08.02.2016

OCULUS - DAS BÖSE IN DIR (2013)

Die Ausgangslage von Mike Flanagans Film ist ein hoch interessanter Stoff aus dem man viel hätte ernten können. Da gibt es die Frage darüber wer von beiden Geschwistern sich eine falsche Realität zusammenspinnt, eine Thematik die für meinen Geschmack ruhig länger im Raum hätte schweben können, bevor sich die Geschichte für eine von beiden Versionen entscheiden muss. Gleichzeitig wissen die Vorbereitungen des auf Video aufgezeichneten Experimentes zu gefallen, in welcher Kaylie beweisen möchte, dass der Spiegel Einfluss auf seine Besitzer hat.

Der an „Final Destination“ erinnernde an Wahnsinn grenzende Versuch sich möglichst exakt gegen das Böse abzusichern lässt die Schwester erst recht irre erscheinen, so dass die Geschichte sowohl mit der Möglichkeit ihres Irrsinns interessant ausgefallen wäre, als auch mit der Möglichkeit eines übernatürlichen Gegenstandes. In dieser Vorbereitungsphase, die mehr als ein Drittel des kompletten Filmes ausmacht, ist die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf einem Hoch, der Spannungsbogen aufgrund der Forschungsthematik auf intellektuelle Art gespannt und selbst die Dramatik des Stoffes intensiv spürbar, immerhin kann einem einer von beiden Charakteren leid tun das zu glauben was er glaubt. Sollte Tim sich irren fasst es Kaylie recht passend mit dem Satz zusammen, an den ich mich nicht als exaktes Zitat erinnere: „Du wurdest gesund eingeliefert und musstest krank werden um wieder entlassen zu werden.“

Irgendwann ist es so weit, und der auf Mike Flanagans Kurzfilm „Oculus 3 - The Man with the Plan“ basierende Horrorstreifen entscheidet sich für eine Seite. Nun könnte es im Forschungsbereich hoch interessant weiter gehen, aber anstatt im Übernatürlichen eine Rationalität finden zu wollen, die es zu begreifen gilt, verkommt der Streifen zu einem wirren Plot in welchem Wahn und Wirklichkeit zusammengeworfen werden und derart intensiv miteinander verschmelzen, dass man sie nicht mehr auseinander gehalten bekommt.

Das ist durchaus gewollt, es ist nicht so dass Flanagan die Übersicht der Ereignisse seiner eigenen Geschichte verliert, aber in diesem Zustand soll nun nichts mehr Sinn ergeben. Der Zuschauer soll ebenso verwirrt werden wie die Protagonisten, und so ungewöhnlich viele Situationen in der zweiten Filmhälfte auch ausfallen mögen, sie sind kaum mehr von Bedeutung, und je mehr der Zuschauer dies spürt, desto uninteressanter werden die möglichen Hinweise auf die Realität.

Es ist das Glück von „Oculus - Das Böse in dir“ dass er dicht genug erzählt ist um auch in dieser schwachen Phase noch halbwegs zu wirken. Aber das Potential all der nicht genutzten Möglichkeiten kann nur eine Enttäuschung beim Zuschauer hinterlassen, zumal man sich unweigerlich fragt warum überhaupt von einem Experiment erzählt wurde, wenn dieser Storystrang am Ende ohne jegliche Bedeutung ist. Dann hätte man den Kampf gegen den Spiegel auch ohne Beweisführung angehen können.

Wenn es einzig darum ginge aufzuzeigen, dass es in der Macht des Spiegels keine Rationalität zu entdecken gibt, wäre der Entschluss Wahn und Wirklichkeit zusammenfließen zu lassen durchaus lobenswert gewesen. Aber dann hätte die Geschichte versuchen müssen dies die Protagonisten erkennen zu lassen. Stattdessen spielt Ideengeber und „Somnia“-Regisseur Flanagan mit vorgegaukelten Realitäten, so dass man sich zugegebener Maßen als Zuschauer nie auf der sicheren Seite fühlt, was ein durchaus lobenswertes Ergebnis ist. Aber mit dieser Spielerei hätte irgendwann einmal Schluss sein müssen um am Ende kein wackeliges Gerüst von Rätsel zurückzulassen.

Unterhaltsam bleibt „Oculus“ (Originaltitel) immer, auch wenn die Geschichte mit der Zeit ihre Magie verliert. Damit ist er zumindest besser ausgefallen als der mit gleichen Krankheiten zu kämpfen habende „The Abandoned - Die Verlassenen“, aber auch schlechter als „Blair Witch 2“, dem es gut tat ein lückenhaftes Puzzel zu hinterlassen, welches sich der Zuschauer selbst zusammenreimen sollte (was das Publikum wohl überforderte, so negativ wie meist über den Film berichtet wird). Das ganze Wirrwarr von „Oculus“ wirkt unentschlossen und wie eine Ausrede alles irgendwie zu Ende zu erzählen, weil einem nichts Konsequenteres eingefallen ist. Und dabei ist es unwichtig ob dem so ist oder ob der Zuschauer es nur so empfindet. Denn er empfindet es nun einmal so, und Flanagan hält nicht dagegen. Und das würde er in einer Fortsetzung, das glaube ich, sicherlich ebenso wenig.  OFDb

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