04.05.2021

WILLKOMMEN IN ARROW BEACH (1974)

Warum können manche Filmschaffende nicht einfach einen Killer auf die Restbesetzung loslassen? Nun gut, der Slasher erwachte zur Entstehungszeit von "Arrow Beach" (Alternativtitel) gerade erst mit Hoopers "Blutgericht in Texas", und der Weg zu "Freitag der 13." war noch nicht geebnet. Aber wieso man gleich ein Psychogramm eines Triebtäters erstellen muss, erst recht wenn man keine Ahnung von Psychologie hat und alternativ dazu auch kein sleazy Programm gestalten will, verstehen wohl nur die Autoren dieses Streifens, oder Regisseur und Hauptdarsteller Lawrence Harvey, der leider kurz nach Fertigstellung dieses seines zweiten Spielfilmes früh verstarb. Seine Inszenierung kommt so orientierungslos daher, wie das Drehbuch, das er verfilmte. Dieses baut jegliche Perspektive, die man auf die Vorfälle in Arrow Beach haben kann, mit ein, jedoch nicht um ein Mosaik zusammenhängender Elemente zu erstellen, sondern lediglich um irgendwie eine Geschichte zusammenzustellen, von der man scheinbar nicht wusste was man überhaupt erzählen möchte. Da werden die Privatprobleme eines Hilfssheriffs, der nicht wirklich von Bedeutung ist, ebenso beachtet, wie die Auseinandersetzung eines Pflegers mit seiner Vorgesetzten, sowie die Karrierversuche im Wahljahr des Sheriffs, bei welchen wiederum die Schwester des Psychopathen mithilft. 

Zwar kann man bei derartiger Orientierungslosigkeit, in welcher sich zudem nicht entschieden wurde ob nun die Position des Killers, oder des entkommenen Opfers die entscheidende Rolle ist, nicht wirklich von einem Psychogramm sprechen, aber das Beleuchten des Irren scheint als Haupteckpunkt in all dem Sammelsurium an Nichtigkeiten heraus, so dilettantisch das Ganze auch angegangen wird. Der Koreakrieg wird flüchtig nebenbei erwähnt, der genaue Antrieb nicht klar verdeutlicht, auch wenn immer wieder zaghaft das Thema Kannibalismus angedeutet wird, hier passt nichts zusammen, Jason ist zu sehr Konstrukt, als dass man das Dilemma, den dramatischen Aspekt unter dem er leidet, greifen könnte. Das irrationale Verhalten seiner Schwester, und insbesondere gegen Ende auch von der Teenagerin, hilft nicht gerade dabei klarer zu sehen. Der Schluss kommt schneller und unspektakulärer als erwartet, aber nicht ohne blutige Filmschnipsel optisch entfremdet einzuarbeiten, die lediglich befremdlich, anstatt für die Entstehungszeit typisch sleazy, wirken. Auch die erste Attacke in der Mitte des Streifens wird zerhackstückelt präsentiert, warum will sich aufgrund des brav und eher langweilig abgefilmten Reststreifens nicht erschließen. Vielleicht kaschierte man damit schlechte Spezialeffekte oder missglückte Aufnahmen, was weiß ich. 

Viel rätselhafter ist jedoch die Tatsache, dass mich "Welcome to Arrow Beach" (Originaltitel) nicht gelangweilt hat und sogar einen Restcharme zu versprühen wusste. "Tender Flesh" (Alternativtitel) ist einfach derart naiv erzählt, dass man ihm nicht wirklich bös sein kann. Der Versuch seine Figuren lebensnah einzufangen und ihnen mittels dem Bemühen ihre Blickwinkel nahezubringen mit Sympathie auszustatten schlägt zwar fehl, beschert den meisten Agierenden aber eine Schrulligkeit, die aus ihnen so noch zumindest mehr als leere Schablonenfiguren macht. Einzig halbwegs natürlich wirkt hier allerdings nur Meg Foster, was schon verwundern darf, da sie mich jedes Mal mit ihren unnatürlich wirkenden Augen irritiert, erstmals seinerzeit in "Sie leben!". Mit jeder Nahaufnahme geht ihr natürliches Flair dementsprechend wieder flöten. Wie auch immer, zumindest ist "Cold Storage" (Alternativtitel) anständig synchronisiert, was die Darsteller meist besser aussehen lässt, als ihre Leistungen eigentlich ausgefallen sind, und eine amateurhaft vorgetragene Schnulze in Vor- und Abspann beschert dem Streifen eine unfreiwillige Komik, allein schon weil sie der Thematik nicht gerecht wird. 

Der mit billig verwaschener VHS-Optik in Deutschland auf DVD erschienene Film besitzt allerdings immer wieder kurze Anflüge echtem Bemühens. Ob es die Tränen im blutigen Gesicht des Psychopathen sind, das Auf- und Untertauchen in Licht und Dunkelheit bei der Verfolgung in der Fluchtszene der Heldin, oder die herrlich direkte Eingangssequenz mit dem aufdringlichen Fahrer, "And No One Would Believe Her" (Alternativtitel) ist im Bemühen entstanden etwas Engagiertes abzuliefern. Das macht seine gescheiterte Existenz umso sympathischer und baut damit eine Verwandtschaft zu den Versuchen Edwood Jr. auf. Der Film soll Horror, Drama, Thriller und Romanze zugleich sein, will empathisch und analytisch sein, und übernimmt sich bereits in viel simpleren Augenblicken, als dass er auch nur im Ansatz eine Chance hätte eines seiner größeren Ziele zu erreichen. Wie gesagt: das macht ihn irgendwie charmant.  OFDb

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