Als Schüler Fassbinders drehte Ulli Lommels einst den sehr geglückten „Die Zärtlichkeit der Wölfe“. Sieben Jahre später war er mit seinem Horrorfilm „Boogey Man“ bereits im Mittelmaß seines Schaffens angekommen. Den Tiefpunkt erreichte er mit Spätwerken wie „Curse of the Zodiac“, die einer Beleidigung an den Zuschauer gleichen überhaupt als Unterhaltungsmedium angeboten zu werden. Durch den Erfolg von „Boogey Man“ und einem von Lommel höchstpersönlich schnell nachgereichtem „Boogey Man 2“, blieb der Regisseur dem Fach des Horrorfilms lange Zeit treu. Und dass unter seinen Arbeiten auch interessant klingende Werke mit enthalten waren, zeigt ein Blick auf „Totentanz der Hexen“, der nicht einfach nur die Geschichte einer verfluchten Kleinstadt zum x-ten Mal wiederholen wollte.
Vielmehr hat der Glaube an einen Fluch der Hexen eine Gemeinde derart verstört, dass sie an die Rache der Hexen glaubt, als das moderne Leben in ihrem Hinterwäldler-Leben Einzug hält. Eine Wissenschaftlerin sucht nach Giftstoffen in den Gewässern der Gegend, eine Radiomoderatorin gibt emanzipierte Ratschläge an ihre Zuhörerinnen, und eine Lehrerin klärt ihre Schüler dahingehend auf, dass es vor den großen Weltreligionen auch den Glauben an weibliche Götter gab. „Totentanz der Hexen“ guckt sich für einen US-Film unter deutscher Regie zwar arg konservativ, für einen konservativen Film ist er jedoch recht emanzipiert ausgefallen, sind die Frauen doch die einzig aufgeklärten Köpfe dieses Filmes, abgesehen von einem männlichen Arzt, der es einer Erbkrankheit geschuldet ist sich in Demut zu halten, glaubt er doch trotz seines gelehrten Berufes seine Krankheit hänge mit dem Hexenfluch zusammen.
Prinzipiell vergiften sich die Bewohner selbst mit ihrem Aberglauben. Und egal was Jenny in Devonsville tut, es feuert nur den Unmut der Bürger an sie als Hexe zu verurteilen. Lange Zeit unterschätzt Jenny die Situation, bis sie schließlich eskaliert und die Lehrerin sich in Lebensgefahr befindet.
Bis es so weit ist hat Lommel die Geschichte jedoch derart zäh in die Länge gestreckt, dass man schon ein sehr geduldiger Zuschauer sein muss, um „The Devonsville Terror“ (Originaltitel) interessiert zu folgen. Sein in düsteren Bildern gehaltener Film und die trockene Atmosphäre helfen jedoch dabei, dass sich dies nicht all zu armselig schaut. Allerdings bemerkt man auch beim besten Wohlwollen, dass sich „Totentanz der Hexen“ eher wie lieblos abgefilmt schaut, so dass der Verdacht aufkommt, die gelungeneren Momente könnten auch rein zufällig entstanden sein.
Ein weiteres Manko legt zudem eine dunkle Wolke über das eigentlich ansprechende Werk. Lommel vertraut nicht einzig der Idee des Irrglaubens der Bewohner. Anstatt die modernen Frauen moderne Frauen sein zu lassen, macht er zumindest die Lehrerin zu einer ahnungslosen Nachfahrin einer der damals zu Tode gefolterten Frauen. Lommel, der zusammen mit seiner Hauptdarstellerin das Drehbuch geschrieben hat, lässt es in der Schwebe in wie weit die Rache am Ende bewusst oder unbewusst von Jenny aus vonstatten geht. Gesprochen wird von einer höheren Macht, von der sie geleitet wird. Eine Hexe ist sie nicht, vielmehr wurde sie schon damals gesandt, und das Böse siegte einst, indem es sie auf den Scheiterhaufen brachte.
Komplett ohne Hokuspokus kommt Lommels Werk somit doch nicht aus, und damit vergeigt er es ein Psychogramm zu erschaffen, in welchem sowohl die aufkeimende Gefahr der ahnungslosen Frauen, als auch die Todesfalle, die sich die Schuldigen unbewusst selber bauen, zur wahren Entfaltung kommen und eher anhand von Fantasieelemente kurz angebunden am Ende thematisiert werden, anstatt als durchdachte Gesellschaftsstudie mit Köpfchen. Da wurde zwar somit einiges an Potential verschenkt, aber auch auf seine plumpere Art weiß „Totentanz der Hexen“ einen gewissen Charme zu versprühen.
Neben der angenehm trockenen Umsetzung wissen die eher schundig ausgefallenen Spezialeffekte gegen Ende auf Retro-Basis zu gefallen, die ähnlich reißerisch ausfallen wie manch andere Idee des Streifens. Und der Ansatz Hexen keine Hexen sein zu lassen und emanzipierte Frauen zu den Helden der Geschichte werden zu lassen innerhalb einer phallokratischen Gesellschaft, hebt „Totentanz der Hexen“ zumindest vom Einheitsbrei seiner Zeit ab. Schade dass der Inszenierungsstil diesem Vorbild nicht folgt. Der degradiert den Stoff zusammen mit seiner Mutlosigkeit gegen Ende dann doch wieder zu Durchschnitt. OFDb
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