17.01.2021

COBRA KAI - STAFFEL 1 (2018)

Man ist nie wirklich gut mit der Marke "Karate Kid" umgegangen. Nach zwei sympathisch empathischen Dramen rückte mit "Karate Kid 3" ein ignoranter Action-Trasher nach, im selben Jahr folgte eine durchschnittlich geartete Zeichentrickserie mit einem viel zu phantastischen Ansatz versehen, in den 90er Jahren schob man mit Pat Morita besetzt einen vierten Teil mit einer weiblichen Schülerin nach, der unter etlichen typischen Mainstream-Krankheiten seines Jahrzehnts litt. Und als man 2010 eine Neuverfilmung der ganzen Chose veröffentlichte, verärgerte dieses bereits aufgrund der Fehlentscheidungen in der Konzeption mit einem viel zu jungen Schüler und einer anderen Kampfsportart als im Franchise betitelt. Will Smith war damals einer der führenden Köpfe dieses Remakes, und dass er als Produzent der Webserie "Cobra Kai" fungiert, klingt nicht gerade so, als könne man mit einer Verbesserung der Situation rechnen. Das ist aber auch das einzige, was sich im Vorfeld negativ anfühlte. Denn mit der Besetzung der original Darsteller und dem aus "Creed 2" bekannten Kniff einem Gegenspieler aus einem 80er Jahre-Film mehr Hintergrund zu bescheren, und diesen Aspekt sogar auf die Hauptrolle auszuweiten, klang soweit reizvoll. Und was soll man sagen? Das Projekt ist tatsächlich geglückt. Hier waren Menschen am Werk, denen die alten Filme und ihre Mentalität wichtig waren und die gleichzeitig den Mut besaßen andere Wege zu gehen und nicht einzig ein Nostalgie-Wiederkäuen entstehen zu lassen.

Ebenso wie die Original-Filme, so schafft es auch die Serie aus Stereotypen sympathische und sich im Laufe der Zeit immer echter anfühlende Figuren zu gestalten. Selbiges gilt für das Szenario, das stets (und gerade zu Beginn) typischen Klischees folgt, mit der Zeit aber immer individueller wird, für Überraschungen sorgt und den Zuschauer herauszufordern weiß, mal mit kreativen Ideen, mal mit dem augenzwinkernden Aushebeln von Erwartungen von Klischees und manchmal sogar durch das Verwenden eben dieser. Eine aufgrund des sozialen minimalen Zufalls-Radius zu konstruierte Ausgangssituation wird zu einem Selbstläufer, der dadurch entfacht wird, dass man das Schwarz-Weiß-Denken von Gut und Böse aufbricht, indem man Positionen aus dem Original vertauscht, so dass aus einem ehrbaren Bürger aufgrund von Vorurteilen und Halbwissen ein Mann wird, der seinen ehemaligen Rivalen daran hindert seiner Arbeit nachgehen zu können, die unglücklichen Kindern hilft Selbstbewusstsein zu entwickeln. Dank eines durchdachten Drehbuches handelt dabei jegliche Figur aufgrund ihres jeweiligen Wissensstandes, ihrer derzeitigen Entwicklung und individuellen Wahrnehmung, was immer zu Fortschritten, Rückschritten, Missverständnissen und schönen wie unschönen zwischenmenschliche Situationen führt. Die Geschichte der Jugend und der altbekannten erwachsenen Charaktere sind dabei im verwobenen Teil miteinander kompatibel und im getrennten Part gleichermaßen interessant erzählt. Die aufeinander treffenden Mentalitäten werden satirisch verarbeitet, ebenso wie der unausweichliche Generationenkonflikt.

Aus einer Geschichte, die zu Beginn stark humoristisch geprägt ist, entwickelt sich ein zunehmend dramatischer Plot (ohne dabei je völlig den belustigenden Aspekt abzustreifen), der dermaßen interessant erzählt ist, dass man nicht anders kann als Neugierde daran zu entwickeln, wie es weiter geht. Manches Mal kommt es wie man es erahnt, ein andermal überrascht das Drehbuch mit unerwarteten Wendungen. Cliffhanger lassen einen mehr als einmal schockiert zurück, und am Ende der Staffel darf man erstaunt feststellen wie viel innerhalb einer Laufzeit von 270 Minuten erzählt werden kann und an welch völlig anderer Stelle die Geschichte sich im Vergleich zum Beginn befindet. Nur so viel sei verraten, diese ruht sich nicht auf dem anfänglichen Aspekt der verdrehten Positionierung der Hauptfiguren aus, und Charakterentwicklungen sei Dank gibt es nie nur eine Seite die Fehler macht und eine die richtige Entscheidungen trifft, beides trifft auf jeden zu. Und der Dominoeffekt, den die Ausgangssituation aufgrund veränderter Situationen zu einer sehenswerten Geschichte macht, reißt einen emotional hin und her und lässt einen manches Mal darüber staunen, zu welch erzählenswerten Höhen es die simpel scheinende Geschichte immer wieder schafft. Das wird in Staffel 2 sogar derart (auf positive Art) auf die Spitze getrieben, dass Staffel 1 im  Nachhinein dagegen schon wieder arg simpel wirkt. Aber davon erzähle ich ein andermal.  OFDb

1 Kommentar:

  1. Bei Staffel 2 bin ich grad noch mittendrin. Aber die erste war auf jeden Fall sehenswert, insbesondere als alter Karate Kid Enthusiast, der ich im Grunde meines Herzens immer noch bin.

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