ich den Film gar nicht. Sicher etwas mehr dem modernen Publikum angepasst, doch man wolle ja niemanden verschrecken. Für mich insofern ein sehr gelungener Wiedereinstieg.
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