Gerade einmal fünf Jahre nach Raimis letztem "Spider-Man"-Film erschien bereits ein Neuansatz, der ebenfalls wieder bei der Entstehungsgeschichte des Titelhelden beginnt. Das rief seinerzeit Spott und Hohn hervor, Filmfreunde klagten es sei zu früh für eine Wiederbelebung und sahen in derartigen Projekten eine Sackgasse, die beweisen würde, dass den Produzenten in Hollywood nichts neues mehr einfallen würde. Letzteres kann man nicht unbedingt verneinen, aber mit dem Versuch die Geschichte von Spider-Man erneut zu erzählen, habe ich schon immer sympathisiert, ist die Geschichte doch weiterhin erzählenswert und wäre es doch schade gewesen, wenn nach nur drei Filmen für lange Zeit Schluss gewesen wäre. Zudem hat Regisseur Marc Webb, dem wir auch den wundervollen "(500) Days of Summer" verdanken, keineswegs einen Klon von Raimis Version um den berühmten Comic-Arachniden geschaffen, schaut sich "The Amazing Spider-Man" trotz erneuter Entstehungsgeschichte des Helden doch völlig anders.
Das beginnt bereits mit dem ernsteren Ton, den die Neuauflage anschlägt und nur dann humorvolle Momente kurzfristig gestattet, wenn es um das Entdecken der neuen Fähigkeiten geht. Ansonsten ist der Film in familienfreundlichem FSK 12-Gewandt düsterer und bitterer ausgefallen. Die Tragik um Peter Parker beginnt bereits in der Kindheit, lange Zeit bevor er zu Spider-Man wird. Das Geheimnis um seine Eltern und deren Tod erschafft ein Mysterium voll offener Fragen, vergleichbar mit der Geschichte um "Batman". "The Amazing Spider-Man" ist ein pessimistischer Film, der immer wieder vom Optimismus des Helden aufgelockert wird, aber selbst diese Momente sind rar gesät, so stark wie Peter leidet und verwundet und niedergeschlagen von nächtlichen Streifzügen heimkehrt. Die Solidarität des einfachen Arbeiters beschert dem Film einen weiteren optimistischen Moment, das war es aber auch schon. Es ist erstaunlich dass ein Film, der einen Echsenmenschen ins Zentrum setzt, in so ernster und bitterer Art zu funktionieren weiß, denkt man bei dieser Thematik doch eher schmunzelnd an Filmklassiker der 50er Jahre oder an Kirks Kampf in einer der ersten Folgen der Serie "Raumschiff Enterprise". Aber es funktioniert - freilich auch durch die hervorragende Animation der Kreatur.
Die Spezialeffekte aus dem Computer wissen nach solch wenigen Jahren Pause tatsächlich besser zu überzeugen, als in den Spider-Man-Filmen der 00er Jahre, was gerade in den nett choreographierten CGI-Kampfsequenzen zwischen den beiden Kontrahenten auffällt. "The Amazing Spider-Man" lebt viel von seiner Action, ganz im Gegenteil zu Raimis ersten beiden Teilen. Und mag der Neuansatz auch in vielen dramatischen Aspekten baden, so empathisch wie die Feel Good-Version der Vorgänger kommt er trotz dieses Schwerpunktes erstaunlicher Weise nicht daher. Aber mag sich alles auch theoretischer anfühlen, ein ehrlicher Ton bleibt bestehen, Webbs Werk badet nicht in Theatralik, sondern schlichtweg in einem angenehm atmenden Comic-Klischee, wie es sich für eine Superhelden-Geschichte gehört. Neben diverser Veränderungen stilistischer Art, gefällt mir auch der Ansatz, dass Spider-Man nicht von Natur aus Fäden schießen kann, sondern dafür eine eigens entwickelte Apparatur benötigt. Das mag so realitätsfern sein, wie das eigene Herstellen des etwas übertrieben glänzenden Anzugs, aber wer derartiges hinterfragt, wird ohnehin nicht glücklich mit Stoffen dieser Art, derartige "Schwachstellen" gehören zu einem Superhelden-Film einfach dazu. Mit Andrew Garfield und Martin Sheen interessant besetzt, gibt es somit nichts zu meckern. Ganz im Gegenteil, weiß "The Amazing Spider-Man" mit seinem völlig anderen Ansatz ähnlich gut zu gefallen, wie die ersten beiden Raimi-Versionen der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft. OFDb
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