24.07.2018

IT COMES AT NIGHT (2017)

"It Comes at Night" ist eine minimalistisch gehaltene Variante von "Carriers", ein wenig im Stil von "Wolfzeit" gehalten, den Unterhaltungswert jedoch nicht komplett ausgrenzend wie dieser. Auch Shults Werk ist sperrig ausgefallen, wird mit der Zeit jedoch zugänglicher, auch wenn er ähnlich wie Hanekes Werk so gut wie keine Aussagen darüber trifft was konkret vorgefallen ist. Das macht es dem Werk leicht im Gegensatz zum unter Mainstream-Krankheiten leidenden "Carriers" sachlich zu bleiben. Dennoch ist der entscheidende Auslöser, das Aufnehmen der Hilfe suchenden Familie, so rational wie möglich diese auch begründet wird, jenes Element der Geschichte über das man unterschiedlicher Ansicht darüber sein kann, wie glaubwürdig es den Film macht. Diesen Aspekt einmal akzeptiert steht einem ein zurückhaltend erzählter Endzeit-Thriller bevor, dem es einzig um den Paranoia-Faktor der Lage der Protagonisten geht. Kann man wem in solchen Zeiten trauen, auch wenn man einen herzlichen Umgang miteinander pflegt?

Letztendlich fragt man sich als Zusehender des erfreulich menschlichen Miteinanders woran dieses irgendwann scheitern wird. Wird es einen echten Grund geben, oder geht die Panik irgendwann mit wem durch? Wird es Probleme mit den Sicherheitsvorkehrungen geben, so dass die Krankheit Einzug nehmen kann, oder bleibt sie nur Basis dieses fast auf Kammerspiel getrimmten Streifens, um einzig die zwischenmenschlichen Probleme auszuloten? Da die Thematik nicht neu zu nennen ist, befasst sie sich mit den üblichen Fragen ob Menschlichkeit dem Überleben im Weg steht, ob ein Überleben ohne Menschlichkeit Sinn macht und so weiter und so fort. Der Film, dessen Name meiner Meinung nach falsche Erwartungen an den Stoff setzt, gibt keine neuen Antworten, erzählt handwerklich ordentlich inszeniert eigentlich nur bereits Bekanntes, und dementsprechend ernüchternd kommt der Schluss daher, der zwar vom menschlichen Faktor her geglückt zu nennen ist, inhaltlich aber einem Achselzucken gleich kommt, so wenig wie Autor und Regisseur Shults dem Epidemie-Thema hinzuzufügen hat.

Das wäre an sich kein Problem, wenn der Streifen dramatischer ausgefallen wäre, letztendlich bleibt er aber zu distanziert, zu sachlich, lebt mehr vom Spannungsbogen innerhalb einer nüchtern gehaltenen Erzählung als von einer echten Nähe zu seinen Figuren. Das soll wohl so gewollt sein, innerhalb einer Gesellschaft die keine Nähe mehr Fremden gegenüber zulässt, aber unter diesen Umständen kann der eigentlich intellektuell löblich orientierte Film sich nicht entfalten. Einem typischen Horrorpublikum bietet er in seiner sachlichen und unblutigen Art ohnehin nichts. Aber auch dem Alternativpublikum wird innerhalb dieser bereits bekannten Thematik zu wenig gegeben, um tatsächlich mit "It Comes at Night" glücklich zu werden. 

Zunächst ist er schwer zugänglich erzählt, dann wird man warm mit den Charakteren und den simplen Alltagshandlungen, während das Misstrauen als tatsächlicher Schwerpunkt trotz aller Fröhlichkeit im Raum schwebt. Diese Phase funktioniert sogar so gut, dass ich kurze Zeit dachte der Film hätte doch noch den Bogen zum sympathischen Werk zum einmal Sehen bekommen. Aber die Finalereignisse sind leider derart austauschbar und werden dem Intellekt der zwischen den Zeilen schwebenden Möglichkeiten so gar nicht gerecht, dass am Ende ein Film bleibt, der einem weder besondere Erkenntnisse noch einen wirklich nennenswerten Sehwert beschert hat. Die stimmige Inszenierung und die gute Besetzung sorgen jedoch dafür, dass das Ergebnis von "It Comes at Night" nie zu dröge ausfällt.  OFDb

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