Mitten in der vom Publikum gerade so mit offenen Armen empfangenen italienischen Kannibalenfilm-Welle wollte ein Mann das Thema einmal auf etwas andere Art angehen. Er tauschte den Dschungel gegen die Großstadt aus und machte den weißen Zivilisierten zum Menschenfresser unfreiwilliger Art. Der Kannibalismus sollte das Hauptmerkmal einer durch einen Virus übertragenen Infizierung werden, ausgelöst von traumatisierten Soldaten, die den Vietnam-Krieg überlebt haben. Sicherlich mag diese Idee an Romeros „Crazies“ und Cronenbergs „Rabid“ angelehnt sein, aber schlecht klingt diese Rezeptur zunächst nicht, zumal sich das ganze auch nach einer guten Portion Gesellschaftskritik anhört.
Zu dumm nur, dass ausgerechnet Antonio Margheriti der Mann war, der dieses Filmexperiment anging, ein Regisseur dem wir schlechte Streifen wie „Das Alien aus der Tiefe“, „Virtual Weapon“, „Piranhas 2 - Die Rache der Killerfische“ und „Einer gegen das Imperium“ zu verdanken haben, von denen die wenigsten zumindest als unfreiwillig komischer Trash zu funktionieren wissen. Im Vergleich zu seinen sonstigen mir bekannten Werken hat er mit „Asphalt-Kannibalen“ zumindest bessere Arbeit abgeliefert als sonst, aber das hat aufgrund des kläglichen Vergleichs nicht viel zu bedeuten. Margheriti ist einfach jemand, der sich in andere Personen nicht hineinfühlen kann, und das ist fatal für einen Geschichtenerzähler.
Deswegen kann ein einzelner Pfleger auch einen wild gewordenen Soldaten, von dem es heißt er hätte die härteste Militärausbildung mitgemacht die es gibt, mit einem Handgriff im Zaum halten. Deswegen wundert sich ein Psychiater auch über das Wiederaufleben einer psychischen Erkrankung bei einem Patienten den er für absolut geheilt entlassen hat. Und deswegen bedauert es ein Polizist auch einen Verdächtigen nicht sofort am Tatort erschossen zu haben anstatt ihn festzunehmen, was ihn dazu veranlasst mitten in der Großstadt Krieg zu spielen um das Versäumte nachzuholen.
„Asphalt-Kannibalen“ ist vollgepackt mit solchen Idiotien, eingebunden in eine Handlung, die nicht wirklich weiß was sie eigentlich will. Die Vietnam-Veteranen sind also nun unfreiwillig Kannibalen. Sie stecken an, so dass eigentlich eine Epidemie ausgelöst werden müsste. Aber die verbreitet sich lediglich auf eine überschaubare Zahl, da Margheriti dann doch lieber die ehemaligen Soldaten im Zentrum seiner Geschichte sehen will.
Die verhalten sich trotz Infektion halbwegs normal, an die gerade frisch aufblühende Zombiewelle oder einen „Die Tollwütigen“ wollte man scheinbar also nicht anschließen. Das ist auch durchaus okay. Aber es fällt bereits schon schwer an ansteckenden Wahnsinn zu glauben, wenn die Infizierten sich aufführen wie eine wilde Bande Halbstarker, die sich absprechen können, Solidarität empfinden und Tätigkeiten des Alltags nachgehen können. Aber spätestens wenn eine der Infizierten loskreischt, weil sie in der Kanalisation auf eine Ratte stößt, ist es endgültig vorbei mit dem Augenzudrücken. Das ist zu viel Vermenschlichung um die Menschenfresser bedrohlich wirken zu lassen. Um wirklich zu funktionieren hätten die Verrückten unberechenbar Amok laufen müssen wie in „Maniac City“ oder den bereits erwähnten Vergleichsfilmen.
Dass „Invasion of the Flesh Hunters“ (Alternativtitel) trotzdem halbwegs zu funktionieren weiß, liegt an seinem Pulp-Charme. Dem Zuschauer soll es nie langweilig werden, deswegen bekommt er harte Kerle, jede Menge Action und blutigste Gore-Effekte serviert. Da geht ordentlich die Post ab, so dass es dem Gehirn des Zuschauers egal ist, dass es eigentlich beleidigt sein müsste bei so viel Verweigerung rationalem Handelns und Denkens. An Quantitäten mangelt es nicht, lediglich Freunde nackter Haut werden überraschender Weise trotz italienischer Herkunft des Streifens nicht glücklich, hat der Film bis auf ein angezogen gebliebenes lüsternes Teenmädchen doch keine Zeit für solch amouröse Thematiken.
Mag der Wandel der von John Saxon dargestellten Hauptfigur in der Mitte des Streifens auch etwas zu plötzlich kommen (zumal man ohnehin nicht versteht warum dieser erst so viele Jahre nach dem Krieg erste Anzeichen der Erkrankung aufweist), es ist schon eine fiese Idee Margheritis einem die Identifikationasfigur wegzunehmen, indem diese plötzlich die Seiten wechselt. Zu dumm nur dass dessen Frau bislang zu wenig Beachtung bekam. Die soll nun zur neuen Identifikationsfigur für den Zuschauer werden, und das funktioniert nicht so richtig. Zumal sich Margheriti mehr auf ein wildes Szenario in der Kanalisation a la „Ben“ kümmert, anstatt um den persönlichen Horror zu Hause, der erst im endgültigen Finale wieder interessiert.
Das Ergebnis von „Cannibal Apocalypse“ (Alternativtitel) ist sicherlich nicht wirklich interessant ausgefallen, schlägt sich aber wacker als uninspirierter, guckbarer Durchschnitt durch, dem sein 70er Jahre-Charme, das Tempo, die harte Handschrift und die Ausstrahlung Saxons den Arsch vor der Belanglosigkeit rettet. Langweilig wird es nie. Anspruchslose Freunde harter und roher Actionkost der 70er und 80er Jahre werden auf ihre Kosten kommen. Mit dem klassischen Kannibalenfilm a la „Die Rache der Kannibalen“ hat das alles jedoch nichts mehr zu tun. OFDb
Muss sagen, dass ich den Film gar nicht so schlecht fand - über die teils unlogischen Dinge und Handlungen der Darsteller mal hinweggesehen. Der Tausch, dass hier aber ein paar weiße GIs durchdrehen anstatt ein paar Indianer war mal was anderes. Und dazu ist es auch mal ein Kannibalenfilm, wo kein Tier leiden musste. Wobei das Kannibalen Thema ja irgendwie Nebensache ist wie es mir vorkam. Hauptaspekt war ja eher eine Art Krieg in der Stadt und der innere Konflikt von dem einem Typen.
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