Max ist nach wie vor kein strahlender Held. Ganz im Gegenteil hat er jegliche zivilisierte Eigenschaften seines Charakters gänzlich über Bord geworfen. Und auch nachdem er die Chance bekommt in einer rauen Welt wieder Teil einer Gemeinschaft zu werden, lehnt er dies als Einzelgänger ab. Konnte man in „Mad Max“ noch darüber streiten ob Max es Schuld war die Chancen da draußen zu überleben falsch eingeschätzt zu haben, besteht diesmal kein Zweifel, wenn er trotz des Wissens der lauernden Gefahr in der Nähe sich von der Gemeinschaft, mit der er einen Deal hatte, verabschiedet, um nur kurz darauf bereits zu scheitern.
Die Welt hat sich seit Teil 1 enorm verschlechtert. Nach einem Krieg herrscht die Anarchie in dem zur Wüste verkommenen Land. Eine Form von Fremdschutz existiert nicht mehr, jeder muss sich selber helfen. Jeder ist auf der Suche nach Sprit für sein Fahrzeug. Es haben sich extremistische Gruppen gebildet, die wildernd durchs Land ziehen, aber auch Einzelpersonen ist nicht zu trauen. Die einen gehen trickreich vor, andere plump. Gewaltbereit ist in dieser Welt jeder. Und da ist auch Max keine Ausnahme - und wird auch im kleinen Maße sein Anstand ein wenig zurück erweckt: er wird zu einer solchen auch nicht mehr werden.
Fehlte es dem ersten Teil an Empathie für die Hauptfigur und seine Leiden, was zu einem Schwachpunkt eines ansonsten gelungenen Streifens wurde, ist das Weglassen des Selbigen in „The Road Warrior“ (Alternativtitel) ein Pluspunkt. Der Film konzentriert sich auf die Erweiterung des bereits in Teil 1 vorbereiteten veränderten Weltbildes, zeigt nüchtern das Treiben der Menschen unter solchen Bedingungen und ist dabei, ebenso wie der Vorgänger, frei von einer moralischen Stellungnahme. Die Zukunft hat sich mehr denn je zu einem bizarren Zirkus Tempo-geiler Freaks entwickelt, und es bereitet einen Heidenspaß die verschiedenen Figurentypen, die individuell zusammengeschusterten Maschinen und die Gesetzmäßigkeiten dieser düsteren Welt zu entdecken und auf sich einwirken zu lassen.
Die Geschichte schreitet ein wenig flotter voran als im Vorgänger, ist aber trotzdem noch trocken und intensiv genug ausgefallen, um nicht zum reinen Partyfilm a la „Mad Max 4“ zu verkommen. Die schlicht gehaltenen Charaktere sind der Geschichte neben dem glaubwürdigen Weltbild das wichtigste Element welches es zu beachten gibt, und aus Letztgenanntem ergibt sich automatisch die Gesetzmäßigkeit einer schlicht gehaltenen Geschichte. Komplexe Vorgänge existieren in dieser brutalen Zukunftswelt nicht mehr. Die Zukunft ist eine Zeit der Begegnungen geworden, in einer Welt in welcher man dem Gegenüber nicht trauen darf.
Zwischen ruhigen, tristen Momenten und rasanten Verfolgungsjagden springt „Mad Max 2 - Der Vollstrecker“ immer wieder hin und her, und dank des trockenen Grundtons, der nur selten durch leichte Züge der Menschlichkeit oder durch das leise Anklingen (schwarzen) Humors gebrochen wird, und des bizarren Weltbildes weiß das alles unglaublich gut zu wirken. Interessante Gegner, ein wirksamerer Mel Gibson und ein atemberaubendes Finale, in welchem sich Regisseur Miller als ausgezeichnet darin erweist den Überblick zu behalten und eine Art Crash-Choreographie zu erschaffen, wie es sie so zuvor noch nicht gegeben hat, zeigen innerhalb einer intelligent durchdachten, minimalistisch gehaltenen Geschichte, dass solch effektgeladenes Actionkino alles andere als zwingend plump ausfallen muss, selbst dann wenn eine Geschichte gnadenlos auf direktem Wege erzählt ist und in einer oftmals wortkargen Inszenierung nur das nötigste sprechen lässt.
Dass wir am Ende gar nicht wie gedacht die Geschichte von Mad Max erlebt haben, sondern eine ganz andere, in welcher der Titelheld lediglich Mittel zum Zweck war, ist nur eine jener großartigen Ideen, die „Mad Max 2“ zu dem tollen Film macht, der er ist. Durch seine mystische Art, die er gerade in den zu Beginn und am Ende eingesetzten Off-Kommentaren auszustrahlen weiß, fällt er noch eine Spur atmosphärischer als sein Vorgänger aus. Und obwohl die Fortsetzung eine Spur lauter und schriller ausgefallen ist als der noch wesentlich nüchterner präsentierte Teil 1, und obwohl ich eigentlich ein reduzierteres Vorgehen im Filmbereich bevorzuge, gefällt mir Teil 2 gerade wegen der dichten Atmosphäre die er innerhalb einer furchterregenden Welt erzeugt, um einiges besser als sein Vorgänger, auch wenn das realitätsentrücktere Treiben einem im Gegensatz zu Millers erstem Streich nicht mehr solche Furcht vor der Gegenwart bereitet. „Mad Max 2“ ist ein durchdachter Adrenalin-Kick mit einem Helden, der zum Zweck des Sieges auch mal das Leben eines Kindes riskiert - ein schönes Beispiel dafür, wie ungeschönt Miller uns beweist wie gnadenlos die Zukunft ausgefallen ist. OFDb
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