09.11.2015

FRANKENSTEINS TOCHTER (1958)

Was macht man, wenn ein Film sich jung und modern geben will, aber in den biederen 50er Jahren des besonders biederen Amerika entsteht? Man provoziert auf die harmlose Art. So erleben wir in „Frankensteins Tochter“ die Attacke eines Monsters, welches einen Badeanzug trägt. Und wir erleben ein weiteres Monster, welches aus diversen Körperteilen zusammen gesetzt wurde und als Krönung den Kopf einer Frau aufgesetzt bekommen hat. Die Frau erkennt man nicht mehr, wird sie doch von einem Lippenstift tragenden Mann gespielt, dessen Gesicht man per Make Up deformiert hat. Dass die Tochter, die vom Forscher und seinem Helfer trotz ihres männlichen Aussehens auch so genannt wird, eigentlich einen Penis besitzen müsste, da ursprünglich nie geplant war eine Tochter zu erschaffen, verschweigt der Streifen freilich, ist er doch noch weit entfernt vom offenen Umgang dieser Thematik wie wir ihn spätestens in „Die Rocky Horror Picture Show“ erleben durften.

Das interessante an „Frankensteins Tochter - Die Unheimliche“ (Alternativtitel) ist jedoch die Frage, ob es den Verantwortlichen des Streifens überhaupt bewusst ist den ersten Zombie-Transvestiten der Filmgeschichte geschaffen zu haben, sprüht der von Richard E. Cunha inszenierte Grusler doch nur so vor Ungereimtheiten, Unsinnigkeiten und einem höchst naiven Blickwinkel auf die Dinge. Zugegeben, es dauert einige Zeit bis einem die Geschichte des Streifens endgültig unsinnig vorkommt. Er ist stilistisch wie typisch für seine Zeit inszeniert, souverän gespielt und weiß auch bestens zu unterhalten. Erstmals wurde ich über Sinn und Unsinn der Geschichte jedoch misstrauig als ich mir die Frage stellte welchen Sinn es für Frankenstein machen soll eine junge Frau per Serum in ein Monster zu verwandeln, hat es doch so gar nichts mit dem eigentlichen Experiment am Wiedererwecken einer toten Kreatur zu tun. Das wird sich über die Geschichte im weiteren Verlauf schon klären, dachte ich mir, und ich lag völlig falsch.

Eine Antwort darauf bekommt man nie. Lediglich der Wahnsinn Frankensteins, der immer deutlicher wird je mehr sich der Streifen dem Ende nähert, kann als Erklärung herhalten, ein Wahnsinn der auf naivste Art jedem Klischee entspricht (wer versucht nicht eine junge Frau zu umgarnen, indem man ihr mit wahnsinniger Stimme davon berichtet, dass man einen Toten wiedererweckt habe?). Jede Unsinnigkeit des Streifens kann „She Monster of the Night“ (Alternativtitel) jedoch nicht mit dem irren Verhalten des Psychopathen erklären. So z.B. die Frage wie es Frankenstein innerhalb weniger Monate bitte geschafft haben soll einen Geheimgang im fremden Labor zu bauen, der, wenn wir endlich einmal einen Blick auf die andere Seite werfen dürfen, zu einem riesigen Treppenhaus mit Geheimzimmer führt. Der Wissenschaftler für den Frankensteins Enkel arbeitet mag ja alt und senil sein, aber dass sein Haus urplötzlich wesentlich geschrumpft ist hätte er dann sicherlich doch bemerkt.

Seine Nichte, die mit im selben Haus lebt, jedoch ebenso sicher nicht, ist sie doch charakterisiert wie jede Frau in amerikanischen Filmen zu dieser Zeit, und da wird dem äußerst schwachen Geschlecht ohnehin immer Überdrehtheit und ein verwirrter Geist vorgeworfen, wenn eine ungewöhnliche Beobachtung gemacht wurde. Für voll genommen wird die Dame zu keinem Zeitpunkt, selbst wenn sie rationale Zusammenhänge als Erklärungsansatz vorbringt. Aber das ist freilich eine Begleiterscheinung solcher Filme an die man im klassischen Kino Amerikas gewöhnt ist, und die eigentlich von den anderen Unsinnigkeiten der hier erzählten Geschichte überschattet wird, ein Unsinn der erst im letzten Drittel dominiert und vorher nur still um die Ecke linst.

Mag sich „Frankenstein‘s Daughter“ (Originaltitel) ziemlich zu Beginn des letzten Drittels auch mit einer unnötigen und zu lang geratenen Musikszene kurzfristig ausbremsen, den Sehspaß macht das nicht wirklich kaputt, so flott wie der Streifen für seine Zeit inszeniert ist und so schnell wie wir bereits in der ersten Szene eine unheimliche Kreatur vorgesetzt bekommen (höchst erschreckend: eine Frau mit Theo Waigel-Augenbrauen). Im übrigen markiert die Musiksequenz ziemlich genau jenen Punkt der Geschichte, an dem die Geschehnisse immer widersprüchlicher und naiver werden (man werfe nur einmal einen Blick auf das Verhalten der Polizisten, die selbst in ihnen bewussten Extremsituationen kurz durchrufen dass es etwas dauern würde bis man wie versprochen zur Hilfe eilt. Es gäbe noch etwas wichtiges im Büro zu erledigen).

Richard E. Cunha, der im selben Jahr von „Frankensteins Tochter“ auch das Remake von „Cat-Women of the Moon“ gedreht hat, welches in Deutschland unter dem Titel „Bestie des Grauens“ erschien und gerade einmal fünf Jahre nach der Erstverfilmung entstand (interessant für alle die über „The Amazing Spider-Man“ als modernes wirtschaftliches Unding schimpften), ist wahrlich kein guter, geschweige denn intelligenter Streifen geglückt. Aber ein nettes Produkt für den nimmersatten Trash-Fan durchaus, gerade weil „Frankensteins Tochter“ diesen Mix aus charmanter Umsetzung und unfreiwilliger Komik besitzt, der wahre Trash-Filme erst so sehenswert macht.  OFDb

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