31.07.2016

HEXENJAGD (1970)

„Hexenjagd“ thematisiert das düstere Kapitel des Christentums um Hexenverfolgungen und Hexenverbrennungen im Gegensatz vieler anderer sich des Themas aneignender Filme auf die realistische Art. Otakar Vávras Werk ist weder Horrorfilm noch plakative Schwarz/Weiß-Malerei. Ganz im Gegensatz zu dem was man cineastisch von diesem Thema gewohnt ist, hat er ein Drama geschaffen, das gut reflektiert ist und auf intelligente Art nachvollzieht wie es seinerzeit gewesen sein muss, als die Kirche den Aberglauben des Volkes vor den Augen weniger Gelehrter ausnutzen konnte, um Gräueltaten zu vollziehen.

Dass dies nicht das Ziel der Kirche zu dieser Zeit war, thematisiert Vávra dabei ebenso wie die fragwürdige Gesetzgebung, mit der man der Inquisition eine Gerechtigkeit bescheren wollte. An dieser Grundlage orientiert lässt er nun eine Person in den Mittelpunkt treten, die ihre Macht ausspielt um besagte Gesetze zu missbrauchen, umgehen und auszuhebeln, dabei eine unfreie Gesellschaft schafft und somit die absolute Macht erlangt. Ganz unabhängig vom Thema Hexenjagd schaut sich „Kladivo na carodejnice“ (Originaltitel) wie ein Lehrfilm darüber mit welchen Methoden man ein funktionierendes System aushebeln kann und aus einer geordneten Situation Chaos entfachen kann, ein von Angst gesteuertes Chaos, welches nur dem Zweck dient dem Verursacher dieser Situation Macht zu verleihen.

Die Methoden sind auf jedwede andere heimtückische Machtübernahme anzuwenden und Vávra lässt uns am Beispiel der Hexenjagd an jedem einzelnen Schritt teilhaben, während er in Parallelsequenzen die Fesseln der wenigen Gebildeten zeigt, die fassungslos mit ansehen müssen wie die Aufklärung um Jahrzehnte zurückgeworfen wird und Aberglaube auch das letzte Gehirn befällt. „The Witch Hunter“ (Alternativtitel) ist in aller Seelenruhe erzählt, lässt sich Zeit uns jeglichen Blickwinkel zu zeigen, bishin zu dem Versuch den obersten Machthaber über das Treiben des Inquisators zu unterichten. Insgesamt ist er aufgrund seiner Sachlichkeit sehr nüchtern erzählt, aber auch sehr interessant, da gut durchleuchtet. Und wenn die Unwahrheit erst über Foltermethoden erzwungen werden muss, müssen wir auch an diesen brutalen, gar nicht nüchtern umgesetzten, Szenen teilhaben.

Selbst hier verkommt „Witchhammer“ (Alternativtitel) nicht zu einem reißerischen Werk. Gewalt wird nicht der Ausrede wegen eingebaut um äußere Schauwerte zu bieten. Und Vávras Bilder verkommen auch nie zu den blutberauschenden Bildern des Genres welches er immer wieder gekonnt umgeht. Aber anders darf einem schon werden bei all der Unmenschlichkeit und Machtlosigkeit die einem hier vorgesetzt wird. Und sie gräbt sich um so tiefer in den Magen, als dass wir wissen dass das Thema aktuell wie eh und je ist, in einer Zeit in der Menschen sich der Religionen wegen bekriegen und mächtige Länder Kriegsverbrechen begehen dürfen, ohne dass die Außenwelt sich zu wehren weiß.

Mit seinen mal mehr mal weniger intensiv in den Fokus rückenden Themen des Wegguckens, des Mitlaufens und des Verweigerns des Wissens und der Logik, ist „Witches‘ Hammer“ (Alternativtitel) ein Film zu Problemen die nie vergehen, die an jedem Ort und zu jeder Zeit stattfinden. Und Vávra zeigt uns aufs Detail genau recherchiert auf welche Eigenschaften das einfache Volk besitzen muss und welche Methoden der Unterdrücker benötigt um eine fragwürdige Situation derart eskalieren zu lassen. In Zeiten der Betäubung durch Medien, in Zeiten des Verdummens durch den Glauben an Homöopathie, Götter und Esoterik und in Zeiten in denen wir es den Dümmeren und Gierigen überlassen uns zu regieren, tut ein Aufklärungsfilm wie „Hexenjagd“ dringend Not und sollte in allen Schulen dieser Welt gezeigt und intensiv besprochen werden. Allerdings bräuchten wir dafür eine aufgeklärte Gesellschaft, und daran hakt der Plan bereits.  OFDb

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