Die Novelle um den Meisterdieb, der in allerlei Verkleidungen schlüpft, erfuhr in der Welt des Films sehr früh seine erste Umsetzung. 1913 startete die bis 1914 zum Fünfteiler herangewachsene Fantômas-Reihe, beginnend mit dem hier besprochenen „Fantômas - Im Schatten der Guillotine“. Was in den 60er Jahren auf herumalbernde Art eine Abrechnung mit dem Gebiet der Superschurken, wie wir sie aus den James Bond-Filmen kennen, werden sollte, ist in den Anfängen des Kinos noch ein schlichtes Katz- und Mausspiel zwischen Gesetz und Verbrechen, fällt doch selbst der Aspekt der Tarnung des Verbrechers noch schlicht aus, indem er falsche Bärte und Perrücken anstatt kunstvoll geformte Masken verwendet.
Es beginnt aber auch so schlicht, da wir uns am Anfang der Geschehnisse befinden. Fantômas ist zwar ein bekannter Verbrecher, aber einer dessen Grenzen man noch nicht kennt, lebt man hier doch tatsächlich noch im Glauben, mit der Festnahme des Schurken wäre der Spuk vorbei. Erst wenn Fantômas fliehen kann und Juve es haarscharf schafft jemand Unschuldiges vor der Guillotine zu bewahren, der wie Fantômas zurecht gemacht war, beginnt die Obsession für den Gesetzeshüter. Von nun an wird er einzig dafür leben Fantômas hinter Gittern zu kriegen, wissendlich es mit einem besonders gerissenen Gegner zu tun zu haben.
Ich kenne die literarische Vorlage nicht. Im hier besprochenen Film besitzt Fantômas kein kriminelles Netzwerk, wie in den 60er Jahre-Komödien mit Louis de Funès, zumindest kein sehr großes. Seine Helfer müssen Polizisten bestechen, damit Fantômas überhaupt erst fliehen kann. Was passiert wäre, wenn diese nicht bestechlich gewesen wären? Dann wäre es vorbei gewesen mit dem Superverbrecher ehe es wirklich begann. Ob er in Zukunft seine Mittelsleute bereits bei der Polizei eingeschleust hat, weiß ich nicht, das wäre aber ratsam, damit sein Tun nicht zu sehr nach Zufall aussieht wie jetzt noch im ersten Film.
Letztendlich ist „Fantômas“ (Alternativtitel) ein simpler Kriminalfilm mit einem Täter, der Visitenkarten mit Tricktinte hinterlässt (sein Name erscheint auf den Kärtchen erst nach einer kurzen Zeit) und der Verkleidungen benutzt, jedoch nicht wie in späteren Verfilmungen, um seine Identität zu wahren, die ist durch die Festnahme schließlich gelüftet, aber sehr wohl um zu täuschen.
Wie ein Phantom sieht der Täter dann erst in einer Traumsequenz des Kommissars aus, innerhalb einer Schlussszene, welche den einzigen wirklichen Spezialeffekt des Streifens präsentiert. Juve rennt auf Fantômas zu, ergreift ihn, aber der Körper Fantômas‘ verpufft, da er nur Einbildung war, so dass der Kommissar plötzlich niemanden mehr im Griff hält. Fandor, Juves Partner aus dem Zeitungswesen, wird hier noch sehr klein gehalten, ist für den Ablauf der Geschichte nicht sonderlich von Bedeutung, aber zumindest ist er bereits mit dabei. Insgesamt ist „Fantômas - In the Shadow of the Guillotine“ (Alternativtitel) ein recht gewöhnlicher Kriminalfilm geworden, aber auch einer der zu unterhalten weiß. Nicht jeder Stummfilm muss gleich ein legendärer Meilenstein des Kinos sein. OFDb
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