Der Anfang der ersten Staffel entspricht ziemlich genau dem wovon das britische Original „The Office“ gehandelt hat, eine Serie die meiner Meinung nach das Beste ist was TV bisher je hervorgebracht hat. Der Witz des Originals ist intelligent, gewagt, kreativ, provozierend, herzlich, realitätsnah und vieles mehr, und ein Remake sollte ganz automatisch nicht mithalten können bei solch brillantem Ergebnis. Der deutsche Ableger „Stromberg“ bewies jedoch, dass man dem Ziel zumindest recht nahe kommen kann, ist er doch ebenfalls recht genial ausgefallen, wenn auch nur im Schatten des tragikomischen britischen Originals existierend.
Im Gegensatz zum deutschen Ableger „Stromberg“, der in unserem Land nach „Das Büro“ mit Ingolf Lück bereits der zweite Versuch war „The Office“ für den deutschen Markt umzusetzen, orientiert sich die amerikanische Version inhaltlich wesentlich näher am britischen Original als es das sehr freizügige Remake mit Christoph Maria Herbst in der Hauptrolle tat. Die Amis taten das was sie unter dem Remake-Prinzip seit je her verstehen, sie drehten die bereits erzählte Geschichte einfach noch einmal.
Doch der Pilotfilm des amerikanischen „The Office“ zeigt dass kulturelle Differenzen sich nicht einfach dadurch lösen lassen, dass man einige Inhalte dem amerikanischen Leben angleicht. Es reicht nicht aus amerikanische Promis, Serien und Gesellschaftsprobleme in das ansonsten fast identische Drehbuch des Originals zu stopfen. Leider versucht man genau dies im Piloten, und so darf man dabei zusehen wie überforderte Mimen den subtilen Humor von Gervais Serie nicht verstehen und Regieanweisungen versuchen dem Amerikaner etwas mit überzogenen Minen und Taten verstehen zu lassen, was er in der Regel nicht verstehen kann.
Glücklicher Weise schien man dies zu erkennen, und bereits in der zweiten Folge ist zu erkennen dass die Serie, die bei uns u.a. auch unter dem Alternativtitel „Das Büro“ lief, versucht sich vom Original zu lösen um eigenständigere Wege zu gehen. Als Vorlage für Episode 2 dient die Idee der Episode 3 des Originals, allerdings wird das Thema der Fortbildung, von welcher die Folgen handeln, abgeändert und sie dient dem amerikanischen Remake lediglich als Aufhänger. Erreichen wir Folge 3 befreit sich „The Office“ endgültig von „The Office“ und findet seinen eigenen Drive, der sich nach 6 Folgen der ersten Staffel zudem darin zeigen wird, dass die kommenden Staffeln aus je über 20 Episoden bestehen werden, so wie es für amerikanische Serien üblich ist.
Freilich konnte man sich aufgrund des Piloten nie ganz vom Original lösen, der Betrieb bleibt ein Papiervertrieb, der Chef hält sich für einen Entertainer, und eine unglückliche Liebschaft besteht zwischen einem Angestellten und der süßen Frau von der Rezeption. Als typische amerikanische Sitcom durchgezogen nutzt man diese Grundlagen jedoch für völlig eigene Ideen und Geschichten. Warum man allerdings dabei blieb die Serie im Dokuformat zu belassen, will sich mir nicht erschließen, weiß die amerikanische Serie doch inhaltlich nichts mit dem Stil anzufangen, so dass es immer unlogischer wird dass sich die Leute filmen lassen, je tiefer die Serie ins Geschehen eintaucht.
Schließlich befinden wir uns nun endgültig in einem typisch amerikanischen Produkt, bei welchem bis auf kleine rote Fäden am Ende immer alles wieder auf Null zurückgeschraubt werden muss, um immer wieder einen neuen albernen Aufguss des Aufhängers, dem Büroalltag, zu präsentieren. Der ursprüngliche Aufhänger der Aufgabe einer der bestehenden Filialen wird lange Zeit aus den Augen verloren und schließlich relativ einfach gelöst, um ihn endlich aus dem Weg zu haben. Die Komik fällt wesentlich alberner aus als im Original und ist Kilometer weit von deren Genialität entfernt. „The Office“ soll einfach eine geistlose Sitcom zum Abschalten nach dem gestressten Arbeitsalltag sein, und kann man dies akzeptieren und die US-Sitcom als etwas Eigenständiges sehen, dann weiß dies auf banaler Ebene auch zu funktionieren.
