18.02.2018

BRAINSCAN (1994)

Auf dem Horrorfilmmarkt der 90er Jahre durften auf dem Videomarkt entweder die Monster und Mutanten hemmungslos herumschleimen, oder Sehwerte dieser Art wurden thematisch komplett umgangen. So oder so waren die Ergebnisse meist kunterbunter Natur, verspielt in ihrer Art, nicht mehr auf wahren Grusel oder Terror setzend, sondern die Erwartungen des Stammpublikums bedienend, welches den Spaß am Genre als Hauptevent empfand und in Horrorwerken eher den zu Fleisch gewordenen Halloween-Gag sah. Dass dieser makabere Spaß auch recht harmlos daher kommen durfte, zeigt „Brainscan“, der sich an den Pubertätsphantasie softer Außenseiter orientiert und diesen Bereich gar mehr zu bedienen scheint, als dem des Horrors. Zumindest zeigt diese Vorgehensweise jedoch auch, wie wichtig einem der Hauptcharakter des Streifens war, der dann auch gleich mit Publikumsliebling Edward Furlong besetzt wurde, bevor dieser mit seinen Drogenexzessen sein Image zerstörte.

Der spielt den zurückgezogen lebenden Horror-Fan Michael, der heimlich in das süße Mädchen von nebenan verliebt ist (typisch sensibles Pubertätsgetue ist sie es auch heimlich in ihn, denn ungewaschene Stubenhocker, die grundlos aus Prinzip den lebenden Rest meiden sind ja so süß) und sich seinem inneren Dämon stellen muss - zumindest im Ansatz. Denn zu Beginn spielt der Film mit der Aussage Horrorfilme wären eine Art Zuflucht um Dinge im Leben anders verarbeiten zu können. Dann bricht das Spiel „Brainscan“ bewusst diese gern als leeren Phrasen benutzten Ausreden, indem es den Passivaggressor zum aktiven Täter macht, denn ein Mord in einem scheinbaren Horrorspiel wird zu einem echten Mord und Michael damit zum tatsächlichen Mörder. Und was beginnt man nun mit dieser schmackhaften Ausgangslage? Typisch sensible Teenphantasie macht man Michael lediglich zum Opfer der Umstände, der von einem übernatürlichen Wesen dazu gezwungen wird weiterzuspielen ohne dies zu wollen.

Die Gründe weiterzuspielen sind ziemlich Banane, aber irgendwie muss die Geschichte ja vorangetrieben werden, und damit keiner merkt wie wenig Sinn die eigentliche Horrorgeschichte macht (und eigentlich auch die Anwesenheit der übernatürlichen Figur, die man pflichtbewusst lediglich als Freddy-Platzhalter eingesetzt hat, um überhaupt ein übernatürliches Element vorweisen zu können), werden wir zugeschüttet mit der Privatsituation Michaels, bestehend aus der Konfrontation mit der Polizei, mit dem Höllenwesen, mit der Love Interest von nebenan und mit sich selbst, so dass wir eine sympathisch verträumte Teenie-Soap aus der Außenseiterecke vorliegen haben, dem sein Genre und mögliche analytische Aussagen ziemlich egal sind.

