Man kann vielen amerikanischen Filmen vorwerfen, dass sie ihren Drang zu familiären Werten unnötig und radikal aufdrücken, eine Erscheinung die gerade europäischen Filmfreunden oftmals nicht mundet. Bei „Wir sind die Millers“ kann man nicht wirklich darüber schimpfen, denn es ist der Kern des Erzählten. Das was in anderen Werken nervt ist hier keine Randerscheinung, es wird zum Mittelpunkt, was auch sehr früh herausgearbeitet wird, wenn man allen Familienmitgliedern anhand stiller Gesten, Mimiken oder unscheinbarer Sätze anmerkt, dass ihre stolze Selbstständigkeit lediglich einen Selbstschutz, eine Selbstlüge darstellt, um besser damit fertig zu werden, dass sie ihr Leben alleine fristen. Insgeheim wollen sie alle eine Familie.
Das ist dann aber auch gleich das einzig halbwegs Subtile was „Wir sind die Millers - Falls jemand fragt.“ (Alternativtitel) zu bieten hat. Denn wenn man der Komödie von „Voll auf die Nüsse“-Regisseur Rawson Marshall Thurber das eine auch nicht vorwerfen kann, dass sein Film einem ziemlich vorhersehbaren Handlungsablauf mit überraschungsarmen Inhalt bietet, muss sich der gute Mann als Kritik sehr wohl gefallen lassen. Es ist nicht so, dass der Trip nach Mexiko und zurück nicht aufgrund der sympathischen Besetzung und aufgrund des nie langweilig werdenden lockeren Grundtons auf Routine-Ebene zu funktionieren wüsste, aber die Idee selbst hätte eine wesentlich einfallsreichere Umsetzung verdient und wäre in den Händen eines Seth Rogen wohl besser aufgehoben gewesen.
Stellt man sich jedoch auf die übliche Sonntagnachmittagsunterhaltung einer durchschnittlichen US-Komödie ein, so macht „Wir sind die Millers“ zumindest alles richtig. Die Moral hält sich halbwegs in Grenzen, Kitsch wird lediglich gestreift, und missioniert wird man hier auch nicht. Der Film will einem nicht einreden dass Familie für alle Menschen die Lösung wäre - sie ist es eben nur für die fiktive Familie Miller, die auf recht interessante Weise, einem Schlussgag sei Dank, zu einer halbwegs wirklichen Familie wird.
Dass das Geschehen zu einem Happy End führt, ist einem bei solch vorhersehbarer Geschichte von Anfang an klar. Kleine Gags wie ein Missverständnis mit einem mexikanischen Gesetzeshüter oder jene die durch die schrillen Nebenfiguren eines Pärchens geerntet werden, die immer wieder auf die Millers treffen, sorgen für die nötige Auflockerung zwischendurch, die der Film dringend nötig hat, so bieder wie er daher kommt. Eigentlich hätte die Geschichte einen anarchistischen Grundton vertragen können, oder zumindest einen provokativen.
Aber „We‘re the Millers“ (Originaltitel) soll ein Familienfilm sein. Deswegen darf eine Stripperin auch nicht nackt werden, deswegen muss jeder noch so große Skandal handzahm serviert werden und deswegen ist auch jegliches noch so gravierende Problem irgendwie zu lösen. Dass es aufgrund der verhängnisvollen Lage Davids dann doch ganz interessant ist zuzusehen, auf welche Art sich alles in Wohlgefallen auflöst, zeigt zumindest dass das Interesse des Publikums trotzdem geweckt werden kann und dass die Autoren die Geschehnisse zumindest mit einem Hauch Einfallsreichtum auflösen mussten.
Auf der Gegenseite ist einem das Drehbuch manche Erklärungslücke schuldig geblieben, so z.B. auf die Frage warum David in der Schlussphase zu seiner Scheinfamilie zurückgekehrt ist. Sicherlich weiß der Zuschauer von selbst warum, aber was war der entscheidende Punkt, der ihn zur Umkehr bewegte? Wäre „Wir sind die Millers“ mehr als das kleine geistlose Stück Ablenkungsunterhaltung vor dem stressigen Alltag, würde eine solche Lücke penetrant nerven. Aber dafür ist Thurbers Werk einfach nicht bedeutend genug. Im Gegenteil, seine Daseinsberechtigung liegt darin beim Kopfausschalten zu helfen und nicht über Gesehenes nachzudenken. OFDb
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