Sicherlich ist „The Office“ verglichen mit dem britischen Original eine Beleidigung und eher ein Produkt zum Fremdschämen. Als Serie für sich betrachtet, die gar nicht den hohen Anspruch des Originals an sich selber stellt, geht das Produkt jedoch in Ordnung, auch wenn es selbst dann nicht auf einer Höhe mit den wahrlich geglückten Sitcoms Amerikas steht, wozu meiner Meinung nach u.a. „The Big Bang Theory“ oder „Die wilden 70er“ gehören. Das Ergebnis befindet sich eher auf dem simplen und massentauglichen Niveau von „Hör mal wer da hämmert“, „Two and a Half Men“ und Co, alles Serien die weder einen Intelligenzpreis gewinnen würden, noch durch einfallsreiche Komik glänzen, die man allerdings für den trivialen Zeitvertreib für zwischendurch aufgrund ihrer Kurzweiligkeit ruhig anschauen kann.
Leider ist die deutsche Synchronisation ziemlich übel ausgefallen. Zwar gewöhnt man sich mit der Zeit an sie, selbst an die Stimme des grummeligen Dicken, die zum peinlichsten gehört was ich je in einer Synchro einer Erfolgsserie gehört habe (und das ist sie mit 9 Staffeln), gut sieht jedoch anders aus. Dass sich der schlichte Charme der Serie trotzdem durchsetzen kann, spricht für „The Office“ und ist hauptsächlich den Charakteren zu verdanken, auch wenn es im Vergleich zum Original auch hier derbe Abstriche zu verzeichnen gibt.
Die Rezeptionistin ist völlig austauschbar besetzt, der Angestelle der sich in sie verliebt hat ist kein charmanter Loser mehr sondern eine unsympathische Grinsebacke. Aber zumindest wissen die anderen zwei Hauptfiguren zu gefallen, sofern man das Original ausgeblendet bekommt. Ohne dieses im Kopf entpuppt sich Steve Carell als gute Entscheidung für die Rolle des untalentierten, infantilen Chefs, welcher immer wieder Aufmerksamkeit für sich benötigt. Und Rainn Wilson in der Rolle des Büro-Rambos ist eine Show für sich, wird sein Charakter doch zu einer übertriebenen Comicfigur wie sie Ernie für die „Stromberg“-Reihe wurde. Zudem wissen auch die meisten Nebenfiguren zu gefallen und zu wirken, auch wenn sie stets recht eindimensional für ein Klischee stehen müssen. Auch erst spät dazu stoßende Figuren wissen sich einzufügen und die Serie zu bereichern.
Dank der erweiterten Folgenzahl und der Belanglosigkeit des winzigen roten Fadens der sich durch die Staffeln schlängelt, sind Dinge möglich, die im Original nicht möglich waren. Sie waren dort auch nicht erforderlich. Aber das amerikanische „The Office“ hat in seiner schlichten Erscheinung jeglichen positiven Aspekt nötig, um nicht in die vollkommende Belanglosigkeit hinabzugleiten. Und so spielt das Drehbuch recht interessant noch lange mit den Folgen eines One Night-Stands zwischen Michael und seiner Chefin. Und auch die Liebschaft zwischen der Rezeptionistin und Jim weiß einige Überraschungen zu bieten. Dass der Soap-Gehalt der Sitcom halbwegs zu funktionieren weiß, erkennt man spätestens daran dass Jim einem trotz seines unsympathischen Charakters tatsächlich leid tut, wenn er aufgrund höherer Umstände stets zurückstecken muss.
Im Gesamten besteht die Serie in ihren ersten drei Staffeln aus ständigen Aufs und Abs mit mal weniger und mal geglückteren Folgen, Ideen, Witzen und Soap-Momenten. Mit dem Original sollte man die amerikanische „The Office“ ab Folge 3 nicht mehr vergleichen. Zuvor ist dies aufgrund der inhaltlichen Gleichschaltung kaum möglich, aber ab da wo die Serie ihre eigene Identität entdeckt und weiß was sie will geht sie als trivialer geistiger Abschalter durchaus in Ordnung. Damit ist das Ergebnis zwar um Lichtjahre schlichter ausgefallen als meine Lieblingsserie auf welche die hier besprochene Serie basiert, aber ich war erstaunt dass die Amerikaner auf ihrem wesentlich plumperen Niveau trotzdem etwas geschaffen haben, dass auf routinierter Ebene Laune macht weiter verfolgt zu werden. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen