Alle 27 Jahre kehrt Es wieder. Es ist schön, dass die Verantwortlichen der Neuverfilmung diese Aussage der Geschichte wörtlich genommen haben und genau 27 Jahre nach der TV-Version nun den ersten Teil der zweiteiligen Kinoversion vorgelegt haben. Als Nichtkenner des Buches von Stephen King kann ich das Remake nur mit dem 90er Jahre „Es“ vergleichen, und um diesen kommt man bei all den vielen Parallelen, die sich eng an das Buch halten, nicht herum. Es wäre ein Kampf gegen Windmühlen gewesen zu versuchen „Es“ als eigenständigen Film zu sehen, zu oft habe ich das Original gesichtet, zu sehr habe ich es und seine sympathisch besetzten Figuren verinnerlicht. Ich mochte die TV-Version trotz all ihrer Schwächen, gerade gegen Ende, schon immer, ohne in ihm das große Meisterwerk zu sehen. Die Geschichte zur Zeit der Kindheit war mir im Vergleich stets die liebste, und so kommt nun der Kinofilm genau mit dieser liebgewonnenen Hälfte daher und scheint es zunächst schwer zu haben.
Der erste Blick auf die Kinder suggerierte mir, es hier mit typisch leblosen Kinofiguren der Moderne zu tun zu haben. Eine erste Szene, die aufgrund der Vorlage exakt der ersten des Vergleichsfilmes entspricht, macht mich ein wenig mutlos eventuell nur bereits Bekanntes vorgesetzt zu bekommen. Zumindest der Clown wusste hier zu überzeugen, bei dem ich mir schon aufgrund diverser Fotos im Internet dachte, dass er besser wirken müsste als die überschätzte Darstellung Tim Currys im Original. In seiner ersten Szene erkennt man zwar noch nicht sein vollkommenes Potential, aber er wirkt bereits unheimlicher als in der TV-Version. Schon recht kurz nach dem Start der Geschichte stellte ich erleichtert fest, dass die Kinder doch gut besetzt und nachempfindbar charakterisiert wurden, so dass aus „Es“ tatsächlich eine ebenso runde Sache wurde, wie die Tommy Lee Wallace-Version. In vielen Punkten weiß sie dessen Film gar zu toppen, nur selten, so wie in der Szene der Dia-Sichtung, guckt sich das liebgewonnene Original intensiver.
Interessanter Weise lebt „Es“ weit weniger von seinen Horrorszenen, als viel mehr von der gefühlvollen Geschichte rund um eine Gruppe von Außenseitern, die mit den Tücken der Erwachsenenwelt und mit anderen Schwierigkeiten, welche die Kindheit so mit sich bringt, zurecht kommen muss. Diese Probleme rücken keineswegs beiseite, wenn Pennywise zum Hauptgeschehen der Kinder wird, was den Umgang mit ihm und der Angst vor Es um so mehr Schwierigkeiten bereitet. Der alte „Es“ wies selbige Eigenschaft auf, funktionierte doch auch dort der Dramenbereich weit besser als der des Horrors. Doch so ungruselig auch beide Verfilmungen ausgefallen sind, im Horrorbereich hat Muschiettis „Es“ im Vergleich die Nase vorn, gibt es doch herrlich düstere Momente zu sehen, nur wenig widergekäuerte Horrorerlebnisse, die es auch im Vorgängerfilm zu sehen gab, und dank der Kinoauswertung im Vergleich zum TV auch professionellere Möglichkeiten der Ausarbeitung dieser. Das blutübertränkte Badezimmer ist eine Augenweide, mancher Auftritt Pennywises für Zartbeseitete gar angsteinflößend, für weniger Zartbeseitete aber zumindest effektiv gelungen.
In Zeiten von Jumpscare-Überflutungen tut es gut zu sehen, dass eine Hand, die von hinten an die Schulter greift, dort auch einmal liegen bleiben darf, bevor der Erschreckte sie bemerken darf. Dies und manch andere Momente wissen ein sympathisches Horrorfeeling zu erzeugen, ansonsten guckt sich die neue Verfilmung im Vergleich zur alten allein deswegen besser, weil vieles wesentlich subtiler angesprochen wird als im Original, so dass die Sterotypen nicht mehr ganz so dick aufgetragen wirken, freilich aber noch immer, typisch King, Klischeefiguren bleiben die Klischees erleben. Das Wesen Pennywise macht trotz aller erhalten bleibender Rätsel um seine Existenz herum bei dem was wir über ihn wissen mehr Sinn als Gesamtwesen. Und auch manch angenehm ausgebügelter Handlungsstrang weiß durch eine Vereinfachung die Geschichte flotter zu gestalten, ohne Wichtigkeiten zu vernachlässigen oder zu gehetzt zu wirken. Die meisten Änderungen gefallen mir, lediglich Beverly als Köder für die Kids zu verwenden stört mich aus mehreren Gründen, hauptsächlich aber deswegen, weil ein mächtiges Wesen wie Es es nicht nötig hätte Geiseln zu nehmen.
Zumindest ist die Entführung Beverlys für etwas anderes gut, glaubt man doch nun zu verstehen, wie Es in etwa mit seinen Opfern vorgeht und was diese Methode verursacht. Aber freilich bleibt auch hier vieles unausgesprochen und rätselhaft, und das passt zur Perspektive des Films, die stets auf Kinderhöhe ist. Wir erfahren nie mehr als die, so dass ein Enträtseln jedes Geheimnisses auch keinerlei Sinn ergeben würde. Außerdem muss es ja auch noch Unerklärliches geben, was im kommenden zweiten Teil enträtselt werden muss, wenn die Geschichte 27 Jahre später die Gruppe Kinder als Erwachsene wieder zusammenkommen lässt. Der 2017er „Es“ hat mir besser gefallen als die oft von mir gesichtete, sympathische 90er Jahre-Version, zum großen Event mangelt es aber auch der Kinoversion an spürbarem Grusel, so dass der Horrorpart im Gegensatz zum gefühlvollen Dramenpart trotz toller Bilder und düsterer Momente zu theoretisch bleibt, um wirklich Angst zu erzeugen. Zumindest Pennywise wirkt diesbezüglich in die richtige Richtung, der sieht teilweise herrlich schauderhaft aus, hat auch in der synchronisierten Fassung eine wundervoll kranke Stimme beschert bekommen und lässt auch in spaßigen Aktionen stets das Düstere seines Ichs im Fokus stehen. Das wirkt weit mehr als der olle Curry. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen