09.01.2021

AFTER MIDNIGHT (2019)

Dass das vordergründig Gruselige und Monströse gern als analytisches Mittel genutzt wird, um psychische Probleme des Protagonisten zu thematisieren, ist im Horrorfilm keine Seltenheit. "After Midnight" macht sich diesen Kniff jedoch nicht nur versteckt im Hintergrund zunutze, sondern macht aus diesem Gedanken den Aufhänger der Geschichte. Bildet sich Hank ein Monster ein, da er mit dem Verlust seiner Ehefrau nicht klarkommt, oder lauert da wirklich eine Kreatur, die just zu jener Zeit erstmals in Erscheinung trat, als die Partnerin fortging und nichts mehr von sich hören ließ? Für Hanks Umfeld steht fest, der Mann ist psychisch fertig, das Monster existiert nicht. Denn bislang hat es sonst noch niemand gesehen, und jeder Versuch Beweise zu sammeln schlägt fehl. Bislang ist es dem Mann gelungen das Monster davon abzuhalten ins Haus einzudringen, aber es wird immer stärker und raffinierter, und es gibt einfach nicht auf. 

"Ben and Mickey vs. The Dead"-Regisseur Jeremy Gardner, der auch das Drehbuch schrieb, gelingt es zusammen mit Regie-Debütant Christian Stella den richtigen Mix aus Ruhe und ereignisreicher Geschichte zu schaffen. Drama und Horror halten sich stets in Balance, und dass erstgenannter Part so gut funktioniert, liegt an dem interessanten Dilemma der sozialen Unterschiede zwischen Hank und seiner Frau, die, uns per emotionale Rückblicke gezeigt, schon lange vor ihrem Verschwinden im Raum standen. Ob sie eines Tages zurück kommt, ist so ungewiss wie die Existenz der Kreatur. So wie die Geschichte angelegt ist, ohne sich erkennbar einem weiteren Sinn zu nähern, ahnt man als mitdenkender Zuschauer jedoch die Auflösung, die uns urplötzlich aus dem Nichts heraus gegen Ende präsentiert wird. Dieses kleine Makel verzeiht man "Something Else" (Originaltitel) aber leicht, zum einen da die Methodik der Auflösung zu gefallen weiß, zum anderen da der Film trotz aller Sympathie ohnehin nie zu dem großen Werk wurde, das er hätte werden können. Zwar beherrschen die Regisseure das Erschaffen stimmiger Szenarien des Unbehagens, egal ob aufgrund der Tragik oder des Unheimlichen, und die Figurenzeichnung geht tiefer als in vielen anderen Horror-Produkten, dennoch fehlt stets der letzte Schliff zur wahren Empfehlung. So erlebt man schließlich ein sympathisches Routine-Produkt mit individueller Note, und somit immerhin kein austauschbares Werk, aber auch nicht mehr als das. Alternativtitel: "After Midnight - Die Liebe ist ein Monster"  OFDb

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