Die Teenie-Komödien-Welle der 80er Jahre war längst vorbei und die neue durch den Erfolg von „American Pie“ war noch Zukunftsmusik. Inmitten der Zeit in welcher das Genre im Kino abgeschriebenen war erschien „Clueless“ auf der Bildfläche und wurde ein großer Erfolg. Und das verwundert nicht, weiß er einen doch geradezu zu verzaubern mit einer Schar herrlicher Charaktere, einem Hauch zuckersüßer Romantik, einer guten Prise unaufdringlichen Humors und einem gut beobachtenden Blick auf den aktuellen Zeitgeist. Zwar handelt der Film von einer verwöhnten reichen Beverly Hills-Clique, bzw. hauptsächlich von nur einer Teenagerin aus dieser, aber dennoch kann sich die Generation der Jugendlichen aus den 90er Jahren wunderbar im Geschehen wiedererkennen, zumal der Film keine konkreten Bezeichnungen damals angesagter Pop-Bands und Lebensmittel umgeht.
So abseits das Treiben reicher, verwöhnter Amis auch auf den deutschen Durchschnitts-Typen wirkt, es sind genügend Eckpfeiler vorhanden in welcher man sich oder zumindest Erlebtes und Beobachtetes wiedererkennt. Gerne werden Witzchen über das gerade in Mode gekommene Handy gerissen (noch mit putzigen Antennen versehen), aufgezogene Situationen die heute so sehr Alltag sind, dass die Folgegeneration sie gar nicht mehr als Witze erkennen dürfte, so sehr hat die Zeit durch mangelde Selbstreflexion den Humor der Vergangenheit eingeholt. Das ist traurig, spricht aber für den Film, der ohnehin recht pfiffig daher kommt, ist er doch keineswegs so oberflächlich ausgefallen wie der Charakter seiner Heldin.
Ganz im Gegenteil nutzt Amy Heckerling ihre Heldin um sie genauestens auszuleuchten, um ihr nach einer ordentlichen Dosis Kritik, die aufgrund des lockeren Grundtons des Streifens glücklicher Weise nicht all zu moralisch ausgefallen ist, ein Gewissen und den Wunsch zur Selbstveränderung zu bescheren. Auf dem Weg zu ihrer Selbsterkenntnis lernen wir amüsante Randfiguren kennen, allen vorweg die von der viel zu früh verstorbenen Brittany Murphy so gekonnt gespielte unsichere Tai und den moralischen Gegenpart Chers in Form eines Stiefbruders, gespielt von Paul Rudd, der bis heute noch immer auf vergleichbare, softe Rollen abonniert ist.
Es ist nur eine der vielen Raffinessen des Streifens, dass sich eine der Nebenfiguren als gewichtiger als vermutet herausstellt und im letzten Drittel plötzlich mehr Bedeutung erhält, bzw. den Wandel Chers überhaupt erst verursacht. Erst mit dieser Erkenntnis wird dem Zuschauer auch klar, dass „Clueless“ keineswegs recht inhaltsarm nur so Episoden-artig vor sich hindümpelte, so wie es die ganze Zeit über schien. Alles steht im Zusammenhang, alles wird wichtig für Chers Erkenntnis. Heckerlings Film wird zu mehr als zu einer oberflächlichen Komödie mit zugegebener Maßen treffsicherem Witz.
Das ist auch der Grund warum sich „Clueless“ trotz hervorgehobener Modeerscheinungen der 90er Jahre noch so gut guckt wie am ersten Tag. Es ist zudem der Grund warum der Streifen trotz dem verstärkten Blick auf eine Zicke im Zentrum nicht zum reinen Frauenfilm verkommt, der mit schrillem Getue ein männliches Publikum verjagt. Nach vielen stillen Andeutungen bekommt „Clueless“ endgültig auch für den blindesten, naivsten und ignorantesten Zuschauer Seele. Und wer sie erst so spät erkennt wird um so mehr Freude bei einer zweiten Sichtung haben, darf besagte Seele das Publikum dann doch von Anfang an mitbegleiten.
Aber auch wer die stillen Töne zuvor bemerkt hat, hat sicherlich in den Wiederholungen mehr Freude an „Clueless“ als beim ersten Mal, macht es doch wahrlich immer wieder Spaß die Wendungen und das Finale kennend die einzelnen Schritte Chers zum Ziel zu verfolgen, zumal sie von der unglaublich süß wirkenden Alicia Silverstone auch mit viel Talent und ironischem Abstand verkörpert wird. Als Mann muss man sich unweigerlich in Cher trotz all ihrer Oberflächlichkeiten und weiteren negativen Charaktereigenschaften verlieben, es geht gar nicht anders. Das ist Natur, da kommen Prinzipien nicht gegen an. Wer wird nicht weich, wenn beim Schminken Silverstones Lippen in Großaufnahme zur Geltung kommen?
„Clueless“ war ein Ausnahmefilm seinerzeit, der es zwar nicht schaffte wie „American Pie“ eine neue Teenie-Komödien-Welle im Kino zu entfachen, aber das liegt auch sicher daran dass er nicht so leicht zu kopieren ist wie der Erfolgsfilm mit Jason Biggs. Der Charakter und psychologiche Tiefgang von „Clueless“ steckt nun einmal zwischen den Zeilen, was den Streifen zudem nicht zum reinen Teenie-Filmchen verkommen lässt und damit ähnlich wie „Election“ auch dem Publikum zu empfehlen ist, das nicht zwingend Teenie-Komödien konsumiert. Aber vorsicht: Heckerling hinterlässt über eine längere Laufzeit den Eindruck dem wäre nicht so. Zur vollen Blüte entfaltet sich das scheinbare Nichts an Story erst ganz geduldig Richtung Ende. OFDb
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