Funktionieren tut dieser Pfusch sogar recht gut. Selbst dem Teenie-Alter entwachsen machte das brave Treiben in „Brainscan“ nach all den Jahren irgendwie wieder Spaß. Harmonie liegt über allem, sanft getragen von einem einfachen, aber eingehenden Soundtrack. Furlong weiß tatsächlich die Herzen zu erobern, und einem Cyberthriller beizuwohnen, ohne dass uns die elektronischen Welten gezeigt werden, besitzt schon Charme aus ganz eigener Richtung. Veraltete Computereffekte das Spiel „Brainscan“ betreffend gibt es keine. Im Gegensatz zu Charles Bands „Cyber World“ und „Der Rasenmähermann“ verzichtet man auf digitale Effekte komplett. Das Spiel wird durch Realszenen präsentiert. Stattdessen erleben wir an anderer Stelle einige überholte Tricks, z.B. dann wenn Michael sich gegen das Horrorwesen wehrt, welches ihn vereinnehmen möchte, da er dies irgendwo selbst sein soll, andererseits aber dann doch nicht. Aber die Frage hiernach ist so austauschbar wie die Frage ob Michael in einem Spiel umherwandert oder doch nur, wie in einer Szene gezeigt, unter Trance das Haus verlässt, um in der Nachbarschaft zu morden. Dann stellt sich ohnehin die Frage, in wie weit Brainscan nicht nur ein Signal ist, welches einen dazu bringt Dinge zutun, die man nicht will. Handelt der Film dann überhaupt noch von einem gespielten Spiel?

Einen Film wie „Brainscan“ erlebt man jedoch lediglich, anstatt ihn zu hinterfragen. Er ist auf so angenehme Art für Außenseiter warm ausgestatt, dass man sich wohlfühlt in seinen einzelnen Zutaten, und diesen kuscheligen Ort, an dem Außenseiter endlich einmal verstanden werden, für 90 Minuten auch nicht verlassen möchte. Dass Michael am Ende eigentlich ein geläuterter Charakter ist, der keinen Bock mehr auf seine Hobbys hat und sich jenem Leben stellen möchte, welches er bislang trotzig vor der Tür ließ, lässt vermuten, dass man mit „Brainscan“ etwas anderes erreichen wollte als die Bestätigung so zu sein wie man ist. Auch hier wurde die Mission verfehlt, wenn es denn eine solche gab, so orientierungslos wie man sich alles mögliche herauspickte, um einen Teenie-Wohlfühl-Horror zu schaffen. Dass das Ergebnis recht bescheuerter Natur ist, ist so egal wie der Fakt, dass ein Horrorfilm eigentlich dazu gedacht ist, jemanden aus seiner Wohlfühlzone herauszuholen, anstatt das Gegenteil zu bedienen. Im Actiongenre schaffte es Regisseur John Flynn mit dem Stallone-Hit „Lock Up“ ganz gut dem Protagonisten jegliche Gemütlichkeit zu berauben. „Brainscan“ kann man als Gegenstück zu diesem Film betrachten. Er richtet sich an ein wohl behütetes, junges Publikum mit wenig Erwartungen und lullt einen für 90 Minuten angenehm ein.

So braucht es auch nicht wundern, dass das Ende des Films einem schlechten Traum gleicht, dessen Widerspruch zur Restgeschichte mit einem halben Nebensatz abgefrühstückt wird, damit sich keiner mehr drum schert, und fertig ist der pubertäre Fiebertraum, in welchem der Alptraumgehalt nie stark genug war, um simplen Gemütern zu schaden, der biedere Grundton, der stattdessen herrschte, aber auch nie zu sehr aus erhobenem Zeigefinger bestand, als dass das Ergebnis zu moralinsauer ausgefallen wäre. „Brainscan“ soll trotz allem eher Horror-Fun sein, kein biederes Erziehungsvideo. Ehrlich gesagt erkennt man gar nicht, was er außer einer kleinen Geldanlage zu dienen, eigentlich wirklich möchte. Würde dieses Wirrwarr dazu dienen einen verwirrten Teeniegeist darzustellen, anstatt lediglich den leichtesten erzählerischen Ausweg zu gehen, könnte ich eher verstehen, warum ich „Brainscan“ so mag wie ich es tue. Wahrscheinlich muss man sich einfach mit der Wahrheit auseinandersetzen einfach anfällig für ein Trivialstprodukt gewesen zu sein, dass einem mal in seiner Wohlfühlzone gefangen gehalten hat, anstatt zu versuchen einem aus dieser herauszuholen. Und das tat dann halt auch mal gut.  OFDb

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