17.03.2018

BIG BAD WOLF (2006)

„Big Bad Wolf“ beginnt geradezu klassisch mit dem Ausflug einer Gruppe Teenager in eine Waldhütte. Zugegeben, die Zusammenstellung derer die ein Wochenende in den Wäldern feiern gehen wollen, ist nicht von Harmonie geprägt, was den Film nicht nur von den Vergleichswerken unterscheidet, sondern ihm auch bereits einen leicht humoristischen Grundton beschert, aber ansonsten könnte der Beginn klassischer kaum ausfallen. Selbst an den warnenden, alten Mann, der seit der 80er Jahre stets zu Beginn die Teenie-Horrors heimsuchte, wurde gedacht, um sich auf klassische Art vor der alten Dekade des modernen Horrorfilms zu verbeugen. Wenn nach heftigsten Geschehnissen allerdings kaum wer das Massaker in der Waldhütte überlebt, befinden wir uns keinesfalls am Ende des Streifens, mit dieser Situation ist erst die Vorgeschichte zu Ende erzählt und der eigentliche Film kann beginnen.

Allein die Vorgeschichte zeigt, dass „Big Bad Wolf“ kein langweiliger, schnell zusammengeschusterter Beitrag für den Videomarkt geworden ist, sondern dass da wer am Werk war, der gerne etwas bereits Bekanntes verspielt neu aufleben lassen will. Die klassischen sexgeilen Teenies werden auf einfallsreiche und pointensichere Art entweder besonders notgeil, oder als Blender dargestellt. Die Morde geschehen nicht zimperlich, die Charaktere, so dünn und klischeebeladen sie auch sind, sind greifbar und wissen aufgrund unterhaltsamer Dialoge zu gefallen. Wenn der Werwolf ins Spiel kommt, erweist sich dieser als reden und denken könnende Kreatur. Erstgenanntes könnte stören, tut es jedoch nicht, da mit dieser Eigenschaft humorvoll auf funktionierende Art die Bösartigkeit der Kreatur hervorgehoben wird, die Spaß am Spiel mit den Verängstigten hat und ebenso wie der Autor des Streifens (der anbei Regisseur Lance W. Dreesen ist) ständig Verweise auf Wolfklischees einbaut. Dass das Tier in ihm ihn nicht nur zum fressen verleitet, sondern auch zu anderen tierischen Instinkten, zeigt der Film in einer provozierenden, pointensicheren und absichtlich geschmacklosen, aber nicht plump oder vulgär abgefilmten Szene, in welcher der Werwolf vor ihrem Tod gerade jene Blondine hart von hinten nimmt, die ihrem Freund stets den Sex verwehrt hat, um an einen Ehering zu kommen.

In der eigentlichen Story angekommen verdächtigen die beiden Überlebenden des Streifens den widerlichen Stiefvater des Jungen der Werwolf zu sein, da das Massaker in seiner Hütte stattfand und der gar nicht gute Mann stets bei Vollmond unterwegs war. Er ist auch beim Zuschauer von Anfang an der Hauptverdächtige, deswegen ist es schade, dass „Night of the Werewolf“ (Alternativtitel) kaum mit der möglichen Unschuld besagter Person spielt. Viel zu schnell stellt sie sich als der tatsächliche Täter heraus, was dem Film auf der anderen Seite jedoch die Möglichkeit beschert ein flottes Katz- und Mausspiel stattfinden zu lassen, denn der olle Stiefpapa findet ebenfalls schnell heraus, dass ihm der angeheiratete Sohnemann auf die Schliche gekommen ist.

So erweist sich „Big Bad Wolf“ als treffsicherer, flott inszenierter Horror-Spaß, der zwar inhaltlich immer eine Spur zu gewöhnlich bleibt, als dass man ihn als großes Horror-Event feiern könnte, der mit seinem Einfallsreichtum in kleinen Situationen und Dialogen aber kurzweilig zu unterhalten weiß. Seinen Haupttrumpf besitzt der von Lance W. Dreesen inszenierte Streifen (der sein Debut sechs Jahre vorher als Mitregisseur im sympathischen Episoden-Horror „Der Makler“ ablieferte, bevor er mit dem hier besprochenen Film seine Arbeit als Regisseur fortsetzte) mit der Besetzung Richard Tysons als der Stiefvater, bzw. der Werwolf. Tyson besitzt das perfekte Schurkengesicht und durfte von früh an die Rolle des Widerlings spielen, so z.B. in der zu Unrecht vergessenen Teenie-Komödie „Faustrecht - Terror in der Highschool“, wo er den Schulschläger mimen durfte, um den es zentral in der Geschichte geht. Seit damals scheint er diesen Rollentyp perfektioniert zu haben, denn viel schurkischer kann man auf comicübertriebene Art wohl kaum drein schauen. Seine Mimik pendelt irgendwo zwischen lüstern, schmutzig, beleidigend und definitiv humorlos.

Sein Gegenspieler muss blass aussehen, wird ihm doch ein Weichei von Teenager entgegen gestellt, der zusammen mit seiner mutigen, kräftigen Außenseiterfreundin versucht eine Bestie aufzuhalten, die bereits als Mensch ein Biest ist. „Big Bad Wolf“ geht diesen Prozess innerhalb seiner Möglichkeiten innerhalb einer augenzwinkernden Erzählung recht bedacht an, aus den Teenagern werden nicht urplötzlich mordversessene Profikiller, so dass über allem Wahnsinn eine gewisse Glaubwürdigkeit schwebt, wenn nicht gerade Körper aufgerissen werden oder sich über Klischees lustig gemacht wird. Da man den Werwolf mittels eines Kostüms anstatt per CGI umsetzte, weiß auch die Kreatur halbwegs zu überzeugen, aber ein richtig tolles Werwolfskostüm bekommen ohnehin nur die wenigsten Filmschaffenden hin. Leider besitzt der Streifen eine Ausnahmeszene, in welcher die Verwandlung zum Wolf gezeigt wird, und die ist auch gleich mit besonders schlechter Computeranimation umgesetzt, was zum Tiefpunkt des ansonsten toll funktionierenden Werwolfstreifens wird.

Wer gerne außerhalb des großen Wurfs Spaß mit Teenie-Horrors mit augenzwinkerndem Grundton haben kann, sollte sich „Big Bad Wolf“ keinesfalls entgehen lassen, sorgt er doch ähnlich wie „Tormented“ dafür, dass ein theoretisch längst ausgelutschtes Thema kurzweilig aufbereitet wird. Und auch Freunde härterer Effekte bekommen gelegentlich eine blutig-saftige Szene präsentiert, so dass Freunde nicht all zu innovativen Kinos ruhig einen Blick riskieren können. Längen oder nennenswerte Fehler im Handlungsverlauf gibt es nicht. Die Darsteller erweisen sich als sympathische und gut funktionierende Wahl, und die Eigenschaft eines sprechenden Werwolfs wird überraschend gelungen eingesetzt, anstatt damit aus „Big Bad Wolf“ ein peinliches Kasperletheater werden zu lassen.  OFDb

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