Das Leben ist nur eine Momentaufnahme. Es gibt keinen Schluss aller Ereignisse, Entwicklungen folgen weitere, fortschrittliche, wie rückläufige. Es klingt gut, wenn ein Film derartiges berücksichtigt, und die Coen Brüder bauen in ihrem Werk "A Serious Man" sehr bewusst darauf. Dennoch ist es genau diese Herangehensweise, die dieses Werk auf mich eher unbefriedigend wirken lässt. Der mehr Dramen- als Komödien-orientierte Film, was bereits einen Unterschied im Schaffen der beiden Regisseure und Autoren im Vergleich zu ihren anderweitigen Arbeiten ausmacht, bezaubert zunächst in seinem Mix aus subtiler Komik und bitterbösem Umgang mit dem Schicksal seines charmanten und ahnungslosen Protagonisten. Es werden uns schrullige Personen im Leben der Hauptfigur präsentiert, nebensächliche, wie hauptsächliche, penetrante, wie oberflächliche. Das ist alles typisch Coen und bündelt eine ungeheure Sympathie, die für sich allein ohne nennenswerte Geschichte bereits ausreicht um zu beeindrucken und zu unterhalten. Aber je mehr der Film voranschreitet, umso mehr Figuren werden bedeutungslos und nicht mehr benötigt. Ein Haupttrumpf geht flöten.
Nicht zu Ende Erzähltes bleibt nicht angenehm nachdenkenswert in der Luft schweben, sondern hinterlässt eine unangenehme Lücke. Das zuvor Präsentierte wirkt willkürlich, auch weil die mangels einer wahren Geschichte im Zentrum stehende Charakterentwicklung der Hauptfigur nicht intensiv genug ausgeprägt ist, kaum nennenswerte Veränderungen herbei führt und die sich anbahnenden Veränderungen für die Zukunft abrupt abgebrochen werden, wenn man völlig unerwartet gnadenlos aus dem Film, und somit aus dem Leben der zu beobachteten Familie, herausgeschmissen wird. Wie erwähnt, ich weiß das ist so gemeint in einem Werk, welches trotz satirisch überzogener Sonderlinge zur Humorförderung die Realität des Lebens intensiv nahe bringen möchte. In all den Bereichen der erzählerischen Reduzierung und mangelnden Konsequenz vereint, will das meiner Meinung nach aber nicht so intensiv funktionieren, wie sich die erste Filmhälfte zuvor noch schaut.
In der zweiten wächst allmählich das Bewusstsein, dass sich die Geschehnisse im Nichts verlaufen. Intensiv mitempfindbare Wendungen entpuppen sich stets nur als Phantasien im Schlaf, das Leben ist nicht so wandelbar, wie sie es sind. Und so schön es auch ist mit anzusehen, dass es gerade die alltäglichen Nichtigkeiten sind, die große Probleme wieder fast ungeschehen machen können, es bleibt ein Gefühl erzählerischer Leere zurück, trotz intensiver Analyse des Lebens unseres Anti-Helden und trotz der durchdachten Vertiefung eines jeglichen Randcharakters. Wir sprechen trotz dieser Defizite noch immer von einem unterhaltsamen Werk, denn für ein Scheitern ist "A Serious Man" zu liebevoll ausgefallen, zu mühevoll umgesetzt und die Geschehnisse zu interessant dargeboten. Die professionelle Herangehensweise aller Beteiligten vor, wie hinter der Kamera ist stets unübersehbar spürbar. Zur ersten Hälfte hin dachte ich jedoch noch eine außergewöhnliche Empfehlung zu sichten, während der Streifen zur zweiten Hälfte hin ein etwas zu ernüchterndes Produkt wurde, das unter den theoretischen Stärken, der individuellen Inszenierung und der mutigen Entscheidungen eher leidet, anstatt daran zu wachsen. OFDb